Susanna Rychigers Berufung

Alles begann im Rollorama

Susanna Rychigers Herz schlägt höher, wenn sich der Glaube mitten im Treiben der Welt manifestiert. Die Initiantin des 24-7-Gebets will besonders junge Menschen fördern.
Die Eingangstür des ehemaligen Rollorama-Hauses.
Der öffentliche Gebetsraum in Thun ist gemütlich eingerichtet.
Susanna Rychiger, 47, Initiantin und Teamleiterin von 24-7CH, lebt, wohnt und betet in der Gemeinschaft imHuus in Thun.
Die Besucher des Gebetsraums sind auch willkommen, mit Farben kreativ zu werden.
Das Wohnhaus mit dem öffentlich zungänglichen Gebetsraum in Thun
Natürlich ist im Gebetsraum eine Bibel vorhanden.

Mitten im städtischen Trubel von Thun steht ein geräumiges Wohnhaus − in unmittelbarer Nachbarschaft zur Notschlafstelle, zur Heroinabgabestelle, zum Szenecafé Mokka, das einen laut-bunten Kulturbetrieb unterhält, zum Gericht und zur städtischen Verwaltung. Das Haus ist etwas in die Jahre gekommen und war zeitweise von Autonomen besetzt. Heute ist es ein Gemeinschaftshaus mit öffentlichem Gebetsraum. Unkonventionell und doch so passend, wird hier im Brennpunkt der städtischen Herausforderungen Gott gesucht, angebetet und mit Anliegen bestürmt. Der von aussen direkt zugängliche Keller wurde zu einem geräumigen, einladenden Gebetsraum umfunktioniert. Rund um die Uhr können hier Menschen aus der Stadt Thun ein- und ausgehen.

Leben und beten

Die Verknüpfung von realem Alltag und himmlischen Dimensionen passt zu Susanna Rychiger, Initiantin der Hausgemeinschaft und Verantwortliche für die Gebetsinitiative 24-7 in der Schweiz. «Ich bin in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen. Die Maschinenfabrik meines Vaters, seine politischen Aktivitäten und unser Familienleben haben sich immer überschnitten. Auch wenn ich keine explizit christliche Erziehung bekam, habe ich gelernt, das Leben als eine Einheit zu sehen. Darum ist es für mich heute selbstverständlich, dass Gebet und Alltagstreiben zusammengehören, sogar räumlich.»

Als Teenager findet Susanna zum Glauben an Jesus. Allerdings widerstrebt ihr alles, was frömmlerisch und separierend daherkommt. Sie ist stolz auf ihre nichtchristlichen Freunde. Im Rückblick erkennt sie aber, dass sie die ersten zehn Jahre ihres Christseins verschlafen und die innige Beziehung zu Jesus vernachlässigt hat.

Mitte zwanzig kommt Bewegung in ihr Leben. Das neu gegründete Rollorama, ein von Christen initiierter Jugendtreffpunkt in einer alten Thuner Industriehalle, verkörpert genau Susannas Lebensstil: Hier kommen Christen zusammen, die sich an Orten bewegen, an denen sie sonst nicht zu finden sind und durch die das Evangelium mitten unter die Leute kommt. Susanna wird feste Mitarbeiterin im Team und verantwortet als kaufmännische Fachfrau das Sekretariat. Von Anfang an ist klar, dass ihr Dienst über den Büroanteil hinausgehen wird, und bald wird sie ins Leitungsteam berufen.

Zu den Jungen gehen

«Die Arbeit im Rollorama hat mein Glaubensleben revolutioniert. Ich kam im Zusammensein mit den Streetkids täglich an meine Grenzen. Weil ich meinen Glauben in der Welt leben wollte, habe ich Gott genau da gesucht und ihn auch da gefunden.» Die Mitarbeitergebete öffnen ihr einen neuen Zugang zum Gebet. Sie sind alles andere als trocken-brave Gebetskränzchen: Mit Leidenschaft sucht man Gottes Gegenwart und fragt ihn in aussichtslosen Situationen nach dem Weg, und das Gebet wird zu einer lebendigen, kreativen Angelegenheit, die sich auch im körperlichen Ausdruck widerspiegelt.

Die Frage, wie die Gemeinde Jesu zu den Jugendlichen kommt, bewegt auch andere Christen in Europa. Das Rollorama übernimmt diesbezüglich eine Vorreiterrolle, und so entsteht unter anderem der Kontakt zu Pete Greig, dem Initiator des 24-7-Gebets in Südengland. Auch er ist auf der Suche nach innovativen, neuen Wegen, um die Jugend für Christus zu gewinnen. Den entscheidenden Anstoss bekommt er von der Geschichte der Herrnhuter Brüdergemeinde. 1727 startete Nikolaus Graf von Zinzendorf in Herrnhut eine Gebetsbewegung, die über 100 Jahre ohne Unterbruch lief und die Grundlage für eine eindrückliche Missionsbewegung bildete. Warum sollte dies bei der heutigen jungen Generation nicht möglich sein?

Als Pete in seiner Gemeinde einen Gebetsraum einrichtet, boomt das Angebot sofort. Ermutigt durch diesen Erfolg, lanciert er eine Initiative, im Rahmen derer ein Jahr lang für die junge Generation gebetet wird. Susanna erinnert sich: «Das war im Jahr 1999. Ich machte gerade einen Besuch in dieser Gemeinde, als Pete 52 Gemeinden suchte, die im Jahr 2000 jeweils eine Woche mit Gebet abdecken würden. Ich entschied spontan, zwei Wochen zu übernehmen. Das war der Startschuss für die 24-7-Bewegung in der Schweiz.»

Der Funke springt über

Zurück in Thun, richtet Susanna mit einem Team den ersten Gebetsraum im Rollorama ein. Aus den zwei Gebetswochen, zu denen sie sich verpflichtet haben, werden zehn. Aus allen Gemeinden der Region beteiligen sich Menschen. Die Gebetsstunden werden von Einzelpersonen wie auch von Gruppen abgedeckt, und die jeweils Abtretenden segnen die Nächsten, die den Stab übernehmen. Die gemeindliche Herkunft spielt dabei keine Rolle. Aus den Gebetswochen entstehen gute Früchte, beispielsweise wird die Jugendallianz Thun initiiert.

Seit vierzehn Jahren ist Susanna nun unterwegs in Sachen Gebet, ermutigt, schult, unterstützt die Beteiligten und koordiniert die Bewegung. «Die Stunden, die ich selbst im Gebetsraum verbracht habe, veränderten meine Beziehung zu Jesus massgeblich. Ich habe gelernt, einfach mit Gott zusammen zu sein. Es gibt kein Schema F, wie diese Zeiten aussehen müssen. Da ist einfach viel Freiraum für die Beziehung mit ihm, und daraus entsteht das Gebet. Zentral ist dabei die Möglichkeit, dem Gebet einen kreativen Ausdruck zu geben.»

Susanna schult die vornehmlich jungen Menschen auch, das Gebet als Beziehungspflege mit Gott zu sehen, so, wie auch eine zwischenmenschliche Beziehung gepflegt werden will. Da bringt man sich als ganze Persönlichkeit ein. Klar, die Gebetszeit einer introvertierten Person sieht anders aus als die einer redseligen. «Wenn wir natürlich sind, kommt das Gebet von selbst», ist Susanna überzeugt. In diese Freiheit will sie die jungen Menschen führen. Wie in einer zwischenmenschlichen Beziehung gibt es auch im Zusammensein mit Gott unterschiedliche Phasen: Es gibt lockere, frohe Abschnitte, aber auch stressige Zeiten. Das darf und soll sich im Gebetsleben durchaus spiegeln. Trotzdem muss man sich manchmal zum Gebet überwinden. Genau deshalb sind die inzwischen in etlichen Schweizer Städten installierten 24-7-Gebetsräume eine grosse Hilfe.

Beziehung statt System

24-7 verfolgt keine Strategie, ein bestimmtes System anzupreisen, sondern will bereits vorhandenes Gebet fördern und inspirieren. Die Wohngemeinschaft, in der Susanne lebt, bietet ihr das ideale Umfeld, um diesem Anliegen gerecht zu werden. Als Älteste der Hausgemeinschaft ist sie die Konstante. Die übrigen Mitbewohner, alle um die dreissig, bleiben für ein bis zwei Jahre. In dieser Zeit gehen sie einer teilzeitlichen Arbeit nach und erleben Jüngerschaft im Alltag, wobei das gemeinsame Gebet ein Fixpunkt ist. «Wir beten nicht nur, sondern erleben, dass uns Gott in der Nachbarschaft braucht, dass spezielle Beziehungen entstehen. In Notsituationen haben wir schon kurzfristig Menschen aufgenommen.»

Zum Abschluss gibt Susanna Rychiger zu bedenken: «Wer keine Veränderung will, sollte nicht mit Beten anfangen. Doch wer es wagt, wird sehen, wie Leben und Glauben zu einer kraftvollen Einheit werden.»

(Dies ist ein gekürzter Text, den vollständigen Text sowie weitere Texte zum Gebet finden Sie im Christlichen Zeugnis 02/14. Bestellung)

Datum: 23.05.2014
Autor: Sabine Fürbringer
Quelle: Christliches Zeugnis

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