Mit
einem gutgelegenen Haus hatte Anna Wechsler eine Aufgabe gefunden. Ihr Herz
brennt für Gastfreundschaft, wodurch sie auch ihrem Glauben Ausdruck verleihen
kann.
Schwarzsee (FR) mit dem bekannten gleichnamigen
Bergsee ist ein schönes Wandergebiet und im Winter ist das (kleine) Skigebiet
in den Freiburger Voralpen ein beliebtes Ferienziel. Hier, an wunderschöner
Lage und mit freier Sicht auf den See, befindet sich «Anna’s Bed&Breakfast».
Ein Haus wird zum Job
Menschen zu beherbergen, sei genau ihr Ding. Von
einem eigenen Bed&Breakfast hatte Anna Wechsler (50) aber nie geträumt, bis
sie und ihr Ehemann 2010 plötzlich die Möglichkeit hatten, ein grosses Haus als
Erbe anzunehmen. «Als wir das Haus besichtigten, hatten wir sofort das Gefühl,
dass man da etwas machen kann. Das Haus hätte ein Hotel sein können.» Es ist
nur 200 Meter vom Schwarzsee entfernt, hat eine gute Infrastruktur und bietet
eine malerische Aussicht.
Mit dieser Liegenschaft war die Frage nach
Annas weiteren beruflichen Schritten beantwortet. Ihre beiden Kinder waren
inzwischen eingeschult und Anna hatte Kapazität für Neues. «Ich bin eine
kontaktfreudige Person», beschreibt sich Anna. Sie ist gerne mit Menschen
unterwegs, hört gerne zu und pflegt Freundschaften.
Inspiration auf Reisen
Anna Wechsler (Bild: zVg)
Anna liebt es, die Welt zu bereisen. «Auf unseren
Reisen wurden für mich besonders die Menschen wertvoll, die ihr Haus für uns
geöffnet haben.» Wenn Reisen mehr als das Abklappern von Destinationen sind,
sondern persönliche Begegnungen mit Menschen geschehen, ist das bereichernd.
2009 verbrachte Familie Wechsler knapp neun
Monate in Chile. «Mein Mann konnte Jahre zuvor Kontakte mit Freunden eines Kollegen
knüpfen und wir wussten, dass wir uns auf diese Menschen verlassen konnten.» Er
hatte sich schon lange gewünscht, einmal in einem anderen Land zu leben, und so reisten
sie als Familie nach Chile. Mit den dortigen Leuten entstand eine tiefe
Freundschaft. «Die erste Zeit verbrachten wir bei ihnen zu Hause – obwohl sie
uns anfänglich kaum kannten.»
Dieser Aufenthalt war prägend und die erfahrene Gastfreundschaft
inspirierend. Dass Anna, kurz nach der Rückkehr in die Schweiz, die
Möglichkeit erhalten sollte, selbst Gäste zu bewirten, war eine willkommene
Fügung.
Ein Job auf Mass
Als Anna vor vielen Jahren einen Gabentest machte,
zeigte dieser die Gastfreundschaft als latente Gabe an. Damals konnte sie nicht
viel damit anfangen, doch viele Jahre später sollte sich das Testergebnis als
zuverlässig erweisen. Heute fühlt sie sich für das Bed&Breakfast wie
geschaffen. Bei den fünf Zimmern mit insgesamt zwölf Betten stehen Gespräche mit
Gästen an der Tagesordnung. «Oft sitze ich mit jemandem am Tisch und beim Reden
haben wir plötzlich das Gefühl, einander schon ewig zu kennen.»
Das Bed&Breakfast hat eine Grösse, bei der es auch
mal Unterstützung braucht. In der Hauptsaison wird Anna punktuell von zwei
Studentinnen bei Reinigungsarbeiten sowie von einer Frau aus dem
Dorf unterstützt, die auch gerne fürs Zubereiten des Frühstücks einspringt. «Mein Wunsch
ist, dass Gäste eine Umarmung Gottes spüren können.» Sie ist begeistert von
Gottes bedingungsloser Liebe, die allen Menschen gilt. Von dieser Liebe ist
Anna persönlich berührt und möchte deshalb auch ihrerseits Akzeptanz und
Annahme ausdrücken.
Persönlich und familiär
Ein kleines Bed&Breakfast ist ein persönlicher
Gastbetrieb. «Wir sind ganz anders als ein grosses, anonymes Hotel.» Die Gäste
kommen meistens zum Wandern oder Ausspannen, andere brauchen einfach einen
Tapetenwechsel. Es kommen Jugendliche, Familien und auch Senioren – und dies
aus unterschiedlichstem Hintergrund.
Anna selbst ist kein polarisierender Typ. «Das
Akzeptieren von Menschen und Meinungen ist mir wichtiger, als jemanden von
etwas zu überzeugen.» Nur selten hatte sie Gäste, die mit ausgeprägten
Meinungen hitzige Diskussionen führten. Es ist dann Annas Art, aufkommende
Spannungen mit Humor zu entschärfen, und sie ist dankbar, dass dies meistens
auch gelingt. «Meine Gäste sind grundsätzlich angenehme Leute. Ich habe kaum
mühsame Gäste.» Über positive Rückmeldungen freut sie sich immer.
Für Gäste da sein
Folgender Spruch aus einem Kalender mit irischen
Segenssprüchen begleitet Anna schon länger: «Möge dir stets bewusst sein, dass
es immer zwei Dinge sind, die den Hunger eines Menschen stillen: eine Scheibe
Brot und ein gutes Wort.»
Unmöglich kann Anna ihren Gästen jeden Wunsch von
den Augen ablesen und dann auch noch erfüllen. Sie ist aber bemüht, ihren
Möglichkeiten entsprechend Gutes zu tun. Sei es ein veganes Frühstück
zuzubereiten oder jemanden zu einem Termin zu fahren. Das sind die (kleinen)
Zeichen der Liebe, die Anna gerne tut. «Dass Gott uns annimmt und wir diese
Annahme einfach empfangen dürfen, ist die grosse Botschaft des christlichen
Glaubens.» Diese Botschaft möchte Anna leben. Ganz praktisch. Durch
Gastfreundschaft kann sie ausdrücken, wofür ihr Herz brennt.