Depressionen

Wenn dunkle Wolken über die Seele ziehen

Depressionen nehmen zu. Fast jeder Zehnte erkrankt einmal an einer behandlungsbedürftigen Depression. Scheinbar ohne Voranzeigen überfällt heute viele Menschen diese schwermütige, die Lebensenergie lähmende Erkrankung.
Depression

Unvermittelt, wie ein Rauhreif am frühen Morgen, legt sich die depressive Stimmung auf die Seele des Betroffenen und nimmt ihm jede Freude und Antriebskraft.

Längst nicht immer lassen sich Ursachen dafür finden. Wohlgemeinte Aufmunterungen und Appelle zeigen keine Wirkung oder verschlechtern sogar die Situation des Betroffenen. Um sich dem Thema der Depression zu nähern, ist folgendes zu bedenken:

Eine Depression hat verschiedene Bausteine

Die 'eine' Depression gibt es nicht! Jede Depression ist so einzigartig wie der, den sie betrifft. Dennoch sind zwei Faktoren entscheidend:

  • Die Disposition. Grundlage ist eine gewisse organische Disposition (Anfälligkeit). Hinzu kommt in den meisten Fällen:

  • Die sogenannte Exposition. Das können organische Erkrankungen sein, Störungen im Hormonhaushalt, Verlusterlebnisse, ungesunde Ernährung und Lebensweise, sowie psychisch belastende Faktoren. Notvolle Lebenserfahrungen und unverarbeitete Schuld können auch zu einem Depressionsausbruch beitragen. Hier hat die geistlich-seelsorgerliche Begleitung einen besonderen Stellenwert.

Eine Depression betrifft den Menschen ganzheitlich

Sie zieht den gesamten Menschen in Mitleidenschaft, auch wenn wir dabei von einer psychischen Störung oder Erkrankung reden. Leib, Seele, Geist und die sozialen Beziehungen sind in Mitleidenschaft gezogen.

  • Zu den organischen Aspekten zählen zum Beispiel die beeinträchtigte körperliche Spannkraft, Druckgefühle auf der Brust, über den Augen, Kreislaufstörungen, Schlafstörungen, veränderter Appetit und nachlassende sexuelle Lust.
  • Die seelischen oder auch psychischen Aspekte lassen sich generell mit Mutlosigkeit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwäche, Angstzuständen, Lebensunlust bis hin zu Selbstmordgedanken beschreiben. Der Wille eines Menschen als entscheidende Kraft zur Selbststeuerung wird mit zunehmender Depressivität lahmgelegt. Der Depressive versteht weder sich selbst noch die Welt. Er befindet sich wie in einem Nebel.
  • Die den Geist betreffenden Aspekte sind die religiöse Dimension. Tiefgläubige Menschen fühlen sich plötzlich von Gott abgelehnt oder getrennt. Ihre Gebete scheinen Gott nicht mehr zu erreichen. Der Depressive kann oft nicht mehr glauben. Wird Glauben gefordert, verschlimmert das die Situation. Es ist vielmehr der Fürglaube der anderen, der durch diese dunklen Zeiten trägt. Bibellesen kann zur Qual werden, weil alles nur durch die depressive Brille wahrgenommen wird. Zuspruch und Verheissung wird ausgeblendet, Anspruch hingegen verstärkt wahrgenommen.
  • Die soziale Komponente besteht darin, dass depressive Menschen sich selbst vernachlässigen und häufig den Eindruck haben, anderen zur Last zu fallen. Deshalb ziehen sie sich zurück. Die Vereinsamung nimmt so noch zu.

Depressionen haben unterschiedliche Verläufe

Es gibt den sogenannten einphasigen Verlauf mit einer depressiven Phase. Danach kehrt der Betroffene zur normalen Befindlichkeit zurück. Dann gibt es den mehrphasigen, depressiven Verlauf. Schliesslich kann es sich auch um den sogenannten manisch/depressiven Verlauf handeln, bei dem sich depressive Phasen mit euphorischen Phasen abwechseln. Mancher erlebt nur eine kurzzeitige Störung.

Die Depression klingt schon nach wenigen Wochen wieder ab. Andere sind massiver betroffen oder auch immer wieder einmal. Es gibt Menschen, die fast jedes Jahr im November oder auch im Frühjahr unter Depressionen leiden.

Die depressive Anfälligkeit gehört zu ihnen wie zu einem anderen der schwache Magen. Leider werden Menschen mit psychischen Leiden im Gegensatz zu organisch Leidenden immer noch beargwöhnt. Depressionen, die als Reaktion auf irgendein Ereignis zu verstehen sind, sogenannte reaktive Depressionen, klingen in der Regel bei entsprechender Begleitung schnell ab.

Der Depressive im Spannungsfeld zwischen Arzt und Seelsorger

Auf jeden Fall sollten Betroffene nicht nur einen Seelsorger, sondern vor allem einen Facharzt aufsuchen. Nur er kann eine differenzierte Diagnose stellen und die entsprechende Therapie einleiten. Vor einem eigenmächtigen Griff zur Tablette ist eher abzuraten, auch wenn manche Medikamente sehr schnell die belastenden Symptome beseitigen.

So manche Depression ist nämlich eine wichtige Einladung, unser Leben und dessen Gestaltung zu überdenken. Fehlentwicklungen in der Lebensgestaltung oder Lebensverarbeitung können auch Ursachen sein, die in die Depression führen. Wer deren Abklärung ausweicht, verschenkt eine wichtige Chance. Solche Abklärung kann gut unter seelsorgerlicher oder therapeutischer Begleitung geschehen. Damit ist bereits angezeigt, dass Depressionen kein unabwendbares Schicksal sind. Es gibt Auswege aus der Depression. Depressionen haben vorübergehenden Charakter, auch wenn es manches Mal einige Zeit braucht, bis sich der Himmel der Seele wolkenlos zeigt.

Depression und die Hilfe der Angehörigen

Angehörige sollten dazu beitragen, dass Betroffene einen Facharzt aufsuchen. Je eher, desto besser. Ferner sollten sie der Rückzugstendenz entgegen steuern. Sie führt sonst in die Vereinsamung. Regelmässige, nicht zu lange Besuche sind eine wichtige Hilfe. Damit wird möglicher Selbstmordgefahr vorgebeugt. Der soziale Kontakt sollte nicht abreissen. Der Hinweis zum «Tapetenwechsel» ist meist wenig hilfreich. Angehörige sollten bei aller Hilfsbereitschaft aber auch auf sich selbst und ihre Gesundheit achten. Wenn sie bei sich Aggressionen gegen den Betroffenen verspüren, ist dies unter Umständen ein Anzeichen, dass sie sich in der Begleitung überfordern.

Merkmale einer Depression

  • Schlafstörungen, vor allem verfrühtes Erwachen
  • Grübelzwang
  • Morgens Angst vor dem Tag. Am Abend fühlt sich der Betroffene meist etwas besser
  • Energie- und Konzentrationsverlust
  • Freudlosigkeit
  • Zunahme von Schuld- und Versagergefühlen
  • Das Interesse an Dingen, die man sonst gerne tat, lässt deutlich nach: Zum Beispiel Hobbys
  • Nachlassende sexuelle Lust
  • Glaubensverunsicherung
  • Veränderter Appetit

Je mehr dieser Merkmale über eine Zeit von etwa drei Wochen vorhanden sind, desto wahrscheinlicher ist eine depressive Störung.

Datum: 03.10.2011
Autor: Heinrich Kaufmann
Quelle: Chrischona Magazin

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