Indigene in Kanada (Bild: thecanadianencyclopedia.ca)
Papst Franziskus hat sich in Kanada vor Indigenen für
die Missetaten der Kirche in der Vergangenheit entschuldigt. Warum ist eine
Ent-Schuldigung so wichtig?
«Ich bin hier, weil der erste
Schritt meiner Buss-Pilgerreise zu Ihnen darin besteht, Sie um Vergebung zu
bitten, Ihnen zu sagen, dass es mir zutiefst leid tut», sagte der Papst auf
seiner Kanada-Reise am Montag zu einer Menschenmenge, unter der sich Tausende
von Ureinwohnern befanden. «Es tut mir leid, dass viele Christen die
kolonisierende Mentalität der Mächte unterstützt haben, die die indigenen
Völker unterdrückt haben.» Der Papst bat um Vergebung für die Rolle, die
Kirchenmitglieder «bei Projekten der kulturellen Zerstörung und der
Zwangsassimilation, die von den damaligen Regierungen gefördert wurden»,
gespielt haben.
Die Worte des Papstes wurden
von den Anwesenden, von denen viele traditionelle Kleidung und Insignien
trugen, mit Tränen und Schweigen aufgenommen. Auch der kanadische
Premierminister Justin Trudeau war bei der Versammlung anwesend.
Nur
der Startpunkt
Der Papst räumte auch ein,
dass eine Entschuldigung nicht genug ist. «Liebe Brüder und Schwestern, viele
von Ihnen und Ihren Vertretern haben erklärt, dass es mit der Bitte um
Verzeihung nicht getan ist. Dem stimme ich voll und ganz zu: Das ist nur der
erste Schritt, der Startpunkt.»
Die Worte des Papstes zeigen,
dass Schuld real ist. Und dass sie so lange die Beziehungen zwischen zwei
Parteien oder Personen oder Völkern belastet, bis sie ausgeräumt ist – bis die
Ent-Schuldigung stattfindet. Dann kann eine neue Phase der Beziehung beginnen,
die nicht von der Vergangenheit belastet ist.
Wiedergutmachung
Papst Franziskus
Viele rufen nun nach Wiedergutmachung oder Busse, die die katholische Kirche zahlen müsse – eine
natürliche Reaktion. Und es ist relativ leicht, mit dem Zeigefinger der
moralischen Entrüstung auf die katholische Kirche zu zeigen. Aber immer noch
zeigen dabei drei Finger zurück auf mich selbst. Wer zahlt die Busse und die Wiedergutmachung
für mein Leben? Wer «macht es wieder gut»? Letztlich ist moralische Schuld ja
nicht mit Geld bezahlbar.
Der
Sündenbock der Menschheit
Das Christentum ist nicht die
Religion der Moral, sondern der Vergebung. «Gott hat die Schuld von uns allen
auf Jesus gelegt» (Zitat Bibel) – Jesus von Nazareth wurde in seinem
freiwilligen Tod quasi der «Sündenbock» der ganzen Menschheit. Und die Gute
Nachricht ist eine einzige Einladung, diese grosse «Ent-Schuldigung» Gottes in
Anspruch zu nehmen. Wo Schuld nicht nur mit Worten, sondern durch ein
unvergleichlich wertvolles Opfer bezahlt ist, bleibt für uns nichts mehr übrig,
als es dankbar anzunehmen – auch ohne Pilgerreise, aber demütig und ehrlich.
Der
nötige erste Schritt
Und der Papst hat Recht: Ent-Schuldigung
ist der erste Schritt. Vergebung der Schuld ist der Anfang und der erste
Schritt zu einer neuen Beziehung zu Gott, zu Heilung und Wiederherstellung. Die
«Wieder-gut-Machung» unseres Lebens braucht Zeit, und Gott gibt uns die. Viele
Schritte werden und müssen folgen, denn ziemlich viel ist kaputt. Aber die
Basis ist gelegt, der Anfang ist gemacht, und der Weg in eine neue Zukunft ist
offen.