(Er)Lösungsvorschläge

Die Kirche braucht wieder echte Begeisterung

Gegen die traurige Lustlosigkeit und Resignation in der Kirche bloggt der Zürcher Bahnhofpfarrer Roman Angst. In seinem neuesten Blog macht er der Kirche fünf «Erlösungsvorschläge».
Kirche
Roman Angst

Mehr Raum für Libido in der Kirche! Roman Angst eckt schon mit der Begriffswahl an, wenn er sein Anliegen präsentiert. Libido kommt aus der Schule von Kirchenkritiker Sigmund Freud und meint (sexuelle) Begehren, Wollust, Trieb und Masslosigkeit.

Roman Angst dazu: «Wenn ich von Libido und Kirche spreche, dann verstehe ich den Terminus Libido als kraftvolle und begeisternde Lust, in der Kirche zu gestalten, zu bauen, zu bewegen und zu ermöglichen zur Erbauung und Freude der Menschen und zum Lobe Gottes. Ich verstehe sie als eine lustvolle Haltung, von Visionen ausgehend, die ihren Anhalt im Erleben des Alltages, der Menschen, des Glaubens und der Bibel haben, Strategien zu planen und Ziele anzugehen. Kurzum, es ist damit ein Wirken und Werken in der Kirche in unserer Welt gemeint, das uns begeistert und lustvoll, selig mit Gott und seinen Kindern, unseren Geschwistern verbindet.»

Diese Art «Libido» ist der Kirche abhanden gekommen, das ist für den Zürcher Bahnhofpfarrer klar. «Die Fantasie, die üblichen Bilder, die üblichen Anreize und Strategien helfen und bewirken nichts mehr. Und blaue Pillen dagegen gibt es nicht.»

Vorurteile aus der Welt schaffen

Um mehr kraftvolle Lust und Begeisterung in die Kirche zurückzuholen, müssen laut Angst fünf Vorurteile auf den Kopf gestellt werden.

1. Wenn wir das tun, dann verlassen andere die Kirche! 
Roman Angst stellt dagegen: «Mit jeder Entscheidung gewinnen wir neue Menschen und grenzen andere aus.»

2. Wir müssen sparen!
 Der Pfarrer hält dem entgegen: «Noch nie waren die Ohren so offen für Sponsoring – halt auch mit Nennung der Sponsoren in Öffentlichkeit und kirchlichem Raum. Wer das gezielt und überlegt macht, muss sich nie ganz verkaufen! Da haben wir noch lange nicht alles ausgenutzt!»

3. Das bringen wir demokratisch nie durch! 
Auch das ist für den Blogger kein Hindernis: «Dann gilt es halt, strategisch zu denken. Wie müssen wir vorgehen, um an unser Ziel zu kommen. Welche Zwischenschritte sind zu machen? Wer braucht welche Informationen? Welche Meinungsbomben müssen wir scharf machen? Welche Opinionleader müssen wir gewinnen?»

4. Das ist theologisch nicht korrekt!
 Roman Angst hat aber auch erfahren: «Die Menschen ... haben ein gutes Gefühl für das, was Sinn macht, oder was man mal versuchen könnte. Mit der Kategorie der Liebe und Güte, die uns von Gott her geschenkt entgegenkommt, können wir über jede (theologische) Mauer springen.» Und: «Wer trotzdem viel Theologie will, der halte sich an den Satz des Paulus: 'Prüft aber alles, das Gute behaltet!'» (1. Thessalonicher, Kapitel 5, Vers 21).

5. Das hat nichts mit Kirche zu tun! 
Diesen Bedenken hält der Pfarrer den Satz entgegen: «Es gibt nichts, was nicht mit Kirche zu tun hat! Kommt her, erlebt und prüft!» Meistens seien es im Leben, in unserem Alltag die Umwege, die zum Ziel führen. Kirchliches Leben werde oft gerade dort spürbar, wo man es nicht vermutet habe.

Mit Gott über Mauern springen

Zusammenfassend appelliert Roman Angst an die Christen in der Kirche:
 «Entfernen wir bitte die Bremsen in unseren Köpfen, die Bremsen, die Kirchenrealität, Sparzwang, Theologie, Lustfeindlichkeit, Alltagswahnsinn und das «Nur-ja-niemanden-verärgern» in uns aufgebaut haben. Gehen wir wieder getrieben lustvoll, begeistert und begeisternd zur Sache! Lassen wir uns von Versuch und Irrtum leiten. Und das Lustvolle, das von uns Bestaunte und ganz Andere, das da sicher entsteht, das lasst uns behalten und weiterentwickeln. Überspringen wir wieder mit unserem Gott Mauern und entdecken im bisher Undenkbaren Mögliches und Erfüllendes.»

Roman Angst ist reformierter Pfarrer, Seelsorger, Ehe- und Familientherapeut, Coach und Supervisor. Sein Arbeitsplatz ist die Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich.

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Datum: 10.07.2013
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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