Umgang mit Wunden

Verletzt - und jetzt?

Man muss ja nicht gerade ein Opfer von jugendlichen Schlägern oder Hooligans werden. Verletzungen gehören zu unserem Leben – wobei die inneren Wunden oft schwerer zu bewältigen sind als die äusseren.
Junge Frau mit Magenschmerzen (Bigstock: 50078261)

Ich weiss es noch wie heute. Ich hatte, immerhin schon in der Mitte meines Lebens stehend, extra das Laufen auf Inline-Skates gelernt. Wenn wir schon eine Skater-Halle in Thun eröffneten, dann wollte ich nicht nur zuschauen, wie andere ihre Runden drehten. Und so schnallte ich mir auch an diesem Sonntag die Dinger unter und begann, meine Kreise zu ziehen.

Ein paar Runden ging es gut. Doch dann begann mich eine kleine Hürde zu reizen, die da rumstand. So ein Sprung sah so leicht aus… Ich nahm Anlauf, kam auch sicher drüber – und landete auf meiner Hinterseite, auf die Hand gestützt. Ich stand auf und fuhr weiter – bis ich merkte, dass meine rechte Hand in einem komischen s-förmigen Winkel vom Arm abstand. Im Spital kam es raus: Bruch des Handgelenks, Schrauben rein, Gips dran. Kein Auto, kein Computer. Sechs Wochen lang hatte meine Frau den angenehmsten Mann der Welt, wie sie später einmal sagte.

Verletzungen, der grosse Unterbruch

Körperliche Verletzungen sind meistens nicht vorgesehen. Plötzlich wird der Lebensplan unterbrochen. Es tut weh, Wichtiges wird unwichtig, und alle Prioritäten verschieben sich.

Ich will Verletzungen nicht schönreden, keiner hat sie gern. Aber sie holen uns auf schmerzhafte Art aus dem Trott unseres Lebens und lassen uns wach werden. Schmerzen können dazu führen, dass wir über Sachen nachdenken, die wir im Alltagstrott verdrängen. Verletzungen machen einem blitzartig bewusst: Ich bin begrenzt, ich bin zerbrechlich. So schnell ist das Zusammenspiel in meinem Körper gestört! Ich bin abhängig – ich habe mein Leben nicht selbst in der Hand. Und schliesslich: Ich bin sterblich. Eigentlich bin ich nur einen Herzschlag von der Ewigkeit weg.

«Das hat mich verletzt»

Oft schlimmer und hartnäckiger als körperliche Wunden sind  seelische Verletzungen. Auch sie gehören zu unserem Leben, aber während körperliche Wunden in der Regel heilen, können innere Verletzungen jahrelang «eitern» und unser Leben vergiften.

Ich meine hier natürlich nicht jedes Wehwehchen. Oft bin ich überempfindlich. Mein Nachbar grüsst mich nicht oder ein Freund gratuliert mir nicht zum Geburtstag - verletzt mich das schon? Ganz viel in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen ist unbeabsichtigt oder auf pure Gedankenlosigkeit zurückzuführen. Da entscheide ich selbst, ob ich verletzt reagieren will. So etwas sind höchstens seelische Schürfwunden.

Wie reagiere ich?

Aber es gibt auch wirkliche Verletzungen, die echt weh tun. Oft kommen sie von Menschen, die uns nahestehen. Ich kann mit Empörung, Anklage, Wut und Schuldzuweisung reagieren – oder mit Schweigen und Unterdrückung der Gefühle. Ich ziehe einen Panzer um mein Herz und beschliesse: «Das geschieht mir nie wieder. Nicht mit mir!»

Das Problem ist: mit einem Panzer ums Herz können wir nicht mehr lieben. Es wird hart und eng in uns. Tatsache ist: wer lieben will, muss Verletzungen erwarten.

Gott einladen

Es gibt einen dritten Weg zwischen blinder Anklage und stummem «In-sich-hineinfressen». Nehmen Sie Gott in Ihre Verletzungen hinein. Sprechen Sie mit ihm und klagen Sie ihm, was da mit Ihnen geschehen ist. Schon im Alten Testament schreien Menschen oft ihren ganzen Schmerz heraus (zum Beispiel in Psalm 88).

Verletzungen sind kein Tabu, sondern geradezu eine Einladung, zu Gott zu kommen. Er stellt sich uns in der ganzen Bibel als Heiler und Arzt vor. «Schüttet euer Herz vor ihm aus, liebe Leute!», sagt Psalm 62,9. Schauen Sie Ihre Verletzung an, benennen Sie sie, geben Sie Ihren Schmerz oder Ihren Zorn zu – und sagen Sie das alles Gott!

Vergebung - giftigen Sondermüll entsorgen

Gott ist die richtige Entsorgungsstelle für giftigen seelischen Sondermüll, der aus Verletzungen erwachsen kann. Er weiss, wie sich Verletzungen anfühlen – und er hat es vorgemacht, wie er selbst mit Verletzungen umgeht, die Menschen ihm täglich millionenfach zufügen: Er vergibt.

Auch bei uns ist es so. Irgendwann kommt einmal die Frage der Vergebung ins Blickfeld. Vergebung ist ein Akt der Stärke und kann Verletzungen sehr schnell heilen lassen. Dieser Schritt war Jesus so wichtig, dass er ihn in das «Unser Vater» aufgenommen hat: «Vergib uns unsere Schuld, wie wir denen vergeben, die an uns schuldig geworden sind.»

Wir entscheiden selbst, ob wir «nachtragen» oder vergeben. Das ehrliche Gespräch mit Gott und die Bereitschaft, zu vergeben, kann nicht nur Verletzungen recht schnell heilen, sondern wird uns auch stärker machen und verändern, indem wir aus dem Kreislauf des Bösen aussteigen.

Datum: 11.02.2014
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

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