«Aberwitziger Tausch»

Welterlöser gegen Luxusjacht

Das Leonardo da Vinci zugeschriebene Christus-Bild «Salvator Mundi» wurde vom saudischen Kronprinzen für den Rekordpreis von 450 Millionen Dollar ersteigert. Nach heftiger interner Kritik hat er daraufhin den Welterlöser offenbar gegen die achtgrösste Luxusjacht der Welt eingetauscht.
Mit 147 Meter Länge ist die Topaz die achtgrösste Jacht der Welt.
Salvador mundi (Leonardo da Vinci)

Der Blick verschleiert, die Finger segnend gekreuzt und die Locken sorgfältig onduliert: so hat sich Leonardo da Vinci (oder ein Schüler von ihm) Jesus vorgestellt. Das 65,6 × 45,4 cm grosse Gemälde ist mit Ölfarben auf einer Walnussholztafel gemalt. «Salvator Mundi» (Erlöser der Welt) hat der Maler sein Meisterwerk benannt. Das Bild wurde weltweit bekannt, nachdem es 2017 durch das Auktionshaus Christie's für 450 Millionen Dollar verkauft wurde und damit zum teuersten jemals versteigerten Kunstwerk avancierte. Noch nie war ein altes Kunstwerk vorher für mehr als 76 Millionen Dollar verkauft worden.

In Saudi-Arabien nicht willkommen

Wie die Zeitung «Handelsblatt» jetzt aufdeckte, war das Bild vom saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (MBS) ersteigert worden – dem gleichen Saudi-Herrscher, der jetzt nach dem Mord am Journalisten Jamal Kashoggi scharf in die internationale Kritik geriet. Der Vertreter bin Salmans und ein Agent des Königshauses von Abu Dhabi hatten – in der Meinung, der Gegenpart sei das Königshaus von Katar – den Preis gegenseitig in die Höhe getrieben, bis der saudische Kronprinz den Zuschlag erhielt.

Nachdem bekanntgeworden sei, dass Mohammed bin Salman das Bild ersteigert hatte, erntete er offenbar heftige Kritik aus seinem Umfeld. «Das Motiv des christlichen Erlösers überschritt im streng islamischen Saudi-Arabien die Toleranzgrenzen», so das «Handelsblatt».

Luxusjacht ist problemloser

So tauschte MBS den überteuerten «Welterlöser» gegen ein «allgemein akzeptiertes Statussymbol unter Superreichen» – die Luxusjacht «Topaz» aus der königlichen Flotte der Familie von bin Zayed. Die Topaz ist mit 147 Meter Länge die achtgrösste Jacht der Welt. Sie war 2012 in der Bremer Lürssen-Werft vom Stapel gelaufen. 26 Schlafzimmer können 52 Gäste beherbergen. Gym, Konferenzraum, Kino, mehrere Pools und zwei Helikopter-Landeplätze bieten jeden erdenklichen Luxus. Im Gegensatz zum «Salvator Mundi» ist die Herkunft der Luxusjacht jedenfalls problemloser. Denn das Gemälde wird von einigen Experten lediglich zu 20 Prozent Leonardo zugeschrieben, der Rest sei von einem Schüler gemalt.

Vom Ramschbild zum Millionenobjekt

Das Bild war 2005 von einem Kunstsachverständigen gefunden worden, zuvor hatte es in einem privaten Treppenhaus gehangen. Das Bild war dilettantisch übermalt worden. Als Stück für Stück die übermalten Schichten abgetragen und das ursprüngliche Bild zutage trat, entstand bald der Verdacht, es könne ein Leonardo sein. Restauratorin Dianne Modestini arbeitete 6 Jahre am Kunstwerk, und die Kunstwelt geriet ausser Rand und Band. Der Preis für das Bild, das 1958 als Kopie galt und für 45 Pfund an einen Sammler verkauft wurde, schoss in Millionenhöhen.

Im Jahr 2017 beschloss das Auktionshaus Christie's, das Bild auf Welttournee zu schicken. 27'000 Menschen standen in Hongkong, London, San Francisco und New York Schlange, um den «Salvator Mundi» zu sehen. Als das Bild schliesslich am 15. November zur Versteigerung kam, lag der bisherige Rekord für ein Altmeister-Gemälde bei 76,7 Millionen Dollar. Nur neuere Gemälde hatten bis dahin die Schallgrenze von 100 Millionen durchbrochen. «19 Minuten nachdem der Christie's-Chef Jussi Pylkkanen das Gemälde `Lot 9 B` aufgerufen hatte, endete die Auktion bei 400 Millionen Dollar. Eine Sensation», schreibt «Stern». Nach sechs Jahren Restauration ist der Preis des Bildes um das 40'000fache gestiegen.

Welterlöser im Prestigemuseum

Der «Salvator Mundi» ging also – mit dem Umweg über Saudi-Arabien – nach Abu Dhabi, wo er künftig im «Louvre Abu Dhabi» hängen wird. Das Emirat hatte 2007 dem Louvre Paris für eine Milliarde Dollar das Recht abgekauft, dass sein Museum den prestigeträchtigen Namen für 30 Jahre tragen darf. Die Präsentation des Gemäldes, die für September vorgesehen war, wurde allerdings auf unbestimmte Zeit verschoben. Der Welterlöser hört offenbar selbst in gemalter Form nicht auf, für Spannung zu sorgen.  

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Datum: 06.11.2018
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Handelsblatt / idea Deutschland

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