Verein «Projekt Bibelmuseum» gegründet

Unmittelbar neben der Universität Freiburg erhebt sich der mittelalterliche Heinrichsturm
Einzigartig zwischen Universität und Bahnhof gelegen, ist der Heinrichturm von vielen Seiten her sichtbar, aber seit Jahrzehnten ungenutzt.
Eine Skizze für die Dauerausstellung im Heinrichturm

Die Sammlung «altorientalischer Kleinkunst» mit rund 14 000 Objekten sollte im Thierryturm in Freiburg eine Bleibe finden. Doch für die Realisierung des «Bibel+Orientmuseum» fehlt noch das Geld. Ein Verein soll nun helfen, das Projekt von Professor Othmar Keel eines Tages doch noch zu realisieren.

Für Othmar Keel ist der Thierryturm (Heinrichturm) mit seiner Lage zwischen Bahnhof und Universität der ideale Ort für die Unterbringung aller Sammlungsobjekte.

Besitzerin des Thierryturms ist der Kanton Freiburg. Die Initianten haben vom Kanton die Zusage erhalten, diesen nutzen zu können. Ein entsprechendes Vorprojekt hat das Architekturatelier Manfred Schafer bereits ausgearbeitet. Doch für die Realisierung sind mindestens 10 Millionen erforderlich.

„Es braucht eine Familie, um einen Bau zu füllen“, sagte der Freiburger Alttestamentler Othmar Keel bei der Gründungsversammlung des Vereins "Projekt Bibel+Orient". Als erste Präsidentin des Vereins, also quasi als "Familienoberhaupt", wurde deshalb kürzlich Marie Louise Nay aus Lausanne gewählt. Die Familie gibt es nun, mit dem Bau ist es aber noch nicht so weit. Bis zur Gründung des "Bibel+Orient Museum" werde es noch etwas dauern, befürchtet Initiant Keel.

Wurzeln des Abendlandes sichtbar machen

Das neue Museum soll nicht zuletzt auch über die Wurzeln des Christentums informieren und zur Verständigung unter den Völkern beitragen. Die nahöstlichen Frühkulturen und das Judentum haben dem Abendland viel geben, meinte Keel. Unter der Leitung des emeritierten Alttestamentlers wurden in den vergangenen Jahrzehnten 14.000 Objekte altorientalischer Kleinkunst gesammelt. Die Sammlung wächst aufgrund von Schenkungen weiter. Dieser "reiche Schatz" soll im mittelalterlichen "Heinrich-Turm", der zwischen dem Bahnhof und der Universität Freiburg steht, seinen festen Platz finden.

Die ältesten Gegenstände in der Sammlung "Bibel+Orient" sind 300.000 Jahre alt. Es handelt sich um drei Faustkeile, die in einer syrischen Oase gefunden wurden. Die neusten Stücke stammen aus dem vergangenen Jahrhundert. Es sind Tora-Rollen. Darunter ist auch der grösste Gegenstand der Sammlung zu finden: Würde man die 48 Pergamente dieser Tora aneinander fügen, gäbe das eine Länge von rund 35 Metern. In die Sammlung integriert sind zahlreich antike Statuen, Siegelamulette, Münzen und weitere Gegenstände des Alltags.

Noch fehlt das Geld

Angesichts des hoch aufragenden "Heinrich-Turms" spricht Keel von einer "vertikalen Ökumene". Von Stockwerk zu Stockwerk soll der Besucher von der Antike her immer näher an die Moderne heran geführt werden. Die Pläne für das Unternehmen sind weit gereift. Es fehlt aber an Geld. Für die Errichtung des Museums werden voraussichtlich gegen zehn Millionen Franken benötigt.

Das Geld soll unter anderem über den Verein und auch über Wanderausstellungen gefunden werden. 50 Gegenstände der Sammlung "Bibel+Orient" sind zur Zeit in der Sonderausstellung "Göttinnen" im Neuenburger Archäologie-Musem "Laténium" ausgestellt. Eine Zusammenarbeit mit dem Berner Pfarrblatt erbrachte 35.000 Franken für das künftige "Bibel+Orient Museum". Der Schweizer Paulusverlag, der über seine wissenschaftliche Abteilung "academic press" Publikationen zu verschiedenen Ausstellungen bereits veröffentlicht hat, überreichte Othmar Keel für sein neues Projekt 5000 Franken.

Inhalte der geplanten Dauerausstellung im Heinrichsturm

Im Verliess und auf den Etagen des auszubauenden Turmes ist Platz für sieben Themensäle. Diese können von unten nach oben (aus dem Dunkel ins Licht) oder von oben nach unten (von der gegenwärtigen Stadt und Welt zu Quellen und Wurzeln) besichtigt werden:

(Ehemaliges Turmverliess) Bibel und Archäologie; Gräber als Zeugen früher Kultur; Umgang mit Sterben, Tod und Unterwelt.

Schöpfung und Lebenswelt: Schwangerschaft und Geburt; natürliche Ressourcen; Wohnen und Werken; Alltag.

Tierwelt: Jagd und Domestikation; Gefährten und Feinde; unreine und reine, dämonische und göttliche Tiere.

(Turmmitte) Kosmos und Chaos: Weltordnungen und ihre Feinde; Tempel und Palast als Zentren kosmischer, politischer und ökonomischer Ordnung; Herrschaftsmittel und -symbolik und ihre Grenzen.

Gottesvorstellungen: Vielfalt altorientalischer Vorstellungen von Göttinnen und Göttern; die Entstehung des integrativen biblischen Monotheismus.

Schrift und Kanon: Die Entstehung von Heiligen Schriften in Judentum, Christentum und Islam; gegenseitige Beziehungen.

(Zinnenetage) Rezeption und Zukunft: Anregungen und Fragen angesichts der Stadt, wie Missbrauch vermieden und die grossen Hoffnungen der biblisch-altorientalischen Tradition lebendig bleiben können.

Warum gerade in Freiburg?

Die Universität Freiburg und das Departement für Biblische Studien besitze eine einzigartige Infrastruktur und langjährige Kompetenz, um Bibel, Archäologie, Religions- und Kulturgeschichte miteinander zu verbinden und einem breiten Publikum zu erschliessen.

Das «Bibel+Orientmuseum»-Museum solle den kulturellen Reichtum und die Armut Palästinas zwischen den Grossmächten des Alten Orients darstellen. Dieses Konzept passe hervorragend zur zweisprachigen, inmitten grösserer und reicherer Städte und älterer Kulturen gelegenen Stadt Freiburg.

Das «Bibel+Orientmuseum»-Museum ergänze die bisherige Museenlandschaft der Stadt ausgezeichnet. Das christliche Erbe, das im Gutenbergmuseum hinsichtlich des Buchdrucks, erhalte im «Bibel+Orientmuseum»-Museum einen historischen Vorbau.

Datum: 26.05.2004

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