Das Volxbibel-Projekt ist dauernd im Wandel

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Die Volxbibel verändert sich von Tag zu Tag und spricht die Jugend in ihrer Sprache an. Die Kritik an dieser Bibelübersetzung bleibt jedoch bestehen. Zu Unrecht?

Martin Dreyer hat viele Träume. Auf die Idee mit der Volxbibel kam der 42-jährige Pädagogik-Student durch seine Mitarbeit im Städtischen Jugendzentrum in Köln. «Die Jugendlichen dort sind nicht christlich aufgewachsen. Sie waren noch nie in der Kirche und haben noch nie gebetet oder in der Bibel gelesen. Eine Luther-Übersetzung würden sie nicht verstehen», erklärt er. Darum wollte Dreyer, der in den 1990er Jahren die Jesus-Freak-Bewegung gründete, eine neue Bibelübersetzung erstellen, um die Jugendlichen in ihrer eigenen Sprache anzusprechen.

Volxbibel Wiki

Die erste Version der Volxbibel, die nur das Neue Testament enthält, kam 2005 auf den Markt und wurde seitdem 86000 Mal verkauft. Parallel starteten Dreyer und sein Team die «Volxbibel Wiki», eine Arbeitsplattform im Internet, die für alle zugänglich ist und es vielen Leuten gleichzeitig ermöglicht, an der Übersetzung eines Bibeltextes mitzuarbeiten, zu diskutieren und ihre Vorschläge einzubringen. Bislang haben sich mehr als 400 Nutzer angemeldet. «So entwickelt sich die Volxbibel ständig weiter und ist immer in der momentan aktuellen Sprache geschrieben», sagt Dreyer.

Änderungen werden überwacht

Die Oberaufsicht über das Online-Bibelprojekt hat Dreyer selbst. Unterstützt wird er durch Administratoren wie Cedric Weber, der die Änderungen der Bibeltexte überwacht und im Fall von Missbrauch eingreifen kann. «Bisher habe ich bis auf einige kleine Versuche keinen Vandalismus im Wiki erlebt», bemerkt Weber, der das Wiki selbst erstellt hat. Seiner Meinung nach liegt das an den Nutzungsbedingungen, denen jeder zustimmen muss, bevor er mitarbeiten kann. Damit erklärt der Nutzer, dass er kein Interesse daran hat «die Bibel durch den Kakao zu ziehen».

„Wir wollen die lockerste Bibel“

Administratorenstatus haben auch einige Theologen, die überprüfen, ob die Übersetzung in etwa mit dem Urtext übereinstimmt. «Wir wollen jedoch nicht die genaueste Bibelübersetzung sein, sondern die lockerste», sagt Dreyer. Die grosse Beteiligung spricht für den Erfolg des Übersetzungsprojektes. «Mittlerweile ist eine richtige Community entstanden, die sich über Texte austauscht. Einige haben sogar von selbst begonnen, das Alte Testament zu übersetzen.» Der Ausdruck «etwas vervolxbibeln» ist zum stehenden Begriff geworden.

Seit Beginn des Projektes hat Dreyer allerhand zu tun. Täglich bekommt er zwischen 10 und 50 E-Mails - unter anderem von Gemeinden oder Lehrern, die ihn bitten, das Konzept der Volxbibel vorzustellen.

Traumvorstellung: Volxbibel soll Schulbibel werden

Viele Religionslehrer haben die Idee der Bibelübersetzung aufgegriffen. Im Unterricht geben sie einen Text vor, den die Schüler «vervolxbibeln» und anschliessend ins Wiki stellen sollen. Dreyer ist begeistert: «Mein Traum ist, dass die Volxbibel zur Schulbibel wird.»

„Endlich eine Bibel, die ich verstehe“

Auch bei den Jugendlichen in seinem Jugendzentrum scheint die Übersetzung Erfolg zu haben. «Sie finden die Volxbibel 'cool' und diskutieren ab und zu mit mir über Texte,» erzählt der Pädagoge. Als er erfahren hat, dass sich ein Pärchen aus dem Jugendzentrum jeden Abend vor dem Schlafengehen ein Kapitel aus der Volxbibel gegenseitig vorliest, hat ihn das besonders gefreut. «Endlich mal eine Bibel, die ich verstehe» - diesen Satz hat er in letzter Zeit häufiger gehört.

Doch nicht immer waren die Zeiten so rosig wie heute. Zu Beginn des Projektes sah sich das Volxbibel-Team mit einer Protestwelle konfrontiert. «An manchen Tagen habe ich 600 Protest-E-Mails bekommen», erinnert sich Dreyer. Einige Kritiker hätten Unterschriftenaktionen gegen die Volxbibel gestartet, andere einen Verein zur Bekämpfung der Volxbibel gegründet. Einer der Vorwürfe sei damals gewesen, dadurch, dass jeder Zugang dazu habe, werde die Bibel der Beliebigkeit ausgesetzt. Darüber hinaus sei die Fäkalsprache kritisiert worden.

Meinungen darüber gehen auseinander

Vor allem in evangelischen Freikirchen fand das Bibelprojekt zwar viele Anhänger, aber auch zahlreiche Kritiker. Der «Arbeitskreis für evangelikale Theologen» bezeichnete den Text als gotteslästerlich und spaltend. Die Theologen der evangelischen Landeskirchen gehen mit der Übertragung gelassener um. Inhaltlich sei die Volxbibel weitgehend korrekt, meint Gerhard Sellin, Professor für Neues Testament an der Universität Hamburg. Er bezweifle allerdings, dass die Volxbibel einen grösseren missionarischen Effekt haben werde.

Kritik ernst genommen

Dreyer hat die Kritik an der Übersetzung ernst genommen. «Wir haben das Wort 'Scheisse' bis auf einmal gestrichen. Und in diesem einen Fall steht auch bei Luther 'Dreck'.» Seit einiger Zeit habe sich auch der Sturm wieder gelegt und er bekomme in erster Linie freundliche Mails. Rückblickend hätten die Proteste dem Übersetzungsprojekt nicht geschadet, sondern umgekehrt, ihm Aufmerksamkeit verschafft.

Volxbibel-Projekt entwickelt sich weiter

Seit August 2006 wird im Internet unter http://wiki.volxbibel.com gemeinsam Volxbibel gelesen, geschrieben, übersetzt und diskutiert. Jetzt liegt das mit Spannung erwartete erste gedruckte Volxbibel-"Update" vor. Die neue Volxbibel 2.0 ist die erste Bibel, in die Vorschläge und Änderungen aus einem Wiki eingeflossen sind. Somit ist die Volxbibel 2.0 die erste gedruckte Bibel, die zumindest teilweise aus einem Übersetzerforum im Internet entstanden ist, natürlich redaktionell betreut von Theologen und Lektoren.

Die meisten Änderungen für die nun vorliegende neue Printausgabe der Volxbibel 2.0 finden sich im Matthäus-Evangelium. Natürlich können die Texte auch weiterhin für kommende Ausgaben im Wiki bearbeitet werden.

Die Volxbibel 2.0 gibt es mit zwei verschiedenen Covern. Neben dem bisherigen Cover im Zigarettenschachtel-Look wurde das Motiv Hochhaus von einem Volxbibel-Leser entworfen und im Rahmen eines Wettbewerbs über ein Internet-Voting von Volxbibel-Lesern ausgewählt.

Rap-Psalmen

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Nach dem Neuen Testament wird es ab September 2007 auch die Volxbibel-Psalmen in Buchform geben. Martin Dreyer hat zusammen mit Wiki-Autoren die Psalmen übersetzt. Frech, spritzig, manchmal provokativ erinnern die Texte an Rap und Hip-Hop – und zeigen, wie auch die Psalmen in das Lebensgefühl junger Leute passen. Martin Dreyer gelingt einmal mehr der Spagat zwischen volxnaher Schreibe und einer Ausdrucksweise, die zum Gebet passt. Natürlich darf auch hier jeder, der mag, im Wiki-Übersetzungsprojekt mitmachen.

Webseite: http://wiki.volxbibel.com/index.php/Hauptseite

Ab sofort im Buchhandel erhältlich:
Martin Dreyer
Die Volxbibel 2.0 – Neues Testament
Best.Nr. 889.030
ISBN: 978-3-9810656-0-2
€ [D] 9,95/sFr 18,50/€ [A] 10,30*

Martin Dreyer
Die Volxbibel 2.0 - Motiv Hochhaus
Best.Nr. 889.033
ISBN: 978-3-9810656-3-3
€ [D] 9,95/sFr 18,50/€ [A] 10,30*

Kommentar

Ich freue mich über die Volxbibel

Von Bruno Graber

Es ist ja nur gut, wenn man sich über die Volxbibel aufregt. Damit setzt man sich – hoffentlich konstruktiv – kritisch auseinander. Ich muss gestehen, dass wenn ich nur zwischen der anderen, auch umstrittenen Bibel, „Die Bibel in gerechter Sprache“ und der Volxbibel wählen müsste, dann wäre die Volxbibel mein Favorit.

Die Profi-Übersetzer sehen ihr Monopol gefährdet: „Nicht jeder kann mitschreiben, Bibelübersetzung erfordert eine hervorragende Kenntnis nicht nur der Gegenwartssprachen, auch der Ausgangssprachen. Ja, klar. Aber auch bei der Volxbibel überprüfen Theologen, ob die Übersetzung mit dem Urtext übereinstimmt.

Oder: „Diese Bibel etabliert geradezu eine Sprache, die ein wiedergeborener Mensch nicht mehr spricht.“ Nein, diese Bibel will den Zugang zu diesem Buch durch die gleiche Sprache ermöglichen, welche in der Realität gesprochen wird.

Martin Dreyer bekam viele Protestbriefe und Mails mit Beschimpfungen: Als "Satan" oder "Schänder des Wort Gottes" wurde er tituliert. Nun gibt es aber bereits Leute, die Dank dieser Bibel, Zugang zu Jesus gefunden haben. Und, bestimmt werden einige Jugendliche – früher oder später – den Wunsch nach einer „korrekteren“ Bibel haben. Damit ist doch das Ziel erreicht.

Der Apostel Paulus hätte sich bestimmt über die Volxbibel gefreut. Die Bibel, Philipper, Kapitel 1, Verse 15 bis 18, zuerst aus einer „normalen“ Übersetzung:

Zwar verkündigen manche nur deswegen die Botschaft von Christus, weil sie neidisch sind und mir eine erfolgreiche Missionsarbeit nicht gönnen; andere aber sind aufrichtig und lassen sich bei ihrer Predigt von den besten Absichten leiten. 16 Sie handeln aus Liebe, weil sie wissen, dass ich im Gefängnis bin, um für das Evangelium einzutreten. Die anderen aber reden von Jesus Christus, weil sie mir beweisen wollen, dass sie es besser können. Sie meinen es nicht ehrlich und wollen mir noch zusätzlich Kummer bereiten. Doch was macht das schon! Wichtig ist allein, dass die Frohe Botschaft von Jesus Christus verbreitet wird; mag das nun unter einem Vorwand oder in ehrlicher Absicht geschehen. Wenn nur jeder erfährt, wer Jesus Christus ist! Darüber freue ich mich, und ich werde mich auch in Zukunft darüber freuen!

Oder, wie die gleichen Verse in der Volxbibel übersetzt worden sind:

„Es gibt auch ein paar Leute, die das mit nicht so guten Motiven machen. Einige tun es, weil sie neidisch sind und mir eine erfolgreiche Missionsarbeit einfach nicht gönnen. Andere tun das aber mit einer voll guten Einstellung.

Die tun es nämlich aus Liebe, weil sie wissen, dass ich gerade nicht kann, weil ich für meinen Glauben verhaftet worden bin und hier festsitze.

Die anderen machen das aber vor allem, weil sie die grossen Helden sein wollen. Sie wollen mir beweisen, dass sie es besser können als ich. Sie sind nicht gerade und wollen mich nur traurig machen.

Ist mir aber letztendlich total egal! Hauptsache, es wird von Jesus Christus erzählt. Wie das dann passiert, ob aus guten Motiven oder nur um mal ’ne schöne Geschichte vom Stapel zu lassen, ist mir wurscht. Ich möchte bloss, dass jeder davon hört, wer Jesus Christus überhaupt ist! Da drüber freue ich mich, und immer, wenn das passiert, werde ich mich auch in Zukunft freuen!“

Ja, deshalb freue auch ich mich über die Volxbibel, denn sie verkündigt Christus in einer Sprache, welche die Jugendlichen verstehen.

Quelle: epd/Volxbibel/Livenet

Datum: 07.06.2007
Autor: Bruno Graber

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