Einladung zur Gottesbegegnung

Buch «Willkommen im Vaterhaus»: Zwischen hilfreich und banal

Es gibt viele Bücher übers Beten. Jetzt hat Matthias Hoffmann ein weiteres geschrieben: «Willkommen im Vaterhaus. Dein Schlüssel zum Herzen Gottes». Tatsächlich scheint Hoffmann bei vielen Leserinnen und Lesern damit einen Nerv zu treffen. Aber ist das Buch über die damit verknüpfte Vaterherz-Bewegung hinaus auch für andere relevant? Teilweise.
Vater und Kind geniessen die Zeit zusammen
Matthias Hoffmann
Cover «Willkommen im Vaterhaus»

«Ich sitze da und bete. Auf einmal sehe ich vor meinem inneren Auge, wie ich einen grossen weissen Korridor entlanggehe. Es sieht aus wie in einem Schloss. Alles ist weiss gestrichen: die Wände, die Fensterrahmen und auch die vielen Türen, die von diesem Flur abzweigen. Ich gehe von einem Raum in den nächsten. Flügeltüren öffnen sich, neue Räume tun sich auf. Alles atmet Weite und grenzenlose Möglichkeiten. Ich kenne mich hier zwar nicht aus, aber das macht mir keine Angst. Es fühlt sich eher nach einem Abenteuer an…» So beginnt das Buch von Matthias Hoffmann.

«What you see...»

«What you see is what you get» – Du erhältst das, was du siehst. Das war früher ein Slogan aus der Computerbranche. Er gilt ganz klar auch für dieses Buch. Sein Autor, Matthias Hoffmann, ist Teil des Netzwerks «Vaterherz bewegt». Die Idee hinter diesem Verein ist einerseits die persönliche Begegnung aller Beteiligten mit Gottes Vaterliebe, andererseits die Vision davon, dass die heutige Pfingstbewegung «einen neuen Zugang zur Realität des Heiligen Geistes» schafft. «Jetzt ist Abba-Vater dran! Jetzt ist Vater-Zeit!»

Wer mit den einleitenden Sätzen des Buches warm wird bzw. diese Vision mitträgt, wird sicher einiges an Gewinn aus dem Buch ziehen.

Einseitig – in jedem Sinne

«Willkommen im Vaterhaus» ist in jeder Hinsicht einseitig. Das Buch ist inhaltlich völlig fokussiert. Alles darin ist auf die Erfahrung ausgerichtet, dass Gott als Vater («Abba») für uns als Menschen da und nah ist, erreichbar und greifbar, und dass er «Leben absolut bereichert und nachhaltig zum Positiven verändert» (Seite 46).

Diese Stärke ist auch gleichzeitig die Schwäche des Buchs. Denn Gebet ist natürlich viel mehr als diese Begegnung mit Gott als Vater. Die Bibel beschreibt darüber hinaus Klagen, Fragen, Anbetung, Bitten und etliche andere Formen des Gebets. Sie haben hier keinen Raum. Tatsächlich geht es hier ausschliesslich darum, Gott als Vater zu begreifen und zu feiern.

«Ich habs gefunden»

Auf den ersten Blick sieht das Buch wie ein Arbeitsbuch aus. Immer wieder gibt es Fragen und Gesprächsanregungen für einzelne Leser genauso wie für Kleingruppen. Doch es sind nur teilweise offene Fragen, die den Text erschliessen. Stattdessen geht es oft darum, Sachverhalte abzuklären: «Bist Du auch so durstig und hungrig nach dem wahren Leben in Gott?» (Seite 23).

In immer wieder anderen Formulierungen beherrscht die Aussage des Autors das Buch: Ich bete dafür und wünsche mir, dass du findest, was ich gefunden habe. Einerseits ist dies der legitime Wunsch eines Schreibers, der seine Leserinnen und Leser zu den eigenen Erfahrungen mitnehmen möchte, andererseits kann dieses Sendungsbewusstsein auch als nervig empfunden werden. «Vielleicht brauchen wir etwas Nachhilfe von Jesus und noch etwas mehr göttliche Inspiration und Offenbarung, um zu erkennen: Die ganze Bibel hat eigentlich nur ein Thema – und das ist: Jesus» (Seite 47).

Was der eine als herablassend und platt empfindet, mag für den anderen hilfreich und türöffnend sein. Allerdings bleibt das Buch trotz seines Praxisanspruchs relativ allgemein. Zwar formuliert Hoffmann an mehreren Stellen, wie er durch mindestens «fünf Mega-Krisen» (Seite 92) ging, doch was das konkret war, bleibt einfach offen. Der Weg zu Gott scheint bei ihm – im Gegensatz zu vielen anderen Menschen – kurz und schnell zu bleiben. So fühlt er den Impuls, mitten in seinen Problemen zu danken, tut es und «ehe ich mich versah, waren Stunden vergangen, in denen ich Gott tausendfach danken konnte für Grosses und Kleines» (Seite 130). Diese übergangslose Veränderung mag für manche Leserinnen und Leser ermutigend wirken, andere werden sich eher fragen, was ihr Alltag mit diesen «Vaterhaus»-Erfahrungen zu tun hat.

Wer sollte dieses Buch lesen?

192 Seiten ist «Willkommen im Vaterhaus» stark. Darin erfahren Leserinnen und Leser einiges vom Anspruch des Autors, dass Gott ihnen als Abba, als Papa begegnen möchte. Man hört Matthias Hoffmann dabei geradezu auf der Kanzel stehen, denn von der Sprache her ist das Ganze eher charismatisch-fromm statt allgemeinverständlich. Wenn der Autor das «Vaterunser» als unzeitgemäss abtut und im gleichen Atemzug vom «Abba-Papa-Gebet» erzählt, spricht das schon Bände…

Gleichzeitig trifft Hoffmann mit seinem Ansatz wohl bei vielen Christen einen Nerv. Es ist ein bisschen wie bei dem Buch «Die Hütte» von William Paul Young: Wer sich in einer ähnlichen Situation befindet, mag völlig begeistert sein von diesem Buch. Andere sehen eher die inhaltlichen Defizite, die Redundanz oder die eben nicht so qualifizierte Bibelauslegung.

Was bleibt ist ein Buch, das durchaus hilfreich sein kann. Das im einen oder anderen Fall auch genau in die eigene Situation passen mag. Und von dem man ansonsten völlig zu recht sagt: Ich habe schon ein Buch übers Beten. Das reicht.

Hier kommen Sie zum Buch:
«Willkommen im Vaterhaus»

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Datum: 19.09.2019
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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