Die gegenwärtige
Situation hat für viele die Frage neu aufflammen lassen: Kann bzw. könnte der
Allmächtige den Krieg nicht einfach beenden, quasi per Fingerschnipsen? Ist er
nicht allmächtig? Die Frage geht tiefer, als wir zuerst meinen…
Gott, der Allmächtige? Viele unserer Zeitgenossen haben sich
von ihm verabschiedet – von dem Gott, der wie ein ferner Manipulator alles
lenkt, steuert und beeinflusst. Von dem, der alles kann und wo man nie weiss,
wo er seine Allmacht auch anwendet. Zu viel Schlimmes passiert in der Welt.
«Wenn Gott allmächtig ist und das Böse nicht verhindert, dann ist er entweder
ein herzloser Tyrann – oder eben nicht allmächtig», sagte mir ein Bekannter
neulich. Recht hat er.
Die erste Variante fällt weg – nach all dem, was die Bibel
berichtet und was Menschen in allen Jahrhunderten bis heute erleben. Gott ist
KEIN Tyrann und nicht herzlos, sondern Vater und liebevoll.
Gilt dann die zweite Alternative? Ist Gott nicht allmächtig?
Der freiwillige
Verzicht
Mehrere Gedankenstränge der Bibel deuten wirklich an, dass
der «Allmächtige» – in der absoluten Form – so nicht existiert.
Einige
Hinweise:
Als Gott Menschen «in seinem Bilde» schuf, kreierte
er sie mit einem Willen und der Freiheit, Ja und Nein zu sagen. Das bedeutet:
Gott hat seine umfassende Allmacht bereits eingeschränkt, als auf einmal
Menschen da waren, die er ja selbst mit Entscheidungsfreiheit schuf, und zwar
für oder gegen ihn. Leider ging die Entscheidung in die zweite Richtung. Das
Böse in der Welt ist der Beweis: Menschen entscheiden sich bis heute
millionenfach gegen diesen Gott, gegen das Gute und für das Böse. Und Gott
vernichtet sie nicht einfach, sondern achtet diese Entscheidung. Unser freier
Wille schränkt Gottes «Allmacht» ein.
Als Gott Mensch wurde, entleerte er sich der
meisten Fähigkeiten. Jesus verzichtete auf die übernatürlichen Fähigkeiten, die
Gott auszeichnen, und lebte ein normales Menschenleben in totaler Abhängigkeit
von seinem Vater.
Als Jesus am Kreuz hing, entschied er sich für
die äusserste Machtlosigkeit. Der Allmächtige liess sich hinrichten. Er griff
nicht ein. Er besiegte das Böse «von innen», indem er sich den Mächten des
Todes völlig hingab.
Ein Gott mit Gesicht
Der christliche Glaube ist nicht Glaube an einen totalitären
«Allmächtigen», der im Himmel hockt und tut, was er will. Sondern an einen
Schöpfer, der Herz hat, der sich seinen Menschen zuwendet und den wir «Vater»
nennen dürfen. Einer der bewegendsten Verse der Bibel findet sich in den
Sprüchen (Kapitel 23, Vers 26): «Gib mir, mein Sohn, dein Herz und lass dir
meine Wege gefallen.» Hier spricht nicht ein Allmächtiger, der über uns verfügt
und uns wie Marionetten manipuliert. Hier spricht ein Liebender, der wirbt.
Jeder Mann, der schon mal um eine Frau geworben hat, weiss, wie das mit Zittern
und Hoffen und Bangen verbunden ist. Liebe kann einfach nicht manipulieren. Der
Ausgang ist offen.
Die ganze Bibel macht deutlich: Die uns zugewandte Seite
Gottes hat ein Gesicht und einen Namen, nämlich Jesus. Wer Gott auch nur
irgendwie verstehen will, kommt an Jesus nicht vorbei. Und uns gegenüber wird
sein Handeln nicht vor allem durch seine Allmacht, sondern durch seine Liebe
und seine Gerechtigkeit bestimmt.
Reaktion «Glauben»
Unsere Antwort auf dieses liebende Werben Gottes nennen wir
«Glauben». Eigentlich: «Ich entscheide mich, mich diesem Gott anzuvertrauen und
Jesus nachzufolgen.» Egal ob katholisch,
reformiert oder was auch sonst: allein durch Glauben. Wir können ihn durch
unsere guten Taten nicht beeindrucken, aber unser Herz, danach sehnt er sich. Der
Allmächtige ist auf unsere Ebene herabgekommen und hat alles getan, uns in
Liebe für sich zu gewinnen. Denn dafür sind wir geschaffen.
Und hier schliesst sich der Kreis. Wer auf diese Liebe
Gottes antwortet, erlebt den «relativ Allmächtigen» auf vielfältige,
wunder-bare und übernatürlich kraftvolle Art. Dazu gehört auch, dass er
«Menschenherzen lenkt wie Wasserbäche» (Psalm 33, Vers 15). Aber er spielt seine
Allmacht nie aus, sondern kanalisiert sie immer in Liebe.