Das achte Weltwunder

Der Apostel Palulus nach Rembrandt

Die Reisen des Paulus sind ein Synonym für Abenteuer: Schiffbruch vor einer Insel, Keilereien vor Richtern, Gefängnis und mehrere Male entging er Anschlägen nur knapp.

Eher zufällig trafen wir Paulus in der Dämmerung kurz vor Jerusalem. Wir hatten die Zelte bereits aufgestellt und ein Lagerfeuer errichtet. Da wetzte er die Strasse entlang. Er sei im Stress und habe nur einen Tag Zeit, meint er keuchend. Wir geben ihm eine Schale frisches, kühles Wasser. «Da kann ich nicht ablehnen», meint er und lehrt es in einem Zug. Ich schenke ihm nach und wir setzen uns ans Feuer.

Trostlose Romantik

«Rückblickend», eröffnet Paulus, kaum haben wir uns an das wärmende Lagerfeuer gesetzt, «rückblickend gesehen, habe ich jeden Schritt genossen. Durch die Wüste mit ihren sandbraunen Felsmassiven. Manchmal mitten durch unwegsame Steinhaine, vorbei an trostlosen Bergen. Die Wüste, so erkannte ich auf dieser Reise erneut, besitzt eine sentimentale, trostlose Romantik. Fernweh packte mich. Und dann, du bist immer noch in der Wüste, siehst du plötzlich Plantagen mit den feinsten Feigen und den saftigsten Datteln und weißt, dass sind die Vorläufer einer Stadt. Wie gesagt, ich genoss jeden Schritt. Obwohl der Gang in die ein und andere Stadt schwierig war. Wegen unserer revolutionären Botschaft. Wir wurden festgenommen, verprügelt, verfolgt und verlacht. Wir stiessen aber auch auf Sympathie und Interesse. Und wir erlebten echte Wunder.»

Ein Jahr unterwegs

«Mich, Paulus, bringt so schnell nichts zum Schweigen», versichert der Weitgereiste. «Mein Auftrag ist, zu verkündigen. Ihm Auftrag seiner Majestät. Und da gibt es viel zu sagen. Ein schweigender Paulus, das wäre sozusagen das achte Weltwunder. Still bin ich nur wenn Gott spricht. Zum Beispiel vor über einem Jahr: Sagte er mir, ich soll eine zweite grosse Reise unternehmen. Um die von mir gegründeten Gemeinden in Asien und Europa zu besuchen. Das würde insgesamt rund zwei Jahre dauern. Als vielbeschäftigter Mann zückte ich meinen «TeensMag Timer» und sah, dass die nächsten beiden Jahre noch frei waren.» Gemeinsam mit seinem Freund Silas sei er losgezogen. Von Jerusalem aus erst durch Syrien, dann durch die Türkei (*1).

Fliegende Steine in Lystra

«In Lystra (Türkei), stiess Timotheus zu uns», blickt Paulus zurück und nippt an seiner Schale mit kaltem Wasser. «Seine Mutter war Jüdin, der Vater kam aus Griechenland. Offensichtlich haben sie sich in der Türkei, in der Mitte der beiden Länder getroffen. Die Gemeinde in Lystra wächst rasch (*2).» Das war nicht immer so, meint Paulus und erinnert sich an seine erste Reise in die türkische Stadt. «Mit Gottes Kraft heilte ich dort einen gelähmten Mann. Darauf hielt man mich und meinen damaligen Begleiter Barnabas für die Götter Hermes und Zeus.» Feindlich gesinnte Juden wiegelten aber die Bevölkerung gegen die beiden Wanderprediger auf. «Ich wurde gesteinigt und verletzt liegengelassen. Gemeinsam mit Barnabas zog ich sehr rasch weiter nach Derbe, wo wir die erste Reise beendeten.»

Erdbeben befreit Mann

Im weiteren Verlauf der Reise kam Paulus mit seinen Gefährten nach Philippi im heutigen Griechenland. «Wir waren schon einige Tage dort. Eine reiche Frau, Lydia hiess sie, wollte uns gar nicht mehr ziehen lassen.» Und auch in Philippi sollten die Probleme nicht lange auf sich warten lassen: «Da war eine Magd, mit hellseherischen Fähigkeiten. Ihre Herren freuten sich, denn sie sorgte für Kohle in der Kasse. Ich bemerkte aber schnell, dass ihr Wahrsagegeist Besitz von ihr ergriffen hatte.» Der Geist plagte die Frau und begann auch Paulus zu bedrängen. «Darum jagte ich ihn im Namen Jesu fort.» Schluss mit Hellsehen, Schluss mit Kohle machen. «Die Frau fühlte sich ungemein befreit, aber ihren Herren war das egal. Sie sahen nur, dass sie mit ihr kein Geld mehr scheffeln konnten.»

Den Rest kannte Paulus nur zu gut: Verleumdung vor dem Richter, Hiebe und schwedische Gardinen. Dann folgte ein denkwürdiger Moment, an den Paulus sich erinnert als wäre es vor ein paar Minuten gewesen: «Die Erde bebte, das Gefängnis zitterte. Ich hatte Angst, die Decke würde auf uns Fallen. Meine Ketten lösten sich aus den Verankerungen der Mauer, die Tür sprang auf.» Der Gefängniswärter sah dies und wollte sich das Leben nehmen. «Er nahm seinen Job genau. Er fürchtete wir würden alle türmen.» Paulus kam dem Schwert des Wärters mit seinen Worten zuvor: «Tu dir nichts! Wir sind noch alle hier.» Der Wärter sei verblüfft gewesen. «Wir kamen ins Gespräch. Er lud uns sogar zu sich nach Hause ein und wollte mehr wissen über unsern Glauben, den er und seine Familie noch in den gleichen Stunden annahmen. Tags darauf entschieden die Richter, dass wir unschuldig sind.»

Der unbekannte Gott

Paulus zog über Thessalonich - wo es zum gewohnten Aufruhr kam - weiter nach Athen. «Dort angekommen wurde ich wütend. Ich sah, wie sich die Leute durch den Glauben an Götzen einengen liessen.» In einer Synagoge (eine Art Kirche der Juden) verschaffte er seinem Unmut Luft. Was den Griechischen Philosophen lediglich ein Lächeln entlockte. «Was will dieser Schwätzer», meinte einer. «Das Interesse war aber da», erinnert sich Paulus. «Sie luden mich in den Areopag (*3), wo ich mein «Glaubenskonzept» erklären sollte. "Du bringst etwas neues. Wir wollen hören was das ist", lautete der Tenor.» Unter den Götzen fand Paulus einen Altar mit der Inschrift: «Dem unbekannten Gott.» - «"Heute sage ich euch wer das ist", sagte ich zu ihnen. Sie hörten aufmerksam zu.» Dass Jesus von den Toten auferstanden ist, erschien den Griechen aber als lächerlich. «Einige entschieden sich aber für den Glauben», will Paulus festgehalten haben.

Prügel vor dem Richter

Die Rückkehr nach Jerusalem erfolgte über Korinth. «Dort arbeitete ich zwischenzeitlich als Zeltmacher.» Auch hier provozierte Paulus' Botschaft. «Zuletzt kam es zu einer Keilerei vor dem Richter.» Via Insel Rhodos kehrte Paulus über Cäserea zurück. «In wenigen Tagen werde ich zuhause in Jerusalem sein», freut sich Paulus, lehrt seine Tasse und wirft einen Scheit ins Feuer. Funken stieben. Stille. In Zukunft, hebt Paulus wieder an, wolle er noch die ein oder andere Reise antreten. «Daneben will ich künftig aber auch Briefe schreiben...»

Die zweite Missionsreise des Paulus wird in der Apostelgeschichte 15,36 - 18,22 beschrieben
(*1) = hiess damals Cilicien.
(*2) = heute würde Paulus wohl «explosionsartig» sagen.
(*3) = hier trafen sich damals die Gelehrten der Stadt zum diskutieren.

Datum: 03.06.2002
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch

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