Wenn die Kürbisse, die Äpfel, Gurken und Trauben samt den
Rüebli, dem Zucchetti und bunten Blumen den Tisch schmücken, dann sagen wir
«Danke» (meistens in einer Kirche). Eine schöne alte Sitte – oder
steckt mehr dahinter?
Selten kommt uns der Reichtum,
den Feld und Wald uns bieten, so farbig und so anmachend lecker vor, wie auf
einem prall gefüllten Erntedanktisch. Veganer jubeln (oder gibt's auch Würste, Schinken und Eier auf dem Tisch?). Einmal im Jahr, so Anfang Oktober, wird uns bunt
und prall bewusst: Wir sind beschenkte Menschen. Es ist wieder viel gewachsen.
Die Bauern haben gearbeitet, der Dünger hat das Seinige dazugetan – wir haben Gutes
zu essen, auch wenn der Sommer vielleicht zu nass war.
Danksagung
Jeder denkt vielleicht etwas
anderes, wenn er oder sie vor einem so prall gefüllten Erntedanktisch steht.
Ist mein Lieblingsgemüse dabei? Wie gross sind die Kürbisse dieses Jahr? Was
ist das da denn Komisches? Aber das Gefühl der Dankbarkeit ist wohl überwiegend
– selbst wenn die meisten sich den Rest des Jahres ihr Gemüse aus dem Migros
oder Coop um die Ecke holen. Was für ein Reichtum, und wie gut, dass wir so
viel – und so Interessantes – zu essen haben!
Wenn man das Gefühl der
Dankbarkeit in eine Richtung lenken und «Danke sagen» will, kommen aber viele ins
Stocken. Wem danken wir denn da? Mutter Natur? Woher kommt das alles? Ist es
Schöpfung oder bloss die Erschöpfung der Bauern, die das hervorbringt? An wen
sollen wir den Erntedank richten?
Die
Adresse
Neulich gab es in der
Zeitung – wie öfter – eine schöne Geschichte von einem älteren Ehepaar, dem ein
anonymer junger Mann in der Stadt geholfen hat, weil sie an irgendeinem
Automaten nicht zurechtkamen. In solchen Fällen tun wir viel, um den Namen des
Helfers herauszufinden. Wir haben ein Bedürfnis, unseren Dank persönlich
auszudrücken und an die richtige Adresse zu richten. Wer hat uns da geholfen
und beschenkt? Leider bleiben solche Helfer meistens anonym….
Erntedank wird schon seit vorchristlichen Zeiten
gefeiert. Wahrscheinlich gab man irgendwelchen Mächten irgendwelche Namen und
nannte sie Götter, denen man dann Dankopfer brachte (und hoffte, dass man alle
berücksichtigte, um keinen eifersüchtig zu machen). Wir haben es einfacher:
Seit biblischen Zeiten hat sich der Schöpfer und Erzeuger und Erhalter der
Schöpfung persönlich vorgestellt, weil er will, dass man ihn persönlich kennt. Da
kommt dieser Jesus von Nazareth und sagt einfach: «Wer mich sieht, sieht den
Vater». Eine revolutionäre Ansage, gewiss. Aber hier tut sich eine Tür auf. Wie
viel befriedigender und schöner ist es, wenn man für einen Erntedanktisch – und
für die vielen, vielen guten Dinge im Leben – persönlich «Danke» sagen kann!
Immer mehr Menschen auf der Erde (und nicht nur bei uns im Westen) finden, dass es stimmt, was Jesus da sagte. Dass unser Leben, unsere Versorgung und unser
Schutz von einem «Vater» kommen, den man ansprechen kann. Vielleicht wird so der
reich gedeckte Erntedanktisch dieses Jahr zu einer Brücke, den Geber all
dieser guten Sachen einmal direkt anzusprechen, seine Liebe dahinter zu sehen
und die Beziehung zu ihm zu suchen?