Das Wohl des andern

Wohl

«Warum sollte ich mir Sorgen machen?» Diese Frage steht auf einer Karte, die mir jemand gesandt hat. Gut, dass sie auch eine Antwort enthielt: «Es ist nicht meine Angelegenheit, an mich zu denken. Meine Angelegenheit ist es, an Gott zu denken. Es ist Gottes Sache, an mich zu denken.»

Ich bin froh, dass es neben mir und vor mir viele Menschen mit tiefen Erfahrungen und viel Weisheit und daraus heraus vielen treffenden Worten gibt und gab. Ich darf Nutzniesser davon sein. Die genannte Aussage von Simone Weil (sie lebte von 1909 bis 1943) hat mich sehr berührt und angesprochen. Das, wovon sie schreibt, scheint uns an so vielen Stellen abhanden gekommen zu sein: Die Freiheit von sich selber, dieses nicht um sich selber drehen, dieses Abstand von sich selber gewinnen, dieses sich vergessen und dieses – im allerpositivsten Sinne – sich an Gott verlieren (um sich nicht in der Welt zu verlieren). Lese ich die Bibel, so merke ich, dass gerade dies das Verheissungsvollste im Leben eines Menschen ist. Wieso leisten wir es uns, dies so sehr zu vernachlässigen? Zeiten des gesellschaftlichen Wohlergehens dürften hier nicht förderlich sein.

Was braucht diese Welt? Mir scheint, dass die Welt genau solche Menschen braucht, wie sie Simone Weil vor Augen hatte: Menschen, deren oberstes Lebensziel das Wohl des andern ist (und eben nicht das eigene Wohlergehen). Menschen also, die wissen, dass das Höchste ihres Lebens nicht das Haben, sondern das Schenken ist. Menschen, die das Merkmal einer gesunden Selbstvergessenheit, einer stabilen Hingabe und einer verheissungsvollen Sorglosigkeit aufweisen. Wer auf Leute aus den gegenwärtigen asiatischen Katastrophengebieten hört, kann immer wieder hören, was wirklich hilft: Es sind Menschen, die selbstlos ihr Letztes geben, um andern das Wenigste, das nötig ist zum Leben, zu ermöglichen.

Was willst Du? Wir leben in einer Zeit, in der viel vom Können die Rede ist und weniger vom Wollen. Für mich sind Menschen beeindruckend, die klar sagen können, was sie in der Lebensetappe, in der sie sich gerade befinden, anstreben und wollen (sogar, wenn sie nicht alles können). Ich selber kann mich dann fragen, ob ich das unterstützen möchte oder nicht (zum Beispiel bei meinen Kindern, bei Mitgliedern meines Hauskreises, bei Berufskollegen). Was will ich? Ich möchte gerne Zeit und Kraft investieren, um «an Gott zu denken». Das könnte heissen: Mich nach seinen Anliegen erkundigen, mich in seine Absichten stellen, nach seinem Willen fragen und diesen Willen dann auch gerne tun. Das Verheissungsvolle: Er selber, Gott, wird dann «an mich denken». Es ist sein «Geschäft», was aus mir wird. Mein Leben, damit auch mein Tun, Denken, Reden und Wirken ist ja in seinen Händen und unter seiner Verantwortung.

Jetzt sind die Verhältnisse klar. In klaren Verhältnissen lässt sich gut leben. Ich wünsche Ihnen das! Vielleicht ist es die einzige Sorge, die wirklich zulässig ist: Dass wir unser Leben nach ihm ausrichten, tatsächlich auf ihn hören und wirklich tun, was er will. Eben: Dass wir in klaren Verhältnissen leben.

Datum: 06.03.2005
Autor: Markus Müller
Quelle: Chrischona Magazin

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