Karriere - koste es, was es wolle

Auf sicherem Fundament bauen
Karriere
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Der Autor: Claude Schmutz, lic.rer.pol.

Sorgfältige Planung ist für den Erfolg einer Bergtour von entscheidender Bedeutung. Aber auch bei bester Planung verbleiben noch genügend nicht beeinflussbare Risikofaktoren, die den Ausgang gefährden können. Berücksichtigen dies angehende oder erfahrenere Führungskräfte im Zusammenhang mit ihrer Karriere? Einem Abenteuer, das über Jahrzehnte enorme Kraft, Energie, Konzentration und Zeit kostet?

Als Bergsteiger einen Gipfel zu ersteigen, ist mit Risiken verbunden, dessen ist sich der Bergsteiger sehr bewusst. Er unternimmt alles, diese Risiken möglichst einzuschränken. Deswegen nimmt beim Bergsteigen die Planung bei der Vorbereitung eine wesentliche Rolle ein: Die Auswahl des zu ersteigenden Gipfels und der Route wird durch das Können, die Erfahrung, die physische und psychische Verfassung, die zur Verfügung stehende Ausrüstung, die zur Verfügung stehende Zeit, die Verhältnisse etc. bestimmt. Auch bei bester Planung verbleiben noch genügend nicht beeinflussbare Risikofaktoren, die den Erfolg bzw. die Gesundheit und gar das Leben gefährden können. Man setzt darum das sorgfältige Planen einer Bergbesteigung als völlig selbstverständlich voraus.

Risikofaktoren

Wie steht es bei uns Führungskräften? Haben wir uns über dieses Abenteuer rechtzeitig Rechenschaft gegeben, alles unternommen, die kontrollierbaren Risiken der Karriere zu adressieren und uns über die weniger kontrollierbaren mindestens bewusst zu sein?

Aber: Ist das Risiko des Versuchs einer beruflichen Gipfelbesteigung denn mit dem Risiko einer wirklichen Bergbesteigung zu vergleichen? Die «Karriere-Unfallstatistiken» geben uns dazu leider eine klare Antwort:

- Scheidung
Die Scheidungsrate ist bei Führungskräften mit ca. 50 % noch höher als beim Durchschnitt der Bevölkerung (ca. 40 %).

- Depressionen
Depressionen sind in den westlichen Industrieländern die zweithöchste Todesursache. Davon sind Führungskräfte nicht ausgeschlossen. In der «Bilanz» August 1999 schrieb der Journalist Peter Sandmeyer darüber einen Artikel mit dem Titel «Mit Vollgas in die innere Leere». Er beschreibt die bei erfolgreichen Managern lauernde chronische Depression als Folge des Drangs nach Perfektionismus und der daraus resultierenden Überforderung.

- Herzinfarkt
Eine Studie des Genfer Universitätsspitals über männliche Herzinfarktpatienten im Alter von 32-45 Jahren ergab, dass alle unter übermässigen beruflichen und privaten Spannungen litten und nicht erblich belastet waren.

- Schwere Neurose
Gemäss der Studie eines deutschen psychologischen Instituts leiden 40-60% der deutschen (es wurden nur diese befragt) Manager an einer leichten bis schwereren Neurose.

- Arbeitssucht
Der Unternehmens- und Managerberater Butzko sagte in einem Interview im «Spiegel» Juli 1995: «Manager sind suchtkrank. Für gute Zahlen tun sie fast alles oder müssen fast alles tun: Erfolgs-Junkies.»

- Burn-out
In einer Befragung durch Sutherland and Cooper 1995 gaben 25% der Präsidenten der 100 europäischen Spitzenfirmen an, dass sie ein Burn-Out-Risiko haben (möglicher Zusammenbruch als Folge des physischen und psychischen Ausgebranntseins). Als Hauptstressfaktoren nannten sie die Auswirkungen ihrer Arbeitsbelastung auf ihr privates und soziales Leben einerseits und auf ihr Familienleben anderseits.

Tragische Einzelschicksale

Hinter diesen abstrakten Zahlen verbergen sich tragische Einzelschicksale:

Fall 1: Wegen plötzlich starken, andauernden Kopfschmerzen auf ärztlichen Rat Karriere im Alter von 55 Jahren abgebrochen (es war kein medizinischer Befund vorhanden).

Fall 2: Gewerbeunternehmer beim Besuch einer Sportveranstaltung bewusstlos zusammengebrochen: Herzmuskelschaden. Kann nur noch mit Medikamenten und reduziert weitermachen.

Fall 3: Höheres Leitungsmitglied einer Grossfirma: Lebt nach der Trennung von seiner Familie bereits in der zweiten Liebschaft. Als Folge davon Probleme im Beruf. Die Kinder wollen den Vater nicht mehr sehen.

Fall 4: Der Leiter der Gesellschaft zur Beratung von Führungskräften wird von einem Manager um Hilfe angegangen. Dieser Manager trägt zu diesem Zeitpunkt eine Pistole auf sich.

Fall 5: Text in einer Todesanzeige: «...Dieser Aufgabe hat sich R. K. mit vollem Engagement und unter enormem Zeitaufwand gewidmet. ... Im Frühjahr ist R. K. in eine schwere Lebenskrise geraten, aus der er mit ungeheurem Willen einen Ausweg suchte. Am 19. Dezember hat er Abschied von uns genommen.»

Dies sind nur ein paar wenige konkrete Beispiele aus meinem Umfeld. Fälle von Menschen, die beim Erklimmen des beruflichen Gipfels einen hohen, ja zu hohen Preis bezahlt haben. Haben sie diese Risiken eingeplant, bewusst in Kauf genommen?

Führungskräfte sind in der Regel intelligente Menschen. Wie kommt es, dass diese - völlig im Gegensatz zu ihrem beruflichen Alltag - ausgerechnet beim Abenteuer Karriere die Risikoeinschätzung oft fahrlässig unterlassen, die Frage des Risikos bewusst oder unbewusst verdrängen und sich über das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht genügend Gedanken machen? Könnte der Grund sein, dass Führungskräfte Macher-Typen sind, die überzeugt sind, ihre Karriere und ihr Leben fest unter ihrer Kontrolle zu haben? Die folgenden drei Aspekte zeigen, dass dieses Denken meines Erachtens falsch ist:

Das heutige Berufsumfeld

Das heutige Wirtschafts- und Berufsumfeld wird zunehmend durch Hyperkapitalismus («War for Money»/Krieg für Geld), «Speed» (Geschwindigkeit/Hektik) und technologische Quantensprünge geprägt. Die daraus entstehende Dauerhektik, der chronische hohe Druck für noch bessere Resultate, die Notwendigkeit, mit ständig neuen technischen Hilfsmitteln umgehen zu können, und die daraus resultierende chronische Überbelastung gehen nicht mehr spurlos an uns vorbei. Dies führt oft zum Rückzug aus den emotionalen Bereichen des Lebens mit der Folge des Verlusts der Menschlichkeit. Die Bibel warnt uns: «Die Liebe wird erkalten!» (Matthäus 24,12).

Diesem Umfeld-Szenario zum Teil entgegengesetzt stehen die Anforderungen an die Führungskräfte. Respekt für das Individuum, Coaching der Mitarbeiter, das heisst Zeit haben, zuhören können, informieren/kommunizieren, die Mitarbeiter entwickeln und entfalten: Dies sind alles richtige Anforderungen an die Führungskräfte. Aber woher denn die Zeit und die Kraft nehmen, wenn alles im Alltag in die entgegengesetzte Richtung läuft? Die Führungskraft lebt heute (und dies wird sich vorläufig nicht ändern) in einem ständigen Zustand der Zerrissenheit - zwischen dem, was getan werden muss, und dem, was man tun möchte, um alle Anforderungen zu erfüllen, allem und allen gerecht zu werden.

Der Innere Drive

Aber auch mein eigenes Ich ist ein Grund, warum ich als Führungskraft riskiere, einen sehr hohen Preis für die Karriere zu bezahlen. Sehr leistungswillige und -fähige Menschen haben innere «Drivers», die sie zu diesen Leistungen antreiben und befähigen. Wir Führungskräfte haben in der Regel ähnliche Ausprägungen: Wir sind auf Liebe durch Anerkennung angewiesen. Wir definieren unseren Wert nicht durch das, was wir sind, sondern durch unsere Leistung. Wir haben - mit anderen Worten und direkt ausgedrückt - ein Problem mit unserem Selbstwertgefühl! Das ist vielleicht überraschend, provozierend, ja schockierend, aber ich denke, es entspricht der Realität. Es ist wichtig, das einmal so zur Kenntnis zu nehmen und darüber nachzudenken: «Wie bin ich erzogen worden? Was war für meine Eltern wichtig? Wie habe ich Liebe erfahren? Habe ich in meiner Jugend schwere Enttäuschungen, Verletzungen erlebt?» Dieser innere, unglaublich mächtige Antrieb zu Leistung mit dem Ziel, Anerkennung und Macht zu gewinnen, und unsere Eitelkeit treiben uns so weit, dass wir oft unbewusst zu grossen Opfern in anderen Bereichen bereit sind. Opfer, die wiederum zu Enttäuschungen und Verletzungen bei anderen Menschen führen können.

Aufgrund meiner eigenen Lebens- und Karriereerfahrungen und dem Miterleben von Karrieren vieler Freunde und Kollegen mache ich heute den folgenden Blick zurück, nicht im Zorn, aber nachdenklich:

Es gilt zu bedenken...

Lehre 1: Habe nicht nur eine Vision und einen Plan für deine Karriere (wenn überhaupt!), sondern für dein ganzes Leben!

Ich hatte dies nicht, und ich habe den Eindruck, dass dies für die meisten Führungskräfte zutrifft: dass die Vision für ein umfassendes Leben fehlt. Als Folge einer Phase, die einer Krise sehr nahe kam, begann ich, mir sehr bewusst Gedanken über mein Leben zu machen. Und ich realisierte, dass ich einige meiner innersten Bedürfnisse und Wünsche seit Jahren nicht mehr verwirklicht hatte. Ich legte schriftlich fest, was ich verändern wollte. Und tatsächlich: Über die nächsten Monate und wenige Jahre wurden einige der erwünschten Veränderungen Realität. Der Prozess entspricht exakt demjenigen, den wir Manager im Geschäft befolgen müssen: Analyse; Festlegung der Vision und der Ziele; Aktionsplan; Mut zur Veränderung; Disziplin in der Durchführung; Überprüfung des Fortschritts.

Lehre 2: Vermeide Selbstbetrug und Fallen!

Betrügen wir uns tatsächlich selbst, und tappen wir intelligente Führungskräfte in Fallen? Ich meine ja:

«Ich mache das alles für meine Familie!» - Tatsächlich?

«Ich tue das alles für meine Firma!» - Ist das so?

«Dies ist alles mein eigener Verdienst!» - Meine Intelligenz, meine Energie, die Möglichkeiten, die ich als Kind und Jugendlicher ausbildungsmässig erhalten habe... - mein eigener Verdienst?

«Durch meine Ausbildung und Stellung bin ich ein besserer Mensch!» - Ein besserer Mensch: nach welchem Massstab?

und da sind die um uns lauernden Fallen, die ständig nach uns schnappen: Menschenfurcht (z.B. die Furcht, nicht zu genügen); die Illusion, dass die Ehe/Familie (nur) der Hort für Ruhe und Erholung ist (wo es im Gegenteil sehr viel Einsatz, Liebe, Verständnis und Energie braucht, um sie am Leben und Überleben zu halten); meine Arbeit ist der Sinn meines Lebens (so lange, bis etwas passiert - und dann?); ich werde immer (über) 100% geben können (gut, dass wir das so genau wissen). Tatsächlich sind es vor allem der Drang nach Anerkennung und Macht, die Eitelkeit und vielleicht der Wunsch, einen Beitrag für die menschliche Gesellschaft im weitesten Sinn zu leisten, die uns zu diesen Leistungen mit den damit verbundenen Opfern und Risiken antreiben.

Lehre 3: Sei fit in Körper, Seele und Geist!

Stellen wir uns vor, dass wir im Zusammenhang mit Karriere von bis zu 30 Jahren Höchstleistung reden, dann erkennen wir die besondere Bedeutung dieser Dimension. Es handelt sich hier im weitesten Sinn um die Frage der Bewältigung unseres Lebens.

Ziel der körperlichen Fitness ist das Pflegen und Erhalten der Leistungsfähigkeit unseres Körpers. Der Körper wurde uns von unserem Schöpfer geschenkt - zu ihm sollen wir Sorge tragen. Dieses Sorgetragen umfasst Aspekte wie sportliche Betätigung, Ernährung und die Problematik des Konsums von Genussmitteln und/oder leistungsunterstützenden Mitteln.

Die Seele ist der Bereich unseres Wesens, wo das Gefühl, der Wille und der Verstand angesiedelt sind. Die Seele widerspiegelt unsere Persönlichkeit. Sie steuert, welche Laune uns regiert, wie wir auftreten, ob wir verletzt sind, aufbrausen, fröhlich oder niedergeschlagen sind. Die Seele ist sehr beeinflussbar! Mentale Fitness hängt deshalb sehr davon ab, welchen Einflüssen wir uns öffnen. Welche Art von Menschen umgeben mich - geben sie mir Energie oder verbrauchen sie mich? Sind es gute oder schlechte Vorbilder? Welche Informationen/Bilder/Texte konsumiere ich - aufbauende oder niederreissende, erbauende oder die Seele verschmutzende? Es ist lebenswichtig, zu seiner Seele Sorge zu tragen. Die Bibel sagt nicht von ungefähr: «Denn was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne und nähme Schaden an seiner Seele?» (Markus 8,36)

Der Geist ist das «Organ», das unterscheiden kann. Er ist unser Gewissen. Dadurch unterscheidet sich der Mensch von allen anderen Lebewesen. Mit dem Geist verbunden sind das Bewusstsein über Sterben und Tod, die Ewigkeit, Gott, Gut und Böse. Er ermöglicht uns die persönliche Beziehung zu Gott und Jesus Christus. Die folgenden Verse aus dem 1. Korintherbrief 13 (4 - 7) könnten speziell für uns Führungskräfte geschrieben worden sein. Sie zeigen uns die unerhörte geistliche und reale Dimension, die sich aus der bereinigten Beziehung zu Gott und Jesus Christus für uns Menschen und Führungskräfte eröffnet:

«Liebe ist geduldig und freundlich. Sie kennt keinen Neid, keine Selbstsucht, sie prahlt nicht und ist nicht überheblich. Liebe ist weder verletzend noch auf sich selbst bedacht, weder reizbar noch nachtragend. Sie freut sich nicht am Unrecht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt. Diese Liebe erträgt alles, sie glaubt alles und hält allem stand.»

Haben wir nicht alle im Innersten den tiefsten Wunsch, dieser Umschreibung von Liebe zu entsprechen, auch wenn wir den «harten» Manager spielen (müssen). Gleichzeitig wissen wir genau, dass wir das aus uns heraus nicht und nie schaffen können. Es geht hier um die Frage der Identität: Wer bin ich, wer möchte ich (wirklich) sein, wie funktioniere ich, was treibt mich, wo bin ich verwurzelt? Bin ich eine reife Persönlichkeit mit meiner eigenen Identität oder bin ich ein Grashalm im Wind? Was ist mein Fundament? Woran halte ich mich? Wo finde ich Geborgenheit und die Kraft zum Durchhalten? Es ist entscheidend, diese Fragen beantworten zu können, denn das Karriere-Machen hat ein grosses Potential, uns langsam aber sicher zu entstellen. Immerhin heisst ja Karriere machen auch Durchsetzen des Stärkeren auf Kosten des Schwächeren!

Auf gutem Fundament bauen

Ich persönlich habe - zwar spät, aber nicht zu spät - das Fundament und die Quelle für die Kraft, dieser Entstellung entgegenzutreten, in der Bibel, dem wichtigsten Buch, gefunden: Gottes Offenbarung an uns Menschen. Sie ist die einzige wahre und richtige Bedienungsanleitung für uns Menschen und besonders für uns Führungskräfte. Das entscheidende Ereignis war die willentliche Bereinigung meiner Beziehung zu Gott und Jesus Christus, d.h. das Überwinden der Rebellion gegen Gott und Jesus Christus. Ich habe meinen Stolz und den falschen Glauben, mein Leben im Griff zu haben, überwunden! Das neue Leben im Glauben ermöglicht mir, die zugelassenen und erlittenen Entstellungen meiner Seele Schritt um Schritt heilen zu lassen. Immer mehr erfahre ich die Bedeutung der oben zitierten Verse über die Liebe und die Macht der Vergebung zum Bewahren gesunder Beziehungen in der Ehe, zu den Kindern, zu anderen Menschen. Durch die Annahme von Jesus Christus als meinen Erlöser habe ich selber Vergebung erfahren dürfen. Mein Leben wurde nicht zu einem Leben ohne Probleme - sicher nicht als Manager in einem globalen Konzern - aber die Probleme haben einen anderen Stellenwert in einem Leben mit einem tiefen Sinn und einer Vision erhalten.

Wer oder was bewahrt Sie davor, für Ihre Karriere einen eventuell zu hohen Preis zu bezahlen, dass Ihre Seele entstellt wird, andere Menschen zu verletzen, Opfer zurückzulassen? Gott möchte, dass wir diesen Preis nicht bezahlen müssen. Darum sagt er uns in Jeremia 29,13:

«Und sucht ihr mich, so werdet ihr mich finden, ja fragt ihr mit eurem ganzen Herzen nach mir, so werde ich mich finden lassen, spricht der Herr.»

Leichte Überarbeitung: Livenet, Antoinette Lüchinger

Autor: Claude Schmutz, lic.rer.pol.

Datum: 20.02.2003
Quelle: IVCG-Zeitschrift Geschäftsmann und Christ

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