Promis als Werbeträger für Kirchen

Medientag der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) in Aarau.

Sie sind jung, schön, bekannt – und bekennende Christen. Schweizer Promis wie Stéphanie Berger, Jeanette Macchi-Meier und Claudio Minder, welche von der Kirche als Zugpferde eingespannt werden.

Schlaghosen, eine rosa Bluse. Und diese Katzenaugen. Stéphanie Berger, Miss Schweiz 1995/1996, zieht die Aufmerksamkeit des Publikums innert weniger Augenblicke auf sich. Die blonde Zürcherin ist nach Aarau gekommen, um über positive und negative Aspekte bei der Werbung mit bekannten Gesichtern zu reden. Diese wird immer öfter auch von christlichen Gemeinschaften betrieben.

Geladen hat die Schweizerische Evangelische Allianz. Weitere gottesgläubige prominente Vertreter sind Claudio Minder, Mister Schweiz 2000/2001, und Jeanette Macchi-Meier, ehemalige E-rotic-Sängerin und heutige Moderatorin der christlichen TV-Sendung «Fenster zum Sonntag», berichtet die “Berner Zeitung“ (BZ).

Privatleben Tabu

Alle drei haben sich in ihrem Verhalten der Öffentlichkeit gegenüber verändert. Stéphanie Berger findet heute, dass sie mit 17 Jahren zu jung war, um Miss Schweiz zu werden, zu wenig Unterstützung und Coaching bekam und von vielen auf ein Sexualobjekt reduziert wurde. «Früher dachte ich, Ehrlichsein kommt mir zugute», sagt sie, «heute nicht mehr. Seit drei Jahren gebe ich mein Privatleben nicht mehr bekannt.» Den zeitweilig von ihr verhassten Titel nutzt sie heute: «Ich habe akzeptiert, dass Gott mich für diese Aufgabe einsetzen will.» Das heisst für sie, in Kirchen immer wieder zum Thema Schönheit zu referieren, und den Kampf, nicht nur aufs Äussere reduziert zu werden, für sich und andere immer weiterzuführen.

Von Erotik zu Religion

In dieses Lied kann auch Jeanette Macchi miteinstimmen. Sie, die bis vor einigen Jahren auf frivole Texte spezialisiert war: «Give me good sex», sang sie beispielsweise auf der Bühne. Doch dann fand sie neuen Sinn in der Event-Church ICF (International Christian Fellowship). Lernte ihren heutigen Ehemann Patrick Macchi kennen, für den sie sich bis in die Hochzeitsnacht aufsparte.

«Noch heute ist dieser Wandel für viele nicht fassbar. Es gibt Leute, die denken, das sei ein PR-Gag», sagt Macchi. Denn zwischen erotischer Unterhaltung und religiöser Information in «Fenster zum Sonntag», das sie heute moderiert, liegen Welten.

Glaubt man Jeanette Macchi, hat sie die frühere Welt gänzlich hinter sich gelassen. Dass sie aber auch in der neuen Welt, von der Kirche, vermarktet wird, stört sie nicht. «Klar wissen die Verantwortlichen von kirchlichen Anlässen, dass vielleicht ein paar Schäfchen mehr kommen, wenn ich anwesend bin. Aber es braucht Aushängeschilder. Und ich bin froh, darf ich eins sein», sagt sie. Sie fühle sich nicht ausgenutzt. Speziell die jungen Leute seien ihr wichtig. «Wegen meiner Lebenserfahrung mit Drogen und Alkohol kann ich ihnen viel mitgeben.» Abgrenzen muss sich aber auch Jeanette Macchi. «Ich möchte nicht jeden Sonntag an irgendeinem Anlass teilnehmen müssen.»

Auch der Jüngste im Bunde, Claudio Minder, der Ex-Mister und heutige Radiomoderator, grenzt sich ab. «Wenn ich wollte, könnte ich an fünf religiösen Anlässen in der Woche teilnehmen – ich sage aber nicht mehr als drei Mal im Monat zu.» Minder, der auch schon vor seinem Mister-Jahr nach religiösen Grundsätzen lebte, weiss, wo er hingehen will und wo nicht.

Von Offenheit zu Vorsicht

Sowieso, bei allen dreien macht es den Anschein, als ob die Erfahrung mit der Vermarktung ihrer Person sie vorsichtiger gemacht hätte. So würde Claudio Minder zu Sachen, die er früher gemacht hat, heute nicht mehr einwilligen. «Fotos, die mich fast nackt zeigen, würde ich nicht mehr machen, das geht zu weit.» Wegen dieser Fotos wurde auch sein Christsein von vielen Leuten hinterfragt. «Menschen finden immer etwas Negatives», sagt Jeanette Macchi, daher sollte man sich davon abgrenzen. Nur Gott sei beständig – und um das zu verkünden, sind die gläubigen Promis bereit, ihren Kopf hinzuhalten.

Autorin: Marina Bolzli
Quelle: Berner Zeitung

Kommentar

Bruno Graber

Ein (Vor)-Bild sagt mehr als tausend Worte

Überall sind ihre Köpfe zu sehen, jede christliche Zeitschrift hat schon ein Interview mit ihnen gemacht. Auch im Internet, auf den christlichen Webseiten sind sie präsent und kaum eine evangelische Freikirche, die sie nicht schon eingeladen hat.

Ja, wir kennen auch noch andere Vorbilder, die Hochglanz-Vor-Bilder, ob Mutter Theresa, Albert Schweizer, Mahatma Gandhi, Martin Luther King und so weiter. Gibt es einen bestimmten Anlass, werden sie in einer Rückbesinnung auf ihre Botschaft auf die Kultur-Seiten der Zeitungen gehievt.

Aber, erhalten Kinder und Jugendliche noch die Chance, in ihrem Leben eine ausreichende Zahl von glaubwürdigen und standfesten Menschen mit Ausstrahlung in der heutigen Zeit kennen zu lernen? Vorbilder sind Mangelware. Die von vielen Erwachsenen im Umgang mit Jüngeren von sich gegebene Redewendung: "Das muss halt jeder selbst wissen, da will ich dir nicht reinreden", entlarvt sich oft als Verweigerung einer Übernahme von Verantwortung für das Leben der nachwachsenden Generation.

Natürlich müssen Kinder und Jugendliche eigene Entscheidungen im Angesicht der damit verbundenen Konsequenzen treffen lernen. Aber gerade in neuen Situationen benötigen in der Regel Jugendliche Vorbilder. Denn gerade diese, mit einem Vorsprung an Lebenserfahrung ausgestatteten Menschen, können in ethischen Fragen, Massstäbe vorleben. Ein (Vor)-Bild sagt mehr als tausend Worte

Deshalb spricht auch nichts dagegen, wenn sich christliche Promis dieser Verantwortung stellen. Jeanette Macchi brachte es auf dem Punkt: Es sei schön, als Vorbild für etwas, zu dem man zu 100 Prozent stehen könne, wahrgenommen zu werden. „Ich bin froh, dass ich dafür gebraucht werde, dass durch mich eben genau jene Leute kommen, die sonst nie einen Gottesdienst besuchen würden.“

Quelle: Livenet

Datum: 13.04.2005

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