NT-Wörterbuch

Buße

Buße ist Rückkehr zu Gott

Für »Tut Buße« steht im Aramäischen der Ausdruck thubu; das bedeutet: »Kehrt zurück zu eurem Ursprung.« Derselbe Ausdruck steht im Psalm 90,3. Luther übersetzt hier: »Kommt wieder, Menschenkinder.«

Die Aufforderung zur Busse hat also den Sinn: wir Menschen sollen dahin zurückkehren, wo wir herkommen: in die nächste Nähe Gottes. Das, was aus der Gottheit stammt, sich aber von ihr losgelöst hatte, soll wieder mit ihr vereinigt werden. Alles, was in langen Zeiträumen sich trennend zwischen Gott und Mensch geschoben hatte, soll jetzt wieder so unmittelbar, so ungetrübt und ursprünglich sein wie am ersten Tage.

Busse ist nur möglich, wenn Gott nahe ist

Diese Aufforderung zur Rückkehr wäre eine unmögliche Zumutung, wenn sie nicht Hand in Hand ginge mit der Nachricht, dass die Gottesherrschaft im Herannahen ist (Matth. 3,2; 4,17; Mark. 1,15). »Das Reich Gottes ist herbeigekommen«, das bedeutet: jetzt beginnt von oben her ein Eingriff in diese Weltzustände.

Die Mächte des Himmels sind hereingebrochen, um die göttliche Ordnung der Dinge hier unten wiederherzustellen. Die Gottheit selbst ist nahe: Aus ihrer Fülle sollen wieder schöpferische Kräfte quellen zur Erneuerung und Gesundung der Menschheit. - Da zu dem Zeitpunkt des Umkehrrufs des Täufers und Jesu der Himmel der Erde wieder nahe ist, gewinnt die Aufforderung »Kehrt zurück zu eurem himmlischen Ursprung« einen besonderen Sinn.

Busse ist Sprengung des überlieferten Denkens

Der griechische Ausdruck für »Tut Busse« lautet: metanoeite. Das bedeutet: Denkt um, oder lasst euer Denken weit hinausgehen über das, was ihr bisher gedacht habt.

In der Metaphysik handelt es sich um ein Denken, das den Rahmen der Physik durchbricht. Im »Metanoein« des Täufers und Jesu geht es um ein Denken, das den Rahmen der überlieferten bürgerlichen und kirchlichen Anschauungen sprengt.

Macht ein Reich mobil, so sind im selben Augenblick die Staatsbürger in einer ganz anderen Stellung zum Reich als bisher. Bis dahin hatte der einzelne nach bestimmten gesetzlichen Normen die eine oder andere Leistung an den Staat zu vollbringen und konnte im übrigen sein Leben nach seinen Wünschen gestalten und frei über sich verfügen. Mit dem Augenblick der Mobilmachung ist das von Grund aus verändert: jetzt gilt es, sich ohne alle Einschränkung zur Verfügung zu stellen. Jetzt werden nicht mehr einzelne Leistungen in geringerem oder höherem Masse verlangt, sondern der ganze Mann. Der Mensch muss sich loslösen können von allem, was ihn bisher band.

Das ist die grosse Umstellung, zu der Johannes und Jesus aufrufen: Der Himmel hat mobil gemacht, um seine Herrschaft zum Sieg zu bringen. Nun ist es nicht mehr damit getan, was in der bisherigen Ordnung galt: mit der Erfüllung bestimmter Pflichten des Gesetzes.

Busse tun heisst nicht: strenger sein als bisher in der Einhaltung gesetzlicher Forderungen; es bedeutet auch nicht: zu den vorgeschriebenen Leistungen freiwillig andere hinzufügen. Busse tun heisst umdenken, sich umstellen in seinem ganzen Verhalten, so dass man sich ganz zur Verfügung stellt und sein Leben überhaupt von einem anderen gestalten lässt. Solch ein Sichumstellen ist ja auch Rückkehr zum ursprünglichen Verhältnis zu Gott.

Datum: 10.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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