Barbara Stotzer-Wyss weiss schon früh, dass sie spät heiraten und Familie haben wird. Doch als mit 30 immer noch kein Mann auftaucht, stellt sie das in Frage. Hat sie sich vielleicht geirrt?
Barbara Stotzer-Wyss mit ihrer Familie (Bild: zVg)
«Gott, was ist mein Weg?»
betete Barbara. Sie war um die 25 Jahre alt und viele ihrer Freunde gingen
Beziehungen ein, heirateten und gründeten Familien. Sie selbst wollte den Weg
gehen, den Gott für sie vorbereitet hatte – doch wie sah dieser aus?
Gottes
Reden vernommen
«Damals suchte ich Gottes
Weisung auf eine Weise, die ich heute nicht mehr empfehlen würde», blickt
Barbara mir einem Schmunzeln zurück. Willkürlich hatte sie die Bibel irgendwo
aufgeschlagen, den Finger reingesteckt und gelesen. Es war die Geschichte von
Abraham und Sara, die sehr spät Kinder kriegten. «Das war für mich klares Reden
von Gott. Von diesem Zeitpunkt an stand für mich fest, dass ich eine Familie
gründen würde, dass dies aber noch eine Weile dauern sollte.»
Die Jahre
vergehen
Barbara lebte die folgenden
Jahre, ohne sich gross um die Partnersuche zu kümmern. Sie studierte praktische
Theologie, verbrachte längere Zeit in Australien, machte einen beruflich
interessanten Werdegang und baute ein Haus. Kurz: Das Leben war ausgefüllt. «Es
gab schon Momente, in denen ich mich einsam fühlte und mir einen Mann wünschte.
Meistens genoss ich mein Leben aber in vollen Zügen.»
Mitte 30 begann Barbara
vermehrt mit Gott über seine Verheissung von damals zu sprechen: «Wenn das mit
der Familie noch klappen soll, musst du (Gott) langsam vorwärts machen mit
deiner Verheissung.» In dieser Zeit meldete sie sich auf einer christlichen
Singleplattform im Internet an und hatte immer mal wieder ein Date. «Irgendwie
machte es aber nie so richtig 'klick'. Einmal hatte ich eine kurze Beziehung,
es wurde aber nicht wirklich ernst.» Hatte sie Gott wirklich richtig
verstanden, dass sie eine Familie haben würde? Sie begann, sich auf ein Leben
als Single einzustellen.
Christoph
Doch plötzlich, Ende 2013,
meldet sich Christoph über die Singleplattfom bei Barbara. Nach dem Tod seiner
Frau war dieser neben seinem vielseitigen Engagement auch damit beschäftigt,
seine Familie am Laufen zu halten. Und auch Barbaras Agenda war ausgefüllt –
für die beiden war es schwierig, ihre Beziehung zu vertiefen.
Als sich die beiden am 1.
April 2014 trafen, stellten sie fest, wie gut die Chemie zwischen ihnen
stimmte. Unbedingt wollten sie sich wieder treffen. Langsam kamen sich die
beiden näher und Barbara versuchte, Christoph nach Möglichkeit zu unterstützen.
Für ihn war diese Unterstützung sehr wichtig – führte aber dazu, noch einmal
einen Trauerprozess über den Verlust seiner verstorbenen Ehefrau zu durchleben.
Eine heikle
Phase der Beziehung
«Zu sehen, wie Christoph über
den Tod seiner früheren Frau trauerte, war für mich sehr herausfordernd»,
berichtet Barbara. Sie überlegte schon, ob sie die gerade begonnene Beziehung
überhaupt weiterführen wollte. «Doch dann hatte ich zwei Träume, durch welche
ich auf ganz neue Weise Zugang zum Trauerprozess von Christoph erhielt.» Es
war, als würde Gott ihr eine ganz neue Sichtweise schenken. «Ich verstand, dass
Christoph dabei war, die Beziehung zu seiner früheren Frau neu zu ordnen und
dass ich ihm etwas Zeit geben musste.»
Tatsächlich durchlebte
Christoph ein Trauerprozess, der letztlich dazu führte, dass er sich ganz auf
Barbara einlassen konnte. Heute ist sie dankbar, in dieser emotionalen Zeit
nicht vorschnell aufgegeben zu haben.
Und
plötzlich war die Familie da
Christoph und Barbara
beschlossen zu heiraten. «Auf einmal erkannte ich, wie sich das, was ich als
25-Jährige als Gottes Reden verstanden hatte, jetzt plötzlich erfüllte.» Als
die beiden 2017 ihr Hochzeitsfest feierten, war Barbara 42 Jahre alt und
hatte neben einem Ehemann auch gerade dessen zwei Töchter gewonnen. «Auf einen
Schlag hatte ich eine Familie. Es war zwar anders gekommen, als ich mir dies damals
vorgestellt hatte. Aber tatsächlich hat es lange gedauert und dann, als es
schon sehr unwahrscheinlich aussah, hat Gott mir eine Familie geschenkt.»
Gottes Wege
sind oft unverständlich
Heute ist Barbara Stotzer-Wyss
Bereichsleiterin am IGW (Institut für gemeindeorientierte Weiterbildung). Es gehört
sozusagen zu ihrer Aufgabe, Studenten zu helfen, Gott besser zu verstehen. Sie
hat gelernt, dass Gott immer noch anders und grösser ist, als wir ihn uns auch
nur annähernd vorstellen können. «Darüber, wie wir Gottes Reden und Führen
erfahren können, habe ich heute eine andere Auffassung als mit 25 Jahren.
Trotzdem hat Gott damals verständlich zu mir gesprochen – in all meiner
Unreife.»
Dies macht sie demütig und hilft ihr auch, mit aktuellen Fragen zu
leben. «Für mich ist es nach wie vor schwierig, den Verlust, den Christoph und die
Kinder erleben mussten, mit dem neuen Familienglück in Verbindung zu bringen», berichtet
sie. Vielleicht wird sie dies in kommenden Jahren klarer erkennen können – auf
jeden Fall sind offene Fragen für Barbara kein Grund, an der Güte Gottes zu
zweifeln. «Er behält die Übersicht, selbst dann, wenn wir ihn nicht verstehen.»