Flüchtlingspaar in Spanien

Anam Yasim: «Die Bibel schenkt mir Trost und Frieden»

Vor einem Jahr flohen Anam und Radi Yasim aus Syrien nach Spanien. Nur knapp waren sie in ihrem Heimatland dem Tod entgangen. Einfach ist die Situation in Spanien nicht, vor allem ohne die jüngste Tochter, die kein Visum erhielt. Und doch dürfen sie jeden Tag Gottes Hilfe erleben.
Anam Yasim

Das Flüchtlingsthema ist in aller Munde: Die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge, fehlende Unterbringungsmöglichkeiten, die Kosten, die diese mit sich bringen… Doch hinter jeder Zahl steht ein Mensch, eine Geschichte, oftmals ein Familiendrama. So auch bei Anam Yasim. Sie ist eine der vielen Tausend Flüchtlinge, die aus Syrien nach Europa gekommen sind.

Vor einem Jahr kamen Anam und ihr Mann Radi nach Spanien. Dabei hatten sie ein gutes Leben in Syrien gehabt. «Syrien war ein entwickeltes Land, man konnte dort gut leben, es war sehr ruhig. Die Leute hatten einen guten Lebensstandard und mussten das Land nicht verlassen…» Doch der Krieg veränderte alles. «Ein Krieg ist traurig. Es gibt Bomben, Tote, und alles wird von den Dschihadisten zerstört. Viele sind durch ihre Gewalt gestorben.»

Anam und Radi lebten mit ihren Kindern in der kleinen Stadt Yaramana, nahe bei Damaskus. «Eines Tages besuchten wir zum Frühstück eine Cousine. Zehn Minuten bevor wir nach Hause zurückkehrten, zerstörte eine Bombe unser gesamtes Gebäude. Wir hatten kein Haus und kein Auto mehr, aber viel schlimmer waren die 200 Toten, welche die Bombe hinterliess, all unsere Nachbarn waren tot… das war sehr traurig.»

Neuanfang in Spanien und im Glauben

Der Familie blieb nichts anderes übrig, als das Land zu verlassen. Sie flohen zu einem Bruder, der im Libanon wohnt. Dort erhielten Anam und ihr Mann ein Touristenvisum für Europa und kamen nach Spanien. Die Organisation ACCEM, die mit Flüchtlingen arbeitet, unterstützte sie ein Jahr lang finanziell.

Doch Anam suchte auch Anschluss in einer christlichen Gemeinde. Bereits in Syrien hatte sie Jesus Christus ihr Leben anvertraut. «Die Frau meines Bruders erzählte mir von ihm. Das war bereits vor dem Krieg. Der Herr hat grosse Dinge für meine Familie getan. Die Bibel zu lesen gibt mir Trost und Frieden. Mein Mann war aber nicht gläubig. Ich las immer meine Bibel laut vor mich hin, damit er die Worte hörte, aber er wollte nicht zuhören – bis wir nach Spanien kamen. Hier hatten wir nur ein kleines Zimmer und viel freie Zeit, und so begann er zuzuhören.» Bald gingen sie gemeinsam in die Gemeinde. Während seines Studiums hatte Radi bereits zwei Jahre in Spanien gewohnt, kannte also die Sprache und konnte den Predigten folgen. Und so begann auch er, Jesus Christus nachzufolgen.

Eine Tragödie

Als im Sommer die finanzielle Hilfe der Flüchtlingsorganisation zu Ende war, geschah eine Tragödie. «Am 1. August hörte die finanzielle Hilfe auf und am 3. August musste sich mein Mann aufgrund eines schweren Herzleidens operieren lassen.» Doch auch in dieser Notsituation durften Anam und Radi erleben, dass Gott bei ihnen ist und sie auch in einem fremden Land trägt. «Eine Gruppe von Leuten aus der Gemeinde verpflichtete sich, uns finanziell zu helfen. Ausserdem unterstützten uns das Rote Kreuz und die Stadt León. Gottes Treue ist unglaublich gross, die Operation meines Mannes war ein voller Erfolg. In Syrien wäre diese OP nicht möglich gewesen, doch die Ärzte in León führten sie durch!»

Heute verkauft Anam selbstgemachten Schmuck und kann durch den Verdienst sich und ihren Mann ernähren.

Zurück nach Syrien?

Doch trotz aller Hilfe und den vielen Monaten, die sie bereits in Spanien verbracht haben, ist ihr Leben nicht einfach. Zwei Kinder leben in Kanada und Australien, aber ihre dritte Tochter befindet sich weiterhin im Libanon, weil sie bisher kein Visum erhalten hat. «Es ist schwer, ein Visum zu bekommen, weil Europa keine Flüchtlinge mehr aufnehmen will. So viele Menschen wollen weg…»

Und dennoch glaubt Anam fest, dass Gott sie aus einem bestimmten Grund nach Spanien geführt hat. Dies sehen sie insbesondere daran, wie Gott ihnen geholfen hat, ein Visum zu erhalten. «Wir konnten Gottes Hand in jedem Moment erkennen.» Doch mit der Antwort auf die Frage, ob sie nach Syrien zurückkehren würde, wenn der Krieg aufhört, zögert sie keine Sekunde: «Ja, wir hätten sicher Arbeit und eine gute Lebenssituation!»

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Datum: 06.10.2015
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Protestante Digital

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