Ignorieren, vergessen, anbeten?

Die Werke des Schöpfers sind wahrnehmbar.
Anbetungszene auf der Strasse

Menschen reagieren unterschiedlich auf die Tatsache, dass Gott existiert. Doch die einzige angemessene Reaktion ist seine Anbetung.

Die Werke des Schöpfers sind für alle in gleichem Masse wahrnehmbar. Die Schöpfung ist die allgemeine Offenbarung Gottes. Dabei bleibt es meine Entscheidung, wie ich diese Wahrnehmung in meinem Innersten bewerte.

Die Bibel sagt in Römer 1,19 und 20: "Dabei ist doch das, was man von Gott erkennen kann, für sie deutlich sichtbar; er selbst hat es ihnen vor Augen gestellt. Seit der Erschaffung der Welt sind seine Werke ein sichtbarer Hinweis auf ihn, den unsichtbaren Gott, auf seine ewige Macht und sein göttliches Wesen." Daraus erwächst dem Menschen Verantwortung: "Die Menschen haben also keine Entschuldigung."

In der Bibel werden Menschen oft mit Schafen verglichen, deshalb erlaube ich mir auch einen tierischen Vergleich. Wir hatten für ein Jahr einen Vorstehhund, einen Jagdhund, zur Aufzucht, einen schönen und an sich lieben Kerl. Nur etwas an seinem Verhalten brachte mich regelmässig auf die Palme. War er frei, hatte er die Angewohnheit, weit weg zu rennen, um irgendetwas aufzuspüren. Wenn ich pfiff, blieb er – meistens jedenfalls – stehen, hob den Kopf, aber dann sagte mir seine ganze Haltung: "Nein! Ich komme jetzt nicht! Habe Wichtigeres vor!" – und schon war er im Wald verschwunden. Es gibt für einen Hundebesitzer kein schlimmeres Gefühl, als wenn der Hund seinen Ruf ignoriert. Wie muss es da für Gott sein, zusehen zu müssen, wie die von ihm geschaffenen, geliebten Menschen ihm den Rücken kehren? Die Bibel erklärt: Menschen, die den Weg der Gottlosigkeit wählen, stehen unter dem Zorn Gottes. "Denn es wird geoffenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten, weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen offenbart" (Römer 1,18). Gott ist zornig. Vehement richtet er sich gegen die Folgen der Gottlosigkeit. Im Wesen wahr und gerecht wird Gott zum Richter.

Menschen können um Gottes Existenz wissen. Dieses Wissen wird ihnen zur Verantwortung. Wie antworten Menschen auf die Tatsache der Existenz Gottes? Unterschiedlich. Die Reaktionen reichen von Verleugnen, über Ignorieren und Vergessen bis hin zu Anbeten.


Das Ignorieren Gottes

Der Prophet Zefanja kündigte die Eroberung Judas durch Babylonien an. Er spricht aber fast im gleichen Atemzug vom "Tag des Herrn", von dem die ganze Erde betroffen sein wird (Zefanja 1,2 und 3). Aus seiner Gerichtsbotschaft zwei Verse: "In jener Zeit wird es geschehen, dass ich Jerusalem mit Leuchten durchsuche und die Männer heimsuche, die auf ihren Hefen festsitzen (Anm.: gerinnen oder erstarren, weil sie nicht umgeschüttet werden). (...) die in ihren Herzen sagen: Der Herr wirkt nichts Gutes und wirkt nichts Böses" (Zefanja 1,12 und 13).

Juda kannte Gott, betrachtete ihn aber als belanglos, als Existenz ohne Bedeutung, weder Gutes noch Schlechtes wirkend. Es ist eine Antwort auf Gott, wie sie auch heute verbreitet ist: "Ja, ja, der Schöpfer! Den brauchten Adam und Eva ... aber heute in der hochtechnisierten Welt vermögen wir die Sterne zu zählen und die Erbsubstanz zu lesen. Die grossen Geheimnisse sind enträtselt, Gott hat seine Bedeutung verloren. Wir haben die Natur im Griff." Damit ist nicht gesagt, dass es ihn nicht gäbe, aber er hat keinerlei Bedeutung für das Leben der Menschen. Deshalb sagen sie von Gott: "Er wirkt weder Gutes noch Böses."

Vorsicht: Wo Gott als bedeutungslos empfunden wird, wird ein Ersatz an seine Stelle gerückt (vgl. Römer 1,23). Bei Juda damals wurden der Wettergott Baal, Götzen und Gestirne verehrt (vgl. Zef. 1,4 und 5), teils gar neben Gott: Man schwörte beim Herrn und bei Milkom zugleich (V. 5) oder bei Gott und beim König zugleich.

Während der Gottesdienst pervertierte und die religiösen Bedürfnisse mit Pseudogöttern gestillt wurden, glitt das ethische Verhalten ab ins Selbstsüchtige, Gemeine, Kriminelle. Betrug war im Geschäftsleben an der Tagesordnung, die Armen wurden übervorteilt und ausgebeutet, die Elite "füllte das Haus ihres Herrn mit Gewalttat und Betrug" (Zefanja 1,9b).

Die Folge malte ihnen Zefanja mit einem Bild vor Augen: "Sie werden Häuser bauen und sie nicht bewohnen, Weinberge pflanzen und deren Wein nicht trinken" (Zefanja 1,13b). – Wie schnell ist man doch bereit zum Kompromiss und raubt Gott die Ehre! Die Folge ist der Verlust der persönlichen Integrität, während dem Zeugnis als Christ die Kraft entzogen wird. Das Beispiel jener Pastorenfamilie, die sich einen Hund wünschte und der dann eines Tages ein solcher Vierbeiner tatsächlich zulief, soll diese Aussage veranschaulichen.

Der aufgegriffene Hund wurde als Geschenk des Himmels begrüsst und wie eine Gebetserhörung behandelt: einen Namen geben, baden, bürsten, füttern, spazieren, trainieren. Das volle Programm auf Stufe intensiv machte aus "Bob" innerhalb von vier Monaten einen tollen Familienhund. Da klingelte das Telefon. Am anderen Ende meldete sich ein Mann, der seinen Hund suchte. Er habe gehört, dass dem Pastor ein Tier zugelaufen sei, womöglich sei es das seine, dann gab er eine ziemlich genaue Beschreibung von "Bob" durch. Trotzdem verneinte der Pastor vehement. Es gebe Tausende von ähnlich grauweissen Hunden. Ob er denn ein eindeutiges Merkmal nennen könne? Der Mann konnte: Sein Hund habe im sonst weissen Schwanz drei markante schwarze Haare. Ob er vorbeikommen dürfe, um sich den Hund anzuschauen? Der Pastor hatte kein Argument mehr für ein Nein und machte auf den nächsten Tag einen Besuch aus. Kaum den Hörer aufgelegt, holte er im Badezimmer eine Pinzette, suchte Bob und zupfte ihm vor den Augen der erstaunten Kinder die drei schwarzen Haare aus.

Obwohl er am andern Tag von "Bob" stürmisch begrüsst wurde, musste der Mann, der seinen Hund suchte, schliesslich ohne ihn nach Hause. Er konnte ihn nicht identifizieren. "Ich habe immer gesagt, dass das nicht Ihr Hund ist", meinte der Pastor noch zum Abschied – damit hatte er einen Hund gewonnen! Das schon, dafür aber viel mehr verloren – nämlich das Vertrauen seiner Kinder. Sie hatten mitbekommen, dass ihr Vater bereit gewesen war, zu lügen, um sich seinen Wunsch erfüllen zu können. Von diesem Tag an war die Integrität des Pastors als Vater und Vorbild so beschädigt, dass ihm die Familie seine geistlichen Aussagen nicht mehr abnahm.

Bei Zefanja bauten die Menschen Häuser, ohne dass sie das mit Gott vereinbart hätten. Gott war für sie belanglos geworden. Sie empfanden weder Liebe noch Ehrfurcht ihm gegenüber. Und sie bauten ihre Häuser mit erschlichenem Geld und ihr Leben auf die eigenen Fähigkeiten. Sie nahmen alles selbst an die Hand und sie verloren das alles. Das ist der Weg des Unglaubens.

Zefanjas Bild vom "Häuser bauen und sie nicht bewohnen" malt uns die Folgen vor Augen, wenn wir uns unsere Wünsche und Sehnsüchte mit Tricks und Lügen verwirklichen. Auf der geistlichen Ebene heisst es, sich und seine Lebensführung als recht und gut genug betrachten, in der Meinung, am Ende von Gott liebevoll im Himmelshaus empfangen zu werden. Doch das Haus der Selbstgerechtigkeit versinkt angesichts der Gerechtigkeit Gottes: "Jeder aber, der meine Worte hört und nicht danach handelt, gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf sandigen Boden baut. Wenn dann ein Wolkenbruch niedergeht und die Wassermassen heranfluten und wenn der Sturm tobt und mit voller Wucht über das Haus hereinbricht, stürzt es ein und wird völlig zerstört ..." (Matth. 7,26 und 27).


Das Vergessen Gottes

Neben dem Ignorieren Gottes und ihn in die Bedeutungslosigkeit degradieren, gibt es eine zweite geistliche Falle: das Vergessen Gottes. Der Prophet Zefanja beobachtete auch dieses Verhalten im Volk Gottes: Es sind die, "die den Herrn nicht suchen und nicht nach ihm fragen" (Zefanja 1,6).

5. Mose 6,10 bis 13: "Der Herr, euer Gott, wird euch nun in das Land bringen, das er euren Vorfahren Abraham, Isaak und Jakob mit einem Eid versprochen hat. Er wird euch dort grosse und schöne Städte geben, die ihr nicht gebaut habt, Häuser voller Güter, für die ihr nicht arbeiten musstet, Zisternen, die ihr nicht ausgehoben habt, und Weinberge und Olivenhaine, die ihr nicht angelegt habt. Ihr werdet essen können, so viel ihr wollt. Aber achtet darauf, dass ihr den Herrn nicht vergesst, euren Gott, der euch aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat. Nur vor ihm sollt ihr Ehrfurcht haben, nur ihm dienen und nur bei seinem Namen schwören."

Im Verheissenen Land waren die Städte schon gebaut. Das Volk Gottes konnte sie einnehmen. Die Reben waren gesetzt. Sie konnten die fertig bestellten Weinberge übernehmen. Die Zisternen waren gegraben. Sie konnten das Wasser einfach schöpfen. Das Wesentliche wurde ihnen von Gott geschenkt! Was für ein Bild für Gnade Gottes! Welche Reaktion wäre angemessener als Dankbarkeit?

Trotzdem kann der Weg des Glaubens an diesem Punkt scheitern. In Phasen des Erfolgs wächst die Versuchung, Gott zu vergessen. Davon warnt der Mose-Text. Das Volk Gottes geht hinein in ein neues Land, wo alles schon da ist, wo Milch und Honig fliessen. Es ist alles da, Gott schenkt im Überfluss.

Dieses Verschenken geht so weit – und damit sind wir im Neuen Testament – dass er sich selbst verschenkt im Sohn. Dieser führt das Leben eines Menschen. Er kämpft den Kampf gegen den Todbringer in der Welt. Dabei geht Jesus aufs Ganze. Er widersteht der teuflischen Anmache. Er durchschaut die Fallstricke des Bösen. Er demonstriert die Kraft Gottes. Er präsentiert seine Allmacht und Liebe. Letztlich besiegt er den Tod, indem er seine Macht zurückhält und sich an einen Galgen auf Golgatha nageln lässt, wo er tausend Tode stirbt. Meinen, deinen, den aller Menschen damals, heute und in Zukunft.

Jesus Christus trug den Zorn des Vaters über die Schuld des Menschen auf sich. Sein Opfer schafft die Versöhnung mit dem Vater. Der Zorn Gottes ist für den Glaubenden abgewendet: "Vielmehr nun, da wir jetzt durch sein Blut gerechtfertigt sind, werden wir durch ihn vom Zorn gerettet werden. Denn wenn wir, als wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, so werden wir viel mehr, da wir versöhnt sind, durch sein Leben gerettet werden" (Römer 5,9 und 10).

Wer sich auf diese Botschaft beruft – aus Liebe und Ehrfurcht – der ist frei vom Zwang, Gott die Bedeutung streitig machen zu müssen und damit zu sündigen. Er ist frei, zu Gott "Vater" zu sagen, ihm kindlich zu vertrauen und aus seiner Hand Gnade um Gnade zu nehmen: fertige Häuser, fruchtbare Weinberge, volle Zisternen. Paulus lehrte dies den Galatern so: "... als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz, damit er die loskaufte, die unter Gesetz waren, damit wir die Sohnschaft empfingen. Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen, der da ruft: Abba, Vater! Also bist du nicht mehr Sklave, sondern Sohn; wenn aber Sohn, so auch Erbe durch Gott" (Galater 4,4–7).

Gottes Kindern gehört das Erbe des Vaters. Aber vergesst den Geber nicht! Den, der euch gemacht hat, der euch teuer erkauft hat, der euch liebt.


Hin zur Anbetung

Der Galaterbrief richtet sich mahnend wider das fatale Vergessen: "O unverständige Galater! Wer hat euch bezaubert, denen Jesus Christus als gekreuzigt vor Augen gemalt wurde? Nur dies will ich von euch wissen: Habt ihr den Geist aus Gesetzeswerken empfangen oder aus der Kunde des Glaubens? Seid ihr so unverständig? Nachdem ihr im Geist angefangen habt, wollt ihr jetzt im Fleisch vollenden? So Grosses habt ihr vergeblich erfahren? ..." (Galater 3,1 bis 3a).

Das Leben als Christ begann als Leben mit dem Heiligen Geist. Warum will man es später wieder aus eigener Kraft gestalten und selbst zu vollenden versuchen? Wer in diese Falle getappt ist und dabei die Freude am Leben mit Gott verloren und ihn vergessen hat, hat jederzeit die Möglichkeit, umzukehren und zurückzugehen an jenen Punkt, wo die Beziehung zu Gott begonnen hat. Also dorthin, wo seine Gnade erfahren wurde und die Dankbarkeit und Ehrfurcht den Ewigen erhoben. In jenem Augenblick, in dem sich der Mensch seinem Schöpfer unterwirft, betet er ihn an.

Welche Haltung ist gegenüber dem Schöpfer von Himmel und Erde und dem Erlöser von Schuld und Tod die angemessenste? Wie reagiere ich auf die Tatsache, dass Gott existiert? Mit Ablehnung, Ignoranz, Vergessen oder Anbetung?

Datum: 24.10.2004
Autor: Rolf Höneisen
Quelle: factum Magazin

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