Katholischer geworden

Generation Y liebt traditionelle Formen der Kirche

Junge Christen der «Generation Y» überraschen in der katholischen Kirche mit einem Hang zu traditionellen Formen wie Mundkommunion, Beichte oder Knien beim Beten. Sie lösen damit eine gewisse Irritation aus. Der Jesuit und ehemalige Hochschulseelsorger Beat Altenbach versucht, das Phänomen zu erklären.
Jugendliche mögen die alten Rituale und werden auch gerne gesegnet.
Junge Ministranten knien mit Priester vor dem Altar.

Viele jugendliche Katholiken fallen durch ihre Vorliebe für traditionelle Messliturgie, Weihrauch und feierliche Gewänder auf. Dinge, die für Reformkatholiken, die sich auf das Zweite Vatikanische Konzil berufen, befremdlich wirken.

In einem Interview mit der Agentur kath.ch versucht der erfahrene Seelsorger Beat Altenbach, das Phänomen zu erklären. Er findet: «Die Jungen dieser Generation haben eine Sehnsucht nach authentischen, sinnlichen Erfahrungen. Das ist ein Grund, warum feierliche Liturgien mit Weihrauch und Gewändern für sie von Bedeutung sind.»

Sehnsucht nach Heimat...

Rituale schaffen ein Stück Heimat, lautet eine seiner Thesen. Gerade weil die Eucharistiefeier eine gewisse Sinnlichkeit und auch Ordnung aufweise – und überall auch im Ausland so erfahren werde, auch wenn die Worte nicht verstanden werden –, schafft sie ein Gefühl der Geborgenheit. Zudem wird mit dem Ritual auch die Sehnsucht nach dem Heiligen befriedigt, die nach Auffassung von Altenbach bei diesen jungen katholischen Gläubigen besonders ausgeprägt ist. Jugendliche und ihre Leiter im evangelischen Raum betonen demgegenüber mehr die Authentizität von Erfahrungen und Gemeinschaft, welche Jugendliche der Generation Y suchen.

...und authentischen Erfahrungen

Ohne konfessionellen Unterschied ist bei christlichen Jugendlichen die Suche nach echten Erfahrungen zu beobachten. Sie wachsen in einer Welt scheinbar unbegrenzter Wahlmöglichkeiten und Optionen auf. Das fördert die Suche nach Echtem, auch nach Menschen, die ein authentisches Glaubensleben aufweisen.

Laut Altenbach ist die Vorliebe nach traditionellen Formen bei jungen Katholiken aber nicht zwingend mit traditionellen Werthaltungen verbunden. Sie teilen auch nicht unbedingt die konservativen Werte der Kirchenleute. «Hinter der äusseren Ausdrucksform verbirgt sich durchaus eine Pluralität von Inhalten», so Altenbach. Personalisierung sei ja auch ein Kennzeichen der Generation Y.

Beichte wieder entdeckt

Den neuen Wunsch zur Beichte erklärt der Seelsorger so: «Diese jungen Leute haben die Beichte als einem Raum entdeckt, in dem sie ihre Anliegen und innere Not in einem geschützten Rahmen deponieren können und Zuspruch bekommen. Der Zuspruch und das Gesegnet-Werden sind für sie eine wichtige Erfahrung.»

Zur Irritation der Generation, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil geprägt ist, meint Altenbach: «Die Generation der Grosseltern hat Kirche noch als etwas Autoritäres erlebt, wo beispielsweise Normen von Klerikern aufgedrängt wurden. Mit dem Konzil kam dann die grosse Befreiung: Nun musste man nicht mehr beichten gehen und den Priester nicht mehr auf einen Protest stellen. Doch für die Jungen ist das nicht mehr der Fall, weil ihr Erfahrung von Kirche eine komplett andere ist.»

Freiheit für die Jungen

Altenbach plädiert dafür, den Jugendlichen die Freiheit zu lassen, wie sie ihren Glauben in der Kirche leben wollen. Er sagt: «Man braucht nicht alles gut zu finden. Mich berührt es auch komisch, wenn das Allerheiligste im Scheinwerferlicht in einer Monstranz hereingetragen wird. Gleichzeitig berührt mich die tiefe Sehnsucht und Freude, die ich dabei bei jungen Christen erlebe.»

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Datum: 21.07.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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