Gott vertrauen und loslassen

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. (Johannes 12, 14).

Loslassen hat meist zwei Seiten - eine schöne und eine schwere. Einerseits kann es befreiend sein, eine grosse Verantwortung abzugeben, etwas Neues zu beginnen; andererseits ist da Ungewissheit oder der Schmerz des Abschieds. Wenn man einen Nutzen sieht, ist man eher bereit, ein Opfer zu bringen.

Erstaunlich ist, dass Gott Abraham nicht einmal genau sagt, wohin er ziehen soll. (1. Mose Kapitel 12, Vers 1). Die Bibel sagt auch nicht, was sich in diesem Moment in Abraham abspielt. Die Entscheidung, seine Heimat zu verlassen, bedingt jedenfalls die Bereitschaft zu verzichten. Abraham braucht viel Mut, mit Menschen umzugehen, die ihn nicht verstehen und allein auf Gott zu setzen. Denn das einzige worauf er sich stützen kann, ist die Tatsache, dass Gott zu ihm sprach.


Heimatlos und einsam

Doch Gott erwartet von Abraham nicht einfach einen Schritt in die Ungewissheit; er gibt ihm eine Verheissung mit auf den Weg. (1. Mose, 12, 2-3). Was ihm Gott schenken will, wiegt den Verlust bei weitem auf. So macht sich Abraham als 75-Jähriger auf den Weg. Sein Vertrauen auf Gottes Zusage gibt ihm die Kraft, momentane Nachteile auf sich zu nehmen und dem, was er zurückgelassen hat, nicht nachzutrauern (Hebräer 11, 8-10). In Ur hatte er ein Haus - nun lebt er in einem Zelt. Auch hat er sein ganzes Beziehungsnetz verloren und ist dadurch wesentlich einsamer; hat er doch bloss seine nächsten Angehörigen dabei. Abraham kann nur loslassen, weil er weiss, dass Gott am Ende seine Verheissung erfüllen und ihn reich belohnen wird.

Zwischen Belastung und Erleichterung

Die Bibel führt noch weitere, vergleichbare Beispiele an: Die Zeit als Prophet ist für Elia um. Sein Auftrag ist abgeschlossen. Gott erwartet nun von ihm, dass er einen Nachfolger beruft (1. Könige 19,16). Was geht in Elia vor, als er ins Dorf Abel-Mehola geht und Elisa in seinem landwirtschaftlichen Betrieb aufsucht? Man kann es sich vorstellen: Seine Gefühle sind gespalten. Wenn er an die unzähligen gewaltigen Wunder denkt, die er mit Gott erlebt hat, muss es ihm schwer fallen, seine Aufgabe als Prophet loszulassen. Er hat sich total dem Dienst für Gott verschrieben! Doch nach der Verfolgungsjagd durch die Königin Isebel und dem darauf folgenden Zusammenbruch ist es für ihn auch erleichternd, dass er seinen Dienst einem Jüngeren übergeben kann. Erst glaubte er noch, es sei allein und hatte Angst, dass mit ihm das Reich Gottes aussterbe. Nun zeigt Gott Elia, dass er wunderbar vorgesorgt hat. Die Arbeit soll weitergehen, eine neue Generation wird den Auftrag weiterführen.

Loslassen hat meist zwei Seiten - eine schöne und eine schwere. Ist es nicht befreiend, wenn man die Last der Verantwortung loslassen kann; vor allem, wenn man weiss, dass jemand die Aufgabe kompetent weiterführt? Befreiend ist auch der Gedanke, selber einen ganz neuen Abschnitt anfangen zu können. Wo Gott die Veränderung veranlasst, kann man gelassen loslassen. Man kann gelöst weitergehen.

Elia sucht Elisa unverzüglich auf, sobald er wieder in Israel zurück ist. Elisa ist gerade dabei ein Feld zu pflügen. Vor ihm gehen zwölf Knechte mit je einem Ochsengespann, er selbst führt das zwölfte und letzte Gespann (1. Könige 19,19). Es muss Elisa augenblicklich klar sein, was Elia will, als er ihm seinen Mantel über die Schultern wirft und weiter geht. Elisa lässt nämlich sofort seine Rinder stehen, rennt Elia nach und bittet: "Darf ich mich noch von meinen Eltern verabschieden?". Es ist beeindruckend, was Elisa jetzt tut: Er eilt nach Hause und bereitet für seine ganze Familie ein Abschiedsessen zu - eine Mischung zwischen Leidmahl und Festessen. Dazu schlachtet er die beiden Rinder, mit denen er eben gepflügt hat, macht mit dem Holz ihres Jochs ein Feuer und bereitet das Fleisch daran. Weil Elisa bereit ist, aus der Berufung die Konsequenzen zu ziehen, hat er die Hände frei für eine neue Aufgabe.

Mitbetroffen

Es ist alles andere als selbstverständlich, wie Elia und Elisa "auf Abruf" bereit sind loszulassen. Elisa ist ein reicher Grossgrundbesitzer mit etlichen Angestellten. Gott beruft ihn mitten aus der Arbeit. Der Dienst als Prophet bedeutet für ihn, dass er Elternhaus, Besitz und Beruf loslassen muss. Mit dem Abschiedsessen macht er einen klaren Schnitt. Er dokumentiert, dass er mit seinem bisherigen Berufsleben abgeschlossen hat und in einen neuen Lebensabschnitt, in eine neue Aufgabe einsteigt. Er schneidet den Rückweg in den Beruf ab, gibt sein familiäres Erbe auf! Damit verlässt er seine bisherige Sicherheitszone. Dies kann er nur, weil er weiss, dass Gott seine Hand auf ihn gelegt hat.

Und wie ist es für Elisas Eltern? Auch sie müssen loslassen - plötzlich, radikal, gezwungener-massen! Ob sie Elisas Entscheidung verstehen und nachvollziehen können? dies muss ihnen noch viel schwerer fallen, wenn sie den Gott nicht persönlich kennen, der Elisa von ihnen weg beruft und dadurch auch ihre Zukunftspläne massiv durchkreuzt.

Berufung und Trennung

Es hilft Elisa bestimmt, dass es noch einige Zeit an der Seite Elias arbeiten kann. Doch jetzt muss er auch seinen Vorgänger loslassen. Das fällt ihm nicht leicht. Obwohl Elia ihn dreimal bittet, zurückzubleiben, klebt Elisa an ihm fest und lässt ihn bis zum allerletzten Augenblick nicht los. Nun macht Gott selbst den Schnitt: Er schickt einen Wagen aus Feuer und trennt die beiden Männer voneinander (2. Könige 2, 11). Auch wenn Elisa vorbereitet ist: Der abrupte Abschied fällt ihm diesmal schwer und er zerreisst aus Trauer sein Gewand (Vers 12).

Schmerzvoll

Der Abschied von Menschen, die sich von Gott rufen lassen, steht ihm Licht wunderbarer Verheissungen für beide Seiten: für jene, die gehen und jene, die bleiben. Unendlich schmerzvoller fällt der Abschied, wenn man einen Menschen loslassen muss, der einen verhängnisvollen Weg gewählt hat. Man denke an die Geschichte jenes Sohnes, der seinen Vater bittet, ihm vorzeitig seinen Anteil am Erbe auszuzahlen. Er will unabhängig sein und das Leben in vollen Zügen geniessen. Wenige Tage später packt er alles zusammen, verlässt seinen Vater und reist ins Ausland (Lukas 15, 12-13). Der Vater lässt ihn zwar ziehen, aber in seinem Herzen lässt er ihn nicht los. Er hält die Haustüre offen, damit der Sohn jederzeit zurückkehren kann.


Loslassen, heisst zulassen

Wie muss es für Gott gewesen sein, als sein Sohn Jesus vom Thron aufstand, sein königliches Gewand und das Zepter ablegte und den Thronsaal verliess, um seinen Auftrag auf der Erde wahrzunehmen? Wie war es für Gott Vater, als er seinen einzigen und geliebten Sohn hingab? Es muss ihm fast sein Herz zerrissen haben, als er zusah, wie die Menschen mit seinem Sohn umgingen. Schliesslich nagelten sie ihn als noch jungen, rund 33-jährigen Mann wie einen Schwerverbrecher an ein Kreuz! Gott griff nicht ein. Er liess es zu, weil er einen einmaligen Plan hatte, den er konsequent umsetzte - nämlich die Erlösung der Menschheit!

Philipper 2 schildert die unwahrscheinliche Erniedrigungen, die Jesus auf sich nahm. Nicht nur sein Vater, auch er selber war bereit loszulassen - sogar sein Leben und seinen Vater! Er bestand nicht auf seine Vorrechte, die er im Himmel hatte. Er verzichtete darauf und wurde rechtlos wie ein Sklave (Philipper 2, 6-7). Jesus Christus liess zu, dass er verachtet und wie ein Verbrecher bestraft wurde. Er unterstellte sich ganz dem Willen des Vaters. Am Kreuz war Jesus nicht nur losgelassen, sondern völlig verlassen (Matthäus 27,46). Die Beziehung zum Vater war total unterbrochen.


Wer loslässt, wird beschenkt

Weil Jesus bereit war, losgelassen zu werden und selber loszulassen, konnte der Vater ihn in einer einmaligen Art erhöhen. Philipper 2, 9 beginnt mit: "Darum hat Gott ihn erhoben und ihm den Namen verliehen, der über jedem Namen ist .". Seine Erniedrigung wurde zum Schlüssel für seine Erhöhung. Das Opfer zahlte sich in einem um so grösseren Geschenk aus.

Redigiert: Livenet, Antoinette Lüchinger

Datum: 04.01.2004
Quelle: Impuls

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