«Ich wusste, dass ich drogensüchtig sterben werde»
Shay Walters (Bild: Facebook)
«Ich hatte das Gefühl, nicht einmal ein Mensch zu sein.» Als Shay Walters Vater verhaftet wurde, brach ihre Welt zusammen. Sie selbst floh in die Drogenabhängigkeit und hätte sich beinahe umgebracht.
Zehn Jahre lang beherrschte die Suche nach dem
nächsten Schuss das Leben von Shay Walters. Sie war verlassen und verraten worden und litt unter diesem Schmerz. Für die Zukunft sah sie keine Hoffnung. «Ich wusste
ganz genau, dass ich als Drogensüchtige sterben würde.»
In ihren Jugendjahren war Shay beliebt. Sie war gute
Schülerin und Sportlerin, hatte liebevolle Eltern und schätzte vor allem ihren Vater. «Er gab mir das Gefühl, selbstbewusst, fähig, intelligent, unabhängig und
stark zu sein.»
Ein Irrtum?
Doch dann zeigte er Shay eine Lebensweise, die sie
fast zerstört hätte. Es begann, als sie in der 7. Klasse war. Die Polizei
durchsuchte das Haus ihrer Familie nach Drogen. Sie fanden nichts, und ihre
Eltern überzeugten Shay, dass es sich um einen Irrtum handeln musste.
In der Schule aber verbreiteten sich Anschuldigungen
und Spott. Um den Ruf ihres Vaters zu verteidigen, begann Shay jeden
anzugreifen, der ihr in die Quere kam. Mit 13 Jahren wurde sie zum ersten Mal
wegen Körperverletzung angeklagt. «Ich wollte stark sein und wollte, dass
die Leute denken, sie könnten mir nicht wehtun. Also begann ich, Leute
körperlich anzugreifen, wenn sie etwas Falsches sagten.»
Kein Irrtum!
Doch innerlich war sie verletzt. In ihrem ersten Jahr
an der High School wurde ihr Vater wegen Drogenbesitzes und -verkaufs
verhaftet. Die Anschuldigungen waren wahr gewesen. Obwohl es sich «nur» um eine elfmonatige Haftstrafe handelte, brach Shays Welt zusammen. «Es war fast wie ein Todesfall. Es war, als würde man
um seinen Vater trauern, auch wenn er nur vorübergehend weg war. Für ein junges
Mädchen ist das schockierend.»
Irgendwann unternahm sie sogar einen
Selbstmordversuch. «Ich versuchte, der Traurigkeit zu entkommen, dass meine
Familie zerbrochen war und ich nirgendwo mehr hingehörte.»
Auf der Suche nach ihrem Platz begann sie zu trinken,
Gras zu rauchen und Pillen zu schlucken. Mit 17 wurde sie dann schwanger und
bekam ihren Sohn Tyce.
Die Sucht beginnt
Bald darauf trennte sie sich von ihrem Freund, weil er
gewalttätig geworden war. Ein grösseres Problem tauchte jedoch schnell auf, als
Shay entdeckte, dass die Schmerzmittel, die ihr nach ihrem Kaiserschnitt
verabreicht wurden, auch ihren emotionalen Schmerz linderten.
Innerhalb von zwei Jahren war sie von einer Opioidabhängigkeit
zu Heroin übergegangen. Mit Anfang 20 verkaufte sie Drogen und kam wegen Alkohol am Steuer und Körperverletzung immer wieder ins
Gefängnis. «Es wurde für mich zur Normalität, immer wieder in den Knast zu
kommen.»
Mit 25 hatte sie zahlreiche Überdosen und mehrere Suizidversuche
überlebt. Ausserdem hatte sie das Sorgerecht an ihre Mutter und ihre ältere
Schwester verloren.
22 Jahre Haft vor Augen
«Ich hatte das Gefühl, keinen Grund zu haben,
überhaupt auf dieser Welt zu sein. Ich hatte einfach keine Hoffnung.» Im
Oktober 2015 wurde Shay wegen neun Drogendelikten verhaftet und musste mit 22
Jahren Haft rechnen. «Ich weiss noch, wie ich dachte, dass mein Leben vorbei
ist, dass es kein Zurück mehr gibt.»
Während sie im Gefängnis auf ihre Verurteilung
wartete, begann Shay, an Treffen der Anonymen Alkoholiker teilzunehmen. Sie traf
auch ein Mädchen, mit dem sie früher Drogen genommen hatte und das jetzt
nüchtern war – dieses Mädchen hatte jemand Besonderes kennengelernt: Jesus
Christus.
Liebe gefunden
Dieses Mädchen half ihr, ein Gebet zu sprechen, das
ausdrückte: «Dein Wille geschehe, nicht meiner. Ich übergebe dir
mein Leben.» Shay erinnert sich an das gemeinsame Gebet: «Ich habe Gott mein
Leben übergeben. Ich war sofort frei von den Drogen. In dem Moment, als ich
Gott auf dem Boden einer Gefängniszelle in mein Herz bat, verschwand der
Wunsch, Drogen zu konsumieren, völlig. Seitdem habe ich nie wieder eine Droge
genommen. Ich bin froh und glücklich ohne sie.» Sie bereute alles, was sie getan hatte und fand Gottes
Vergebung und bedingungslose Liebe.
Shay erinnert sich: «Ich habe nicht mehr dieses Loch
in mir, das sich nach Aufmerksamkeit und Liebe von der Welt sehnt, ich bekomme
sie nur noch von Gott. Ich weiss, woher meine Freude kommt. Ich weiss, woher
meine Identität kommt und ich weiss, wer ich bin.» Nach nur zwei Jahren Haft wurde Shay entlassen. Sie
erhielt das volle Sorgerecht für ihren Sohn zurück.
Ein Gott der zweiten Chancen
Heute ist sie mit Rich verheiratet. Gemeinsam leiten
sie ein Zentrum namens «Peer Solutions», durch welches sie Menschen helfen, die
mit Suchtproblemen zu kämpfen haben.
Shay dient auch mehr
als einer halben Million Menschen durch ihre Facebook-Show «From prison to
purpose». Sie lässt alle wissen, dass Gott ein Gott der zweiten Chancen ist. «Alles,
was ich durchgemacht habe, dient seiner Ehre. Es gibt Hoffnung und Menschen
werden gesund, Menschen ändern ihr Leben. Gott kann auch dich segnen.»