Lehrgang zur Konfliktberatung

«Friede ist nicht weich und kuschelig, sondern harte Arbeit»

Das Bildungszentrum Bienenberg bietet neu einen Lehrgang zur Konfliktberatung an. In diesem soll eine sogenannte Konflikt-Transformation gelernt werden, also wie ein Konflikt konstruktiv ausgetragen werden kann. «
Marcus Weiand

Als friedenskirchliches Bildungszentrum ist es uns wichtig, die Themen Frieden und Konflikt biblisch-theologisch zu verankern», betont Marcus Weiand, Leiter der Bienenberg-Fachstelle «ComPax» im Interview mit Livenet.Livenet: Marcus Weiand, das Bildungszentrum Bienenberg bietet eine neue Weiterbildung betreffend Konfliktberatung an. Was steckt hinter diesem Angebot?
Marcus Weiand
: Wir sind der Überzeugung, dass Konflikte etwas Normales sind, sie sind sogar notwendig, um positive Veränderungen zu bewirken, persönlich zu wachsen und geistlich zu reifen. Die Kernfrage ist allerdings: Tragen wir Konflikte konstruktiv oder destruktiv aus? Bei «ComPax» setzen wir uns dafür ein, dass Menschen sich im Konflikt konstruktiv verhalten und sich so der Frieden Gottes, der Schalom Gottes, ausbreiten kann. Die Fortbildung Konfliktberater/Konfliktberaterin soll dies fördern. Als friedenskirchliches Bildungszentrum ist es uns wichtig, die Themen Frieden und Konflikt biblisch-theologisch zu verankern. Wir wünschen uns, dass Einzelpersonen, Gruppen und ganze Gemeinden in Konflikten ihren Friedensauftrag nicht vergessen.

Sie arbeiten mit der Universität Freiburg zusammen. Wie kam es dazu?
Der Kontakt mit Walter Dürr vom Studienzentrum für Glaube und Gesellschaft an der Uni Fribourg hat uns mit der Uni als Ganzes zusammengebracht. Wir sind sehr froh, dass wir im Studienzentrum, aber dann vor allem auch in der theologischen Fakultät mit Professor Delgado hervorragende Unterstützer und Partner gewinnen konnten. Das Fortbildungsangebot wird jetzt von der Uni Fribourg kontrolliert und sie verleiht auch das Zertifikat «Certificate of Advanced Studies».

Für welche Personen ist dieses Bildungsangebot gedacht?
Wir haben besonders Menschen im Blick, die Leitungs- respektive Führungsverantwortung haben. Also Menschen, die mit Menschen zu tun haben und so unweigerlich auch mit der Frage nach dem Umgang mit Konflikten. Die Ausbildung zum Konfliktberater resp. zur Konfliktberaterin soll dazu befähigen, einerseits selbst im eigenen Umfeld mit Konflikten konstruktiv umzugehen, aber anderseits auch andere darin anzuleiten. Das kann in Kirche und Gemeinde sein, in Organisationen, in Unternehmen – eben überall dort, wo Menschen aufeinandertreffen.

Bisher haben wir einen leichten Überhang bei Personen aus den Kirchen – was wegen unserer theologischen Ausrichtung nicht verwunderlich ist. Wir freuen uns natürlich, dass auch Teilnehmende aus anderen Bereichen dabei sind, mit dem Ziel, in einem nicht spezifisch christlichen Umfeld mit christlichen Überzeugungen Konflikte zu bearbeiten.

Wie sieht der biblisch-theologische Beitrag zur Friedenskultur aus?
Ich stocke etwas bei der Frage. Für uns beschreibt der Frieden Gottes oder besser gesagt der Schalom Gottes das Kernprojekt Gottes: Verkürzt gesagt bedeutet das, dass es Gottes Ziel ist, Frieden zwischen Mensch und Gott und Frieden unter den Menschen herzustellen. Deshalb ist für uns Nachfolge auch gleichzeitig Friedenskultur.

Biblische Theologie zielt auf eine Friedenskultur, wie sie uns zum Beispiel in der Bergpredigt vor Augen geführt wird und wie sie sich durch die ganze Bibel zieht. Frieden ist dabei nichts «Weiches» oder «Kuscheliges». Es ist harte Arbeit, erfordert Mut und Leidensbereitschaft. Es ist Nachfolge Jesu, der als Friedefürst gekreuzigt wurde. Biblische Theologie gibt also nicht nur einen Beitrag, sondern sie ist das Wesen der Friedenskultur. 

Wo können Absolventen dieses Lehrgangs eingesetzt werden?
Zunächst erwarten wir, dass sie in ihren bisherigen Wirkungsfeldern auf neue Art mit Konflikten umgehen und in der eigenen Gemeinde oder Organisation andere in Konflikten unterstützen und beraten. So ist es möglich, dass nach und nach eine Kultur des Friedens gefördert wird. Die Weiterbildung ist keine Berufsausbildung. 

Was sind die Schwerpunkte, die vermittelt werden?
Wir wollen einen Bogen spannen von gesellschaftlichen Themen wie:
- Frieden und Religionen: Wo liegen die Ressourcen und Gefährdungen?
- Konflikt und Migration: heisse Themen sind hier kulturelle Unterschiede, soziale Ungerechtigkeiten, gesellschaftliche Auswirkungen, und so weiter
- Fragen auf Organisationsebene
- Resiliente Organisationen: was macht eine gesunde Widerstandsfähigkeit einer Organisation aus?
- Konfliktmanagement-Systeme: Wie moderiert man schwierige Entscheidungsprozesse?
- Mediation: wie vermittelt man bei Interessenskonflikten oder wenn Ungerechtigkeiten und Vergehen vorliegen? Wie kann man dann Schritte gehen?
– Wie verhalte ich mich am besten selbst in Konflikten? Hier geht es um die Frage der Selbstführung in Konflikten. Die Grundlage von all dem bilden (friedens-)theologische Überlegungen.

Gibt es Institutionen, die signalisiert haben, ihre Mitarbeiter zu Ihnen in den Lehrgang zu senden oder gibt es andere Zusammenarbeiten?
Wir haben Teilnehmende aus verschiedenen Bereichen – allerdings hat noch keine Organisation oder Kirche gesagt: Unsere Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen werden zu dem Kurs geschickt. Das würde uns natürlich freuen. In Zusammenarbeit mit der Akademie für Weltmission in Korntal in Deutschland haben wir einen Kurs aufgegleist, der eine ähnliche Grundstruktur und dieselben Ziele hat. Es ist die «Weiterbildung Konfliktmoderation». Wir sind natürlich offen für weitere Kooperationen und würden uns freuen, wenn unsere Schulungen dazu beitragen, dass Menschen durch ihre Haltung in kleinen und grossen Konflikten als Nachfolger Jesu erkannt werden, Licht und Salz in dieser Welt sind und Gottes Frieden in eine von destruktiven Konflikten durchzogene Welt hineinbringen.

Zur Webseite:
Bildungszentrum Bienenberg

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Datum: 13.07.2018
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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