Bekehrung eines Bombenlegers

Hände
Terror
Schiene

Simbabwe ist ein unversöhntes Land. Erst wurden in der britischen Kolonie Rhodesien die Schwarzen unterdrückt. Dann wurde das Land 1980 unabhängig. Jetzt werden die Weissen unterdrückt – unter dem marxistischen Diktator Robert Mugabe. Doch auch in solchen Extremsituationen wirkt Gott. Das zeigt die Bekehrung des schwarzen Simbabwers Stephen Lungu. 1942 in Rhodesien geboren, später von seiner Mutter ausgesetzt, verbrachte er seine Kindheit in Obdachlosigkeit. 1960 schloss er sich der kommunistisch-nationalistischen Jugendbewegung an und arbeitete für die Unabhängigkeit des Landes von den Briten. In dem soeben erschienenen Buch “Der aus dem Schatten trat” beschreibt er, wie er bei einem Überfall auf eine Evangelisation Christ wurde.

Terror auf der Strasse

In den Augen der rhodesischen Regierung Anfang der sechziger Jahre war ich ein elender Marxist, dem man wegen Landesverrats eigentlich erschiessen sollte. Aber ich hätte mein Leben für die Revolution gegeben. Ich war überzeugt, dass sie alle meine Probleme lösen würde. Für die Befreiung waren wir immer im Einsatz. Am Freitagabend, wenn Zahltag war, griffen wir Fussgänger an, um sie auszurauben. Wir warfen Benzinbomben in Parks und verübten Überfälle auf Kirchen, Polizeiautos und Versammlungen im Freien. Eines Tages sahen wir auf einem Feld in der Nähe der Stadt ein grosses Rundzelt, in dem schon viele Leute versammelt waren. Die Leute fingen an zu singen. Es waren Christen aus Südafrika. Ich wandte mich meiner Bande zu. “Hört mal, aus Südafrika kommt nichts Gutes. Da gibt es nur Rassentrennung. Warum kommen solche Leute nach Simbabwe und predigen von ihrem Gott? Sie sind nur hier, um uns einer Gehirnwäsche zu unterziehen. Wir werden ihnen eine Lektion erteilen.”

Das Zeichen zum Angriff

Ich teilte meine zwölf Freunde in Zweiergruppen auf. Sie sollten sich rings um das Zelt postieren. “Um sieben Uhr abends werde ich pfeifen, und jeder schleudert seine Steine oder Benzinbomben in den Zelteingang”, gab ich als Anweisung. Für die Zeit bis zum Überfall gingen wir ins Zelt und setzten uns in die hinterste Bank. Auf dem Podium stand ein grosser Schwarzer von etwa 30 Jahren. Er schaute über die Menschenmenge hinweg. Völlige Stille lag über der Versammlung. Dann donnerte er unvermittelt los: “In Römer 6,23 heisst es: Denn die Sünde wird mit dem Tod bezahlt. Gott aber schenkt uns in der Gemeinschaft mit Jesus Christus das ewige Leben, das schon jetzt beginnt und niemals aufhören wird.”

Ich wollte mich gerade abwenden und das Zeichen zum Angriff geben, als ich merkte, dass der Prediger ganz still geworden war. Regungslos stand er da. Während der Stille klang sein Wort noch in meinen Ohren. Die Sünde wird mit dem Tod bezahlt. Ich hatte damit gerechnet, dass eine wüste Strafpredigt auf uns niederprasseln würde und wollte mich schon innerlich dagegen wappnen. Aber auf sein Schweigen war ich nicht vorbereitet. Alles Böse, das ich in letzter Zeit getan hatte, ging mir durch den Sinn, auch der Hass, der mich fast auffrass.

Dann begann der Prediger wieder zu reden. “Ich muss weinen. Ich muss weinen, weil der Heilige Geist mir gesagt hat, dass heute abend viele Leute hier sind, die sterben müssen, wenn sie Christus nicht in ihr Leben aufnehmen.” Wie ein elektrischer Schlag durchfuhr es mich. Ich wollte ein Chaos anrichten, und dieser Redner behauptete, er würde unseren Plan kennen. Woher wusste er von unserer Bande? Bei dem Schock, der mich traf, hätte ich beinahe meine Papiertüte mit den Benzinflaschen fallengelassen. Langsam geriet ich in Panik. Wenn er unseren Plan kannte, wüssten auch seine Helfer, wer wir waren. Es war also keine Zeit zu verlieren. “Macht euch fertig”, flüsterte ich. Ich hantierte gerade in meinem Beutel herum, um die selbst gebastelten Benzinbomben zum Einsatz zu bringen.

Der Finger des Predigers

Da sagte der Prediger: “Ihr habt alle gesündigt. Ihr habt betrogen. Ihr habt gelogen. Ihr habt anderen Menschen Unrecht getan.” Immer wieder schnellte sein Finger in die Höhe. Mir fielen die Leute ein, die ich überfallen hatte. Es schien so, als ob der Prediger direkt auf mich zeigen würde und alle Sünden kannte, die ich jemals begangen hatte. Der Finger des Predigers, der auf mich gerichtet war, hatte mich hypnotisiert. An unseren Überfall dachte ich mittlerweile gar nicht mehr. Dann wechselte der Prediger plötzlich das Thema. In warmen, einfühlsamen Worten sprach er jetzt von Jesus. Er war kein grosser Herrscher, sondern ein armer, ohnmächtiger Mann. Er stammte aus einem Volk, das wie wir von einem fremden Mann unterdrückt wurde. Er hatte kein Zuhause und kein Geld. Dennoch hatte er eine gewaltige Vollmacht. Er wusste um das Geheimnis des Lebens, heilte Kranke und half ihnen. Sein Leben fand ein Ende, als er von denen umgebracht wurde, zu deren Rettung er gekommen war. Durch seinen Tod hat er uns Frieden mit Gott erworben. Der Prediger wies darauf hin, dass jeder, der es wollte, Jesus in sein Leben aufnehmen kann. Ich könnte meine Armut und meine Sünde gegen seine Liebe und seinen Reichtum eintauschen.

Da wurde mir plötzlich klar, welchen Tausch mir Jesus anbot. Die Tränen über all den Schmerz, die Einsamkeit, den Selbsthass und die Angst, die ich erfahren hatte, flossen mir über die Wangen. Für die Mitglieder meiner Bande war das zuviel. Sie wurden unruhig, doch mich kümmerte das nicht. Ich wollte frei werden von dieser unerträglichen Last, die der Schmerz, die inneren Verletzungen und das Böse mir auferlegt hatten. So fasste ich meine Tasche mit Benzinbomben, stolperte zwischen den Menschen hindurch und ging nach vorne. Ich wollte einfach nur in der Nähe des Predigers sein. Er sollte mir helfen, diesen Jesus zu finden. Meine Knie versagten, und ich fiel vor ihm auf den Boden. Ich streckte meine Hände aus und hielt mich an seinen Füssen fest. Dann griffen starke Arme nach mir und wollten mich wegziehen. Die Helfer waren herbeigeeilt, weil sie es als störend empfanden, dass ein weinender junger Mann die Beine des Predigers umklammerte. Mein klagendes Weinen wurde nur noch stärker.

Der Griff zum Messer

Im nächsten Augenblick flog ein Hagel von Steinen ins Zelt. Es erfolgte eine Explosion. Eine Benzinbombe wurde von draussen an die Zeltwand geschleudert und setzte sie in Brand. Kleine Flammen züngelten hoch, aber sie breiteten sich nicht aus. Panisch vor Angst schrieen die Menschen auf, und ein Chaos brach los. Die Besucher drängten ins Freie. Manche wurden dabei umgestossen und beinahe niedergetrampelt. Später erfuhr ich, dass die politische Anspannung im ganzen Stadtteil zu einem Aufruhr geführt hatte. Überall kam es zu Ausschreitungen. Junge Schwarze zeigten ihre Wut und ihre Auflehnung gegen die weisse Herrschaft. Von draussen hörte man Rufe und das Getrampel von Füssen. Kurz darauf fuhren Autos vor. Die Regierung hatte ihr Sonderkommando geschickt, um die Aufstände niederzuschlagen. Draussen sah es so aus, als tobte die Hölle. Hunderte von gewalttätigen Demonstranten randalierten.

Der Prediger stand noch immer auf dem Podium. Er schloss die Augen, und ich erkannte, dass er beten wollte. Zitternd kniete ich neben ihm. “Junger Mann, was kann ich für dich tun?”, fragte er mit warmherziger Stimme. “Kann dein Jesus einen solchen Menschen wie mich retten?”, fragte ich. “Ja”, antwortet er. “Jesus starb für dich. Gott liebt dich.” Warum brachte er jetzt Gott ins Spiel? Was hatte Gott jemals für mich getan? Er hat mich doch fast verhungern lassen. Ich antwortete sehr direkt: “Prediger, du sagst mir, dass Gott mich liebt. Dafür bringe ich dich um.” Ich griff nach meinem Messer. “Von Gott will ich nichts mehr hören. Aber du sollst mir von Jesus erzählen.” Der Prediger sah mich von oben bis unten ganz ernst an. Mein Beutel mit Benzinbomben muss ihm dabei aufgefallen sein. Dann sagte er: “Vielleicht sagst du mir erstmal etwas über dich, und warum du diesen Jesus haben willst.”

Der weinende Prediger

Ich erzählte von mir. Zunächst kamen mir die Worte nur bruchstückhaft über die Lippen. Dann erzählte ich ihm aber meine ganze Geschichte. Zum ersten Mal interessierte sich jemand dafür. Ich berichtete ihm von meiner unglücklichen Kindheit. Mein Vater hatte mich gehasst und verstossen. Die Ehe meiner Eltern war auseinandergebrochen. Meine Mutter hatte mich als kleines Kind ausgesetzt. Beim Erzählen durchlebte ich noch einmal die ganze Angst und Verzweiflung. Ich berichtete ihm, wie ich nachts unter der Brücke schlief, jeden Tag in stinkenden Abfalltonnen nach Lebensmitteln suchte und Mitglied in einer Bande wurde. Zu meinem grossen Erstaunen weinte der Pastor mit mir. Er schaute mich an, wie ich es bisher nicht gewohnt war. Mitleid war in seinem Blick. Er schlug seine Bibel auf. “Ich möchte dir etwas vorlesen”, sagte er, “das für Leute wie dich bestimmt ist.” Es ist eine Zusage Gottes und seines Sohnes Jesus Christus für uns. In Psalm 27,10 steht: “Wenn Vater und Mutter mich verstossen, nimmst du, Herr, mich doch auf.”

Dieser Vers wurde zum Wendepunkt meines Lebens. Zum ersten Mal spürte ich, dass es wirklich eine Liebe Gottes gab. Ich kniete nieder und betete. “O Gott”, rief ich, “ich habe nichts, ich bin nichts, ich kann nicht lesen. Ich kann nicht einmal meinen Namen schreiben. Nimm mich auf, o Gott, nimm mich auf. Ich bereue all das Böse was ich getan habe, Jesus vergib mir und nimm mich an. Ich möchte den Rest meines Lebens dazu nutzen, den Menschen von dir zu erzählen.”

Am Tag nach seiner Bekehrung ging Stephen Lungu zur Polizei, gestand seine Verbrechen und gab seinen Revolver ab. Nach acht Stunden Verhör wurde er freigelassen. Ein Polizist gab ihm das Geld für seine erste Bibel. Lungu lernte lesen und schreiben und besuchte eine Bibelschule. Er missionierte in Botswana, Sambia, Südafrika, Mosambik und Simbabwe. Seit 1982 verkündigt er das Evangelium im benachbarten Malawi.

Datum: 28.02.2003
Quelle: idea Deutschland

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