Das «Rein in die Schublade»-Treffen mit Regula Lehmann, Marc Jost und Dorothea Gebauer. (Bild: zVg)
«Wir müssen reden!», sagte ein Team um den Pastor Paul Bruderer und lud dazu ein, miteinander Hirn und Herz zu teilen. Im ersten Treffen ging es um Prioritäten, Toleranz und Gottes Anliegen in der Kommunikation.
Biblische Wahrheiten sind
nicht leicht zu schlucken. Vor allem dann, wenn der Zeitgeist ganz anderer
Meinung ist. Wie kommuniziert man beispielsweise Themen der Sexualethik als
Ausdruck des jüdisch-christlichen Weltbilds so, dass sie als «Better
Story» gehört werden, ohne falsche Kompromisse zu machen? Das treibt Paul Bruderer,
Leiter der Chrischonagemeinde Frauenfeld und Blogger auf DanielOption.ch, schon
länger um. Zunächst ging er informell mit anderen ins Gespräch. Wegen regen
Interesses wurde daraus am vergangenen 8. Januar ein Anlass mit über 40 Leitungspersonen unter dem Thema «Rein in die Schublade», an dem es darum
ging, wie man als Leib Jesu die Kommunikation von morgen gestalten kann.
Wach sein für Gottes Anliegen
Die Referenten tauschen über eine wirkungsvolle Kommunikation aus.
Regula Lehmann, Projektleiterin,
Autorin und Familienfrau, erzählte dabei, wie Gott sie fragte, ob sie bereit sei, den
Mund für Themen aufzutun, die sie immer wieder mal zur «Ruhestörerin»
machen. Statt sich «links» oder «rechts» zu verorten, sucht
sie ein plausibles «sowohl aus auch». «Ich engagiere mich für den Lebensschutz
und gegen die Todesstrafe, für eine saubere Innenwelt als auch für den
Umweltschutz.» Jenseits von allen Schubladen gelte es, wach zu sein für Gottes
Anliegen. «Zum Beispiel mit der Frage, welchen Jesus wir gemeinsam
verkündigen. Von dieser Frage her klären sich viele andere Themen», ist Lehmann
überzeugt.
Marc Jost, Generalsekretär
der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA), gab Einblick in eine positive
Erfahrung mit den Massenmedien. Am Beispiel einer Anfrage der NZZ zur
Homosexualität seines Vaters zeigte er, wie eine gute Vorbereitung auf ein
Mediengespräch sich auszahlt. Für die Zuhörer interessant war der Einblick in
die Kommunikationsstrategie der SEA. So wird auf oberster Ebene festgelegt,
welche Themen 2021 aktiv kommuniziert werden sollen – wie zum Beispiel «Ganzheitliche Mission» – und bei welchen man sich bloss auf Anfragen
vorbereitet. Diese Art der bewussten Priorisierung gehört zu einer guten
Kommunikationsstrategie, so Jost.
Toleranz, Streit und Einheit
Dorothea Gebauer,
Kommunikationsberaterin, bedauerte, wie sehr wir aktuelle Rationalität und das
gute Argument verlieren. Um nicht oder plötzlich dem links- oder
rechtspopulistischen Lager zugeordnet zu werden, helfe eine sogenannte
Ambiguitätstoleranz, also Ungewissheitstoleranz zu erwerben und
unterschiedliche Haltungen zu «erdulden». Sie ermutigte die Pastoren, ihre
Kanzel ins Digitale zu verlegen und nannte Beispiele und Namen, wo das gelingt.
Wo Menschen nicht nur predigen, sondern eine grosse Community um sich zu
versammeln.
Für Johannes
Sieber, Studienleiter des «International Seminary of
Theology and Leadership» (ISTL),
geht die Diskussion nicht weit genug. Am Ende müsse man beantworten, wofür man
bereit sei, «sein Leben zu lassen». Ein Pastor beklagte, wie das Anliegen der
Einheit durchzusetzen sei, wenn man schon in der Ortsgemeinde sich über viel
Kleinkram streitet. Wie findet man zu einer gemeinsamen Agenda? «Würdevoll
sterben?» «Hoffnung inmitten der Pandemie?» Es lohne, auf die Bedürfnisse
der Gesellschaft zu hören, um ihr zu dienen.
Die ambitionierte und gut
moderierte Gesprächsrunde machte deutlich: Wir müssen reden, damit die «Better
Story» der Bibel gehört wird. Das Fazit: Der Anlass war ein gelungener
Auftakt dazu. Es braucht mehr solcher Treffen.
Von mir aus gesehen müssen wir uns mehr an Jesus Christus orientieren. Das heisst, von Gott her Gnade und Wahrheit vermitteln, ohne Anbiederung und ohne Angst, aber so, dass jeder, der die Wahrheit erkennen will, diese auch verstehen kann. Wenn unser Herz nicht durch Liebe zu Gott und Liebe zum Nächsten motiviert ist, nützen alle gutgemeinten Strategien nichts. Es scheint mir eine Quadratur des Kreises zu sein, das Evangelium zu sagen und nicht anzuecken. Wer das nicht in Kauf nehmen will, wird einen anderen Jesus und ein anderes Evangelium verkünden und scheitern. Gott schenke uns Einsicht und Opferbereitschaft.
Kommentare