Es
gibt Leute, bei denen kaum noch jemand an eine positive Veränderung glaubt. Béatrice
Berger ist ein lebendes Beispiel dafür, dass es für Gott keine hoffnungslose
Fälle gibt.
Irgendetwas schien mit ihr nicht zu stimmen und
ihr Erleben bestätigte dieses Gefühl immer wieder. Als Kind hatte sie keine
andere Erklärung für die ständig wiederkehrende Erfahrung von Ablehnung,
Mobbing und seelischem Missbrauch. «Mein Leben war geprägt von Krankheit und
dem Kampf ums Überleben», beschreibt Béatrice Berger (1962) das Leben, wie sie es jahrzehntelang kannte.
Es begann mit einer Krankheit
Schon im ersten Lebensjahr war Béatrice krank. Die Diagnose: Kernikterus, eine schwere Schädigung des zentralen Nervensystems (ZNS) bei Neugeborenen,
ausgelöst durch eine pathologische Hyperbilirubinämie mit
gravierenden Spätfolgen. «Die Ärzte sagten, ich würde
behindert oder sogar schwer behindert sein.» Aufgrund dieser Krankheit
verbrachte Béatrice die ersten sechs Lebensjahre grösstenteils in einem
Kinderheim. «Dort gab es gläubige Pflegetanten, die mich liebevoll pflegten und
betreuten.» Als Kind konnte sie aber nicht verstehen, weshalb ihre Eltern sie
weggegeben hatten.
Die Entwicklung von Béatrice wurde verzögert, die
Schulzeit erlebte sie als hart. Andere Kinder waren nicht in der Lage, ihre
Defizite richtig einzuordnen – in der Folge wurde das Mädchen gehänselt und
geplagt. Auch für Béatrices Familie war ihre Krankheit eine Belastung. «Als
Kind fühlte ich mich ständig benachteiligt. Bedingt durch die belastende
Situation mag dies auch tatsächlich so gewesen sein.» Die negativen Gefühle
sollten ihr noch viele Jahre anhaften.
Probleme ziehen sich in den Jugendjahren weiter…
Mit 17 zog Béatrice von zu Hause aus und in die
Westschweiz. In den späten 80er und den 90er Jahren litt sie unter
verschiedenen gesundheitlichen Problemen, was auch in ihrem Berufsleben
Auswirkungen zeigte. «Ich verlor oft den Job und wurde Opfer von Mobbing.»
1989 heiratete Béatrice – die Ehe war schwierig.
Spannungen mit den Herkunftsfamilien, insbesondere, weil sie keine Kinder
kriegen konnten, vereinfachten ihre Beziehung auch nicht. Als Béatrice im Jahr
2000 zum Glauben an Jesus fand und sich taufen liess, wurde es zusätzlich
schwierig. 2004 kam es zur Trennung, 2006 folgte die Scheidung.
Im Jahr 2001 traten erstmals diffuse körperliche
Symptome auf. Doch erst zweieinhalb Jahre später konnte die äusserst seltene Diagnose
gestellt werden: «Eine schwere Borreliose mit zeitgleicher neuromuskulärer
Erkrankung und Fokaler Dystonie in einer noch nie dagewesener Form.» So
kompliziert wie die Diagnose klingt, entwickelte sich auch die Behandlung. «Es
folgte ein dreijähriger Marathonlauf durch verschiedene Kliniken.» Zur selben
Zeit wurde die Ehekrise richtig schlimm. Inmitten des Scheidungskampfes war
2005 Béatrices erster Suizidversuch, zwei Jahre später der zweite. Das Gefühl,
ihr Leben lang von Problemen verfolgt zu werden, war zu viel für sie.
«Ich bin benachteiligt!»
In all den Jahren brannte sich die Botschaft,
eine benachteiligte Person zu sein, fest in Béatrices Gedanken- und Gefühlswelt
ein. «Entsprechend fühlte ich mich wertlos und wurde auch entsprechend behandelt.
Ständig erlebte ich Mobbing.» Dieser Teufelskreis war tragischerweise das
einzige Leben, das sie kannte. So lebte sie die Rolle der Benachteiligten, und in
der Berufswelt war sie die Frau, die niemand wollte. «In 20 Jahren verfasste
ich insgesamt 4'500 Bewerbungsschreiben. 2016 war es dann aber zu viel und ich
brach vollständig zusammen.» Nach einem sechsjährigen IV-Verfahren erhielt sie
2019 endlich ein positives Urteil. «Das brachte Entspannung und von da an ging
es aufwärts.»
Dann drang die Wahrheit durch
In einer christlichen Gemeinde fand Béatrice
Annahme und das Gefühl, zu Hause zu sein. Und dann kam Covid-19. Anfang des
Lockdowns begann Béatrice geistliche Bücher zu lesen und in der Bibel zu
forschen. Sie entdeckte Wertvolles, das sie in ihrer Gebetsgruppe diskutieren
konnte. Diese Gruppe trug zu einem starken geistlichen Wachstum bei. «Es
folgten Monate, in denen ich zu verstehen lernte, was es heisst, Erbe und Teil
des Neuen Bundes zu sein.» Eine Erkenntnis folgte der nächsten und Béatrice
fand eine ganz neue Lebensperspektive. «Auf einmal war es klar: Ich bin nicht
benachteiligt!» Das Grösste für sie war, als ihr klar wurde, was Jesus über sie
denkt. «In Jesus fand ich meine Identität. Das machte mich frei.»
Neues Leben
Seit vielen Jahren hat Béatrice in Cornelia Brunner
eine wertvolle Stütze und Begleiterin gefunden, welche über Gottes Wirken in
ihrem Leben nur staunen kann: «Béatrice ist ein neuer Mensch geworden!» Selbst
erlittene Rückschläge konnten sie nicht ins alte Fahrwasser ziehen. Auch wenn Béatrice
nicht über Nacht zur Mrs. Perfect geworden ist, bezeugt sie aus vollem Herzen:
«Ich habe Lebensfreude gefunden! Zu wissen, wer ich in Jesus bin, hat mein
Leben verändert.»
Seit September 2020 studiert Béatrice Theologie am IGW und
arbeitet daneben freiwillig mit 30 Prozent als Familienbegleiterin, wo sie
zunehmend Verantwortung übernimmt. Dieser Dienst am Nächsten ist für sie
momentan sehr wichtig. «All dies hätte ich mir noch vor kurzer Zeit nicht
vorstellen können.» Dann zitiert sie einen Bibelvers, der ihr in letzter Zeit
wichtig geworden war: «Dankt dem Herrn, denn er ist gütig und seine Gnade währt
ewiglich!» (1. Chronik Kapitel 16, Vers 34)