Von 50 Top-Mafia-Bossen der 1980er Jahre sind 47 tot,
zwei sitzen lebenslänglich im Gefängnis, aber einer, Michael Franzese, hat
einen Weg gefunden, aus dem finsteren Leben von Kriminalität, Erpressung und Rache
auszusteigen und eine völlig neue Perspektive zu gewinnen – seine Geschichte
macht gerade in der heutigen Zeit Mut.
«Ich
verbringe viel Zeit mit jungen Leuten und sie sehen Filme wie 'Der Pate'. Sie
sehen darin Glamour und Reichtum. Ich sage ihnen immer, 'Aber habt ihr das Ende
des Films gesehen? Wer kam ins Gefängnis? Wer wurde umgebracht? Wessen Familie
hat keinen Vater?'»
Als
Kind wollte Michael eine Sportkarriere hinlegen und für die New York Giants
spielen, aber er war nicht gut genug. Er versuchte, Medizin zu studieren, aber
als er mit dem Gesetz in Konflikt geriet, beschloss Michael, sich der Mafia der
Familie Colombo anzuschliessen.
«Ich
war ein eiskalter Krimineller»
«Ich
bin mit einem verzerrten Sinn aufgewachsen, und dachte, dass gut schlecht und böse
gut ist», erinnert er sich. «Ich war nie wirklich süchtig nach irgendetwas. Ich
war schlimmer. Ich war ein eiskalter Krimineller.» Er
gehörte zu den Top-«Verdienern» seit Al Capone.
1980
wurde Michael zum «Hauptmann» auf der Strasse ernannt. Mit ausgeklügelter List arbeitete er sich in der Mafia nach oben und verdiente
wöchentlich fünf Millionen Dollar, indem er der Regierung an der ganzen Ostküste
die Benzinsteuer abnahm.
«Familien
werden zerstört»
«Das
Bandenleben ist ein übler Lebensstil. Ich kenne keine Familie oder ein Mitglied
aus diesem Bereich, die oder das nicht völlig zerstört wurde.» Seine
Bekanntheit brachte ihn sogar ins «Fortune Magazin». Er und fünf andere
Personen wurden in einem Artikel über die «mächtigsten Mafia-Bosse in Amerika»
porträtiert.
Michael Franzese mit seiner Frau Camille
Nach 15
Jahren Mafialeben war es ein schönes Mädchen namens Camille, das für den
Unterschied sorgte. Sie war ein christliches Mädchen aus Südkalifornien, das ihn
in Südflorida kennen lernte, als er einen Film produzierte. Sie wusste über ihn nur, dass er ein Filmproduzent war. «Mir wurde klar, dass ich sie
in meinem Leben haben wollte und dass mein Leben eigentlich ein direkter
Widerspruch zu dem war, was sie und ihre Mutter glaubten. Ich respektierte
ihren Glauben, weil er für sie wahr war, ja, und ich wusste, dass ich etwas
ändern musste.»
Würde
man ihn «vergessen»?
Also
war sein Plan, Camille zu heiraten, in den Westen zu ziehen, ein paar Jahre im
Gefängnis abzusitzen, rauszukommen, alle Kontakte zur Familie Colombo
abzubrechen und ein neues Kapitel aufzuschlagen.
«Ich
dachte, nach zehn oder zwölf Jahren würden die Jungs in New York mich
vielleicht vergessen. Ich würde draussen in Kalifornien glücklich bis ans Ende
meiner Tage leben, das war mein Plan. Leider hatte jemand von oben einen
anderen Plan für mich und es hat nicht geklappt.»
Nach
seiner Entlassung konnte Michael sein Leben nicht in den Griff bekommen. Das «Life»-Magazin
porträtierte ihn als Regierungsinformant und zog damit den Zorn der New Yorker
Mafia auf sich. Dann wurde er bei einem Verstoss gegen die Bewährungsauflagen
erwischt, in einem anderen Fall angeklagt und für drei Jahre ins
Hochsicherheitsgefängnis verfrachtet.
Im
«Loch»
«Im
Loch lernte ich während dieser Erfahrung, dass wir nicht dazu bestimmt sind,
Einzelgänger zu sein. Wir sind dazu bestimmt, sozial zu sein. Es war sehr
schwierig, das durchzustehen, und wenn ich in dieser Zeit nicht meinen Glauben
entwickelt hätte, glaube ich nicht, dass ich da gut herausgekommen wäre.»
In der Einzelhaft wandte er sich selbst an Gott, nicht nur, um vor seiner Frau
Wiedergutmachung zu leisten, sondern aus einer persönlichen Krise heraus. «Ich
wollte wissen, ob es echt ist, und so fing ich an, in der Bibel zu lesen, als
ob ich mich auf meinen Prozess vorbereiten würde.»
Ewigkeitswert
gefunden
Je
mehr er las, desto klarer wurde ihm, dass die Bibel wahr ist, dass Jesus für
seine Sünden gestorben ist und dass er durch den Glauben an Christus ewiges
Leben haben kann.
Als
das Wort Gottes und der Heilige Geist sein Herz berührten, übergab er sein Leben Jesus
als seinen Herrn und Retter und wurde neu geboren.
«Ich
kam dort heraus und glaubte von ganzem Herzen, dass die Bibel Gottes Wort ist und
dass Jesus mein auferstandener Retter ist. Es war eine Zeit, die Gott wirklich
nutzte, um mein Wissen zu erweitern und mein Herz wirklich zu verändern. Ich
brauchte diese drei Jahre, damit Gott an mir arbeiten konnte, weil es sonst
nicht funktioniert hätte.»
Heute
bringt er Jugendliche auf Kurs
Jetzt
verbringt Michael einen Grossteil seiner Zeit damit, mit Jugendlichen in
Highschools zu sprechen und ihnen einen ungefilterten Blick auf das
Gangsterleben zu geben, das sie im Hip-Hop oder in Filmen völlig zu unrecht
verherrlicht sehen.
«Wenn
Gott mir nicht nur vergeben, sondern mein ganzes Leben umkrempeln kann, dann
kann er das für jeden tun, denn zu einem bestimmten Zeitpunkt war ich wahrscheinlich
der Schlimmste der Schlimmen», sagt er. «Ich bin in gewisser Weise wie Paulus.
Wir waren beide schlechte Menschen, die Gott erreicht und umgeformt hat.»