Die Zeit gut nutzen. – Das könnte das Motto einer
Schulung für Führungskräfte sein. Doch der Autor dieses Ratschlags hat mit Wirtschaft
nur bedingt zu tun.
Es war Paulus, ein Lehrer. Er schrieb diesen Satz vor fast zweitausend
Jahren in einem Brief an die Christen in Ephesus, einer Stadt an der türkischen Agäisküste,
dem Meer zwischen der Türkei und Griechenland.
Wie Christen leben sollten
«Nutzt die Zeit, so gut ihr könnt, denn wir leben
in einer schlimmen Zeit.» – So
lautet die Empfehlung von Paulus im gesamten Wortlaut (Die Bibel, Brief an die
Epheser, Kapitel 5, Vers 16). Sie ist Teil eines längeren Briefabschnitts, in
dem Paulus erklärt, dass Christen darauf achten sollten, wie sie leben: Er warnt
vor destruktivem Reden, einer mass- und grenzenlosen Sexualität und vor Habgier.
Und er ermutigt zu Liebe und zu einem Leben im Licht. Heute würde man wohl von Transparenz
sprechen, auch wenn das die Gott-Dimension nicht beinhaltet.
Eine böse Zeit – aber die
Möglichkeiten nutzen!
Wenn Paulus davon spricht,
die Zeit zu nutzen, hat er weniger den heute allgegenwärtigen Stress im Blick.
Er geht vielmehr davon aus, dass es sein kann, und davon waren viele
Christen seiner Zeit überzeugt, dass es nicht mehr lange dauert, bis Jesus
wiederkommt und das «normale Leben» mit einem Mal ein Ende hat.
Das steht dahinter, wenn
er sagt, man solle die Zeit nutzen, denn es ist böse Zeit. Etwa nach dem Motto: Es
passiert vieles, was nicht gut ist, viel Böses, vieles, was Gott nicht gefällt. Es ist eine schlimme Zeit! Aber lasst uns die Möglichkeiten nutzen, so lange
wir sie haben, so lange es (noch) geht.
Einem
Vorbild folgen
Den
ersten Satz dieses Briefabschnitts könnte man auch als Überschrift nehmen: «Ihr
seid Gottes geliebte Kinder, daher sollt ihr in allem seinem Vorbild folgen.» Wer aber ist unser
Vorbild? Zuerst ist es Jesus. Von seinem Leben vor zweitausend Jahren wissen
wir nicht alles, aber doch einiges. Die Bibel vermittelt sehr wohl einen
Eindruck davon, wie er lebte.
Aber kann Jesus ein Vorbild
dafür sein, wenn es darum geht, die Zeit gut zu nutzen? Er hatte doch nicht
diesen Zeitdruck, der heute so bestimmend ist? Damals gab es nicht die vielen
Informationen, Sitzungen, Aufgaben, Terminanfragen – all das kannte er doch
gar nicht!
Beispiel Jesus
Nun, ich denke, es gibt dennoch
einiges, was wir von Jesus lernen können:
Jesus sagte von sich, dass er die Dinge tut, die er seinen Vater
tun sieht. Das heisst in der Umkehrung: Jesus tat nicht alles, was ihm möglich
war oder was sich gerade anbot. Zuerst fragte er seinen Vater im Himmel, weil
es ihm wichtig war, seinen Willen zu tun und ihm zu gefallen.
Jesus hatte immer wieder auch Zeiten der Stille und des
Alleinseins. Das gehörte zu seinem Leben, so wie es Teil seines Lebens war,
dass er umherzog, lehrte und Menschen heilte.
Jesus liess sich auf die Menschen ein. Man könnte dazu einwenden:
«Na ja, das war ja auch Teil seines Dienstes.» Das stimmt. Und dennoch ist zu
erkennen, dass Jesus sich immer wieder Zeit für Gespräche und Begegnungen
nimmt. Er hätte im Blick auf Effizienz auch sagen können: «Ich mache lieber
noch ein Teaching, damit kann ich mehr Leute erreichen.» Doch um die schiere
Zahl ging es ihm wohl nicht, sonst hätte er sich auch mehr als zwölf engere Mitarbeiter
gesucht.
Was lässt sich daraus lernen?
Ein gesunder Wechsel von Arbeit und
Pause, von Anspannung und Entspannung ist wichtig. Manche haben fast
verlernt, sich zu entspannen. Sie schauen in ihrer Freizeit Filme,
surfen im Internet, halten sich in sozialen Medien auf... – doch das ist
nur bedingt entspannend. Zu einer wirklich guten Entspannung gehören auch
Bewegung, echte Lebenseindrücke (Natur, Menschen…) und Inspiration
beziehungsweise Anregung sowie Kreativität.
Ein Tag braucht einen guten Rhythmus,
nicht nur von Arbeit und Ruhe, sondern auch genügend Schlaf oder auch
Gewohnheiten, wie wir einen Tag beginnen und beenden. So ein Rhythmus hilft dem
Körper und der Seele, aktiviert Widerstandskraft und ist die Basis für
Gesundheit.
Zeit richtig nutzen – Das meint auch, ein Bewusstsein
dafür haben, dass es für bestimmte Dinge oft auch günstige Zeitpunkte braucht,
die man meist nicht selbst in der Hand hat, aber die man erkennen kann.
Und schliesslich: Es geht nicht darum,
möglichst viel zu tun, sondern das Richtige zu tun. Das nimmt viel Druck und
Stress!