Ein Herz für Gottes Reich

Von der Identitätskrise zum interkulturellen Beauftragten

Egzon Shala liebt die Schweiz aber auch Menschen aus verschiedensten Kulturen. Und über allem schlägt sein Herz für Gottes Reich, in welchem es keine Kulturgrenzen gibt.
Egzon Shala (Bild: each.ch)

Im Gespräch mit Livenet-Chefredaktor Florian Wüthrich erzählt Egzon Shala (*1989) von seinen traumatischen Erfahrungen als Flüchtling, seinem gefundenen neuen Leben in der Schweiz und von seinem Engagement als interkultureller Beauftragter.

Flüchtlingstrauma

Egzon wurde im Kosovo in eine grosse Familie geboren. «Ich hatte eine gute Kindheit.» Als er neun Jahre alt war, wurde der Kosovo-Krieg so schlimm, dass seine Familie flüchten musste. «Unser Dorf begann zu brennen und auch unser Haus wurde bombardiert – es war eine dramatische Flucht.» Über Albanien und Italien gelang die Familie nach Deutschland und im Jahr 2004 in die Schweiz.

«Als Kind liebte ich es, im Kosovo zu leben. Als Neunjähriger Schüsse und Bomben zu hören und das eigene Dorf brennen zu sehen – das macht etwas mit einem.» Das Trauma musste erst einmal verarbeitet werden.

Tiefpunkt

«Die ersten Jahren in der Schweiz waren nicht einfach.» Egzon sagt selbst, in diesen Jahren viel Blödsinn gemacht zu haben. «Ich ging voller Frust und Hass durchs Leben.» Das Flüchtlingstrauma war noch alles andere als verarbeitet. Wegen des negativen Entscheids aufs Asylgesuch durfte Egzon, im Gegensatz zu seinen Schulkollegen, weder Berufslehre, noch Gymnasium in Angriff nehmen. «Ich hatte keine Perspektive und war frustriert.»

In dieser Zeit lud ihn seine Freundin in eine Kirche ein. «Ich hatte kein Interesse. Für mich stand Kirche für alte und langweilige Leute.» Doch Egzon war verliebt und ging hin – seiner Freundin zuliebe. «Alles, was ich dort erlebte, war mir fremd und von der Predigt verstand ich nichts.» Was ihn aber beeindruckte, waren die Atmosphäre im Worship und die Liebe der Menschen. «Das begann mein Herz weich zu machen und irgendwann verstand ich: Dieser Jesus, von dem gepredigt wird, liebt mich genauso, wie er die Schweizer liebt.» So gab Egzon im Jahr 2008 sein Leben Jesus.

Zurück im Kosovo

Zwei Tage nach seiner Taufe musste Egzon in den Kosovo zurück. «Das löste meine erste Glaubenskrise aus.» Er wusste aber: Jesus würde mit ihm kommen.

«Zurück im Kosovo, besuchte ich die dortige Kirche, betete und las in meiner Bibel.» So wuchs Egzon in seinem Glauben. Irgendwann durchströmte Egzon das Wissen, dass Gott seinen Platz in der Schweiz sah. «2009 kehrte ich in die Schweiz zurück, heiratete und absolvierte eine Lehre als Karosseriesattler.» Ein Beruf, in dem er acht Jahre arbeitete.

Interkultureller Beauftragter

Heute ist Egzon interkultureller Beauftragter der Schweizerischen Evangelischen Allianz. «Seit ich zum Glauben an Jesus gekommen bin, habe ich eine Leidenschaft für Gottes Reich.» Das Verlangen, dass Gottes Reich in dieser Welt Gestalt gewinnt, nahm über die Jahre hinweg sogar zu. «Ich habe eine Liebe zu Menschen aus verschiedenen Kulturen.» Das Wissen, dass Gottes Reich keine Kulturgrenzen kennt, ist für Egzon ganz praktisch.

«Die Schweiz ist streng in der Aufnahme von Flüchtlingen. Man muss die Not im Heimatland nachweisen und glaubwürdig machen können.» Trotzdem sieht Egzon, dass die entsprechenden Mitarbeiter in den Asylzentren sich Mühe geben. «Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern steht die Schweiz diesbezüglich auf einem hohen Niveau.» Trotzdem sieht Egzon das Problem von Flüchtlingen, nach einer traumatischen Flucht keine Aufgabe mehr zu haben. «Viele haben eine Identitätskrise, was eine Integration erschwert.» Egzon sieht viele Möglichkeiten für ein gewinnbringendes Engagement.

Weiteres über Egzons Anliegen des Gebets für Migranten und die Schweiz, sowie Aktionen zum Flüchtlingssonntag sind direkt im Interview zu erfahren:

Zum Thema:
Interkulturelle Zusammenarbeit: Egzon Shala ist neu interkultureller Beauftragter der SEA
Sein Dorf im Kosovo brannte nieder: Leid, Krieg und Schlägereien hatten nicht das letzte Wort
Interkulturelle Leiterschaftschule: «Diese Leute brennen darauf, den Glauben weiterzugeben»

Datum: 13.05.2021
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung