Christliche Wikinger sollten nicht vergessen gehen
Wenn man heute den Begriff «Wikinger» als Internetbilder sucht, tauchen meist Bilder von Kriegern mit Schwertern und Äxten auf. Es passt nicht in die Vorstellung, dass sie ohne Armierung Kirchen besuchten. Oder dass sie zum orthodoxen Christentum konvertierten und den
ersten russischen Staat in Kiew schufen… Tatsächlich wurde der Hammer des Thor
vom Kreuz Christi erobert.
Die
Wikingerbilder in unseren Köpfen sind gemacht: heroische Krieger. Viele tragen
gehörnte Helme, obschon solche bei archäologischen Ausgrabungen völlig fehlen. Der
eigentliche Helm ist geflügelt. Zudem denken wir
an Schiffe mit Drachenköpfen. Und die Frauen sehen wir ebenfalls bewaffnet mit Axt,
Schwert, Helm, Schild – als Walküren.
Das
sind Wikinger, wie sie sich heute viele vorstellen. Robust, voller Mut und
Kampf; und man geht davon aus, dass alle heidnisch sind. Keiner der Wikinger besucht
in dieser Vorstellung eine Kirche. Und man kann sich nicht vorstellen, dass sie
es jemals tun werden – es sei denn, es geht darum, einen Mönch niederzuschlagen
oder einen silbernen Reliquienschrein als Beute zu heben.
«Die Heiden»
Zeitgenossen
der Wikingerüberfälle auf den Britischen Inseln im achten und neunten Jahrhundert
nannten sie oft «Heiden» und islamische Schriftsteller beschrieben die Wikingerräuber
von Spanien als «al-Majus», was ungefähr «Feueranbeter» und «Heiden» bedeutete,
und sie kamen zum wenig segensreichen Wunsch «Möge Allah sie verfluchen». Die
Sachlage scheint eindeutig: Die Wikinger waren plündernde Heiden.
Doch
Martyn und Hannah Whittock dokumentieren nun in ihrem in englischer Sprache
erschienenen Werk «The Vikings: From Odin to Christ» («Die Wikinger: Von Odin
zu Christus»), dass die Dinge ungleich komplexer waren.
Bald christlich geprägt
Während
die skandinavischen Heimatländer tatsächlich einige der letzten Orte waren, die
zum Christentum fanden, war dies an den Orten anders, an denen sich die
Wikinger niederliessen. An
diesen Orten wurden sie mit bemerkenswerter Geschwindigkeit Christen. In
England prägten die Kinder der Wikinger Münzen zur Feier des Heiligen Edmund.
Im
Osten konvertierten sie schnell zum orthodoxen Christentum und gründeten den ersten russischen Staat mit Sitz in Kiew. In
der Normandie wurden sie so begeisterte Anhänger der katholischen Kirche, dass
Papst Wilhelm dem Eroberer 1066 sogar eine päpstliche Fahne und einen
Auftrag zur Aufklärung wahrgenommener Unregelmässigkeiten in der angelsächsischen
Kirche verlieh.
«Sieg über Heiden»
Dies
wurde auch mittels Verstärkung durch viel spätere Autoren verdeckt. Im 12.
Jahrhundert feierten irische Schriftsteller den Sieg des irischen Königs Brian
Boru in Clontarf über ein «zorniges, fremdes, rein heidnisches Volk». Die
irische Identität erforderte, dass der Feind einzig aus Heiden bestand…
Im
13. Jahrhundert wurde alles, was über die heidnischen Aktivitäten der Vorfahren bekannt
war, in die Waagschale der Geschichtsschreibung geworfen.
Christliche Wikinger nicht
vergessen
Tatsächlich
richteten heidnische Plünderer schreckliche Zerstörungen an. Bald aber wandten sich viele in schnellem Tempo dem christlichen Glauben zu. Sie fanden das auf
vielen Ebenen attraktiv und das wiederum trieb das Aufgeben der alten Wege
voran.
Nicht
selten wurde der Hammer des Thor durch das Kreuz Christi abgelöst, wo sich
Wikinger niederliessen. Sie waren lange nicht einzig und ausschliesslich
grimmige Seekrieger des Nordens.