Ruedi Lustenberger:

«Die Diskussion über die Nationalhymne ärgert mich»

Seine Grussbotschaft am ökumenischen Bettags-Gottesdienst in Langnau i.E. stellte Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger unter das Thema «Dankbarkeit». Dankbar ist der Entlebucher für vieles in der Schweiz – auch für die Nationalhymne. Die Diskussion um einen möglichen neuen Schweizerpsalm kann der politisch höchste Schweizer nicht verstehen.
Ein Chor aus Oschersleben DE sang die Nationalhymne in Langnau – sehr zur Freude des Nationalratspräsidenten (mit Krawatte).
Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger bei seinem Grusswort.
Die katholische Gemeindeleiterin Annelise Camenzind.

Schon während seiner Ansprache am ökumenischen Gottesdienst in der reformierten Kirche Langnau bringt der Nationalratspräsident seine Liebe zum Schweizerpsalm zum Ausdruck: «Unser patriotisches Gebet ist nicht gerade leicht zu singen, aber der Text ist eine wunderbare Ode an den Herrgott», schwärmt Ruedi Lustenberger. Er sei sicher, dass auch der grösste Teil der Bevölkerung den Schweizerpsalm positiv empfinde. Die Hymne propagiere keine Gewalt, sondern die Liebe zum Schöpfer zu Heimat und Vaterland, sagte der höchste Schweizer in seiner offiziellen Grussbotschaft zum Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag 2014.

«Der Herrgott hats gut gemeint mit mir»

Als nach dem Gottesdienst beim Apéro im Kirchgemeindehaus ein Chor aus Oschersleben (Sachsen-Anhalt) die vier Strophen der Landeshymne anstimmt, ist Lustenberger sichtlich bewegt. «Ein Chor aus Deutschland singt uns Eidgenossinnen und Eidgenossen den Schweizerpsalm. Da frage ich mich schon ein wenig, ob die Diskussion über eine mögliche neue Hymne überhaupt notwendig ist.»

Der 64-jährige Schreinermeister aus dem Entlebuch, der sich selbst gerne als «modernen Patrioten» bezeichnet, steht dazu, dass ihn Angriffe auf die traditionellen Werte der Schweiz ärgern. In einem Interview mit «ideaSpektrum» zu Beginn seiner Amtszeit als höchster Schweizer verteidigte er auch das Schweizerkreuz, die Präambel der Bundesverfassung («Im Namen Gottes des Allmächtigen…») und den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag: «Einen Tag ruhiger werden, in einer Kirche oder in der Natur an den Schöpfer denken und bewusst danken, das kann uns nicht schaden. Wenn ich hie und da im Ausland bin – ich war letztes Jahr zum Beispiel im Kosovo –, dann denke ich bei der Heimkehr jeweils: 'Der Herrgott hats gut gemeint mit mir, dass ich hier geboren wurde und hier leben darf.'»

Ökumenische Zusammenarbeit in Langnau beispielhaft

Es ist auch in der Schweiz noch ein seltenes Ereignis, wenn Katholiken und Protestanten gemeinsam, Seite an Seite, das Abendmahl feiern. In Langnau war dies am Bettag möglich. «Wir feiern das, was uns verbindet», sagt die katholische Gemeindeleiterin Annelise Camenzind. «Wir feiern Christus, der uns alle an seinen Tisch einlädt. So lassen wir uns auf den Gott ein, der Mensch wurde, um uns nahe zu kommen.» Hermann Kocher, der reformierte Pfarrer von Langnau, freut es, dass dieses freundschaftliche Miteinander möglich ist. Die ökumenische Zusammenarbeit funktioniere sehr gut.

Annelise Camenzind gibt zu, dass sie sich an der Grenze des nach katholischen Kirchenverordnungen erlaubten bewege. Für sie gilt jedoch das Credo: «Das Seelenheil des Menschen steht im Vordergrund.»

Der Ehrengast am Gottesdienst im Emmental, Ruedi Lustenberger, selbst katholisch geprägt, erlebte den ökumenischen Geist sehr positiv. Langnau sei ein Beispiel dafür, wie man miteinander einen Weg finden kann, sagte der Nationalratspräsident und fügte mit einem Augenzwinkern an: «Das 'Bodenpersonal' hat manchmal etwas Mühe miteinander, aber am Ende haben wir alle den gleichen 'Chef'.»

Datum: 23.09.2014
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

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