Musalaha: Versöhnung im Pulverfass

Jerusalem
Hanspeter Obrist
Salim Munayer

Fast täglich hört man schlechte Nachrichten aus dem Nahen Osten. Mitten im explosiven Krisenherd setzt sich die Versöhnungsbewegung «Musalaha» für das komplizierte, fast unmögliche Miteinander der beiden Bevölkerungen ein.

Musalaha (arabisch: «Versöhnung») ist ein israelischer Verein, der sich verpflichtet, zwischen Juden und Palästinensern Versöhnung zu arrangieren. Vorwiegend zwischen messianischen Juden und arabischen Christen, weil diese als erstes offen sind, aufeinander zuzugehen, und weil sie in Jesus Christus eine gemeinsame Grundlage haben und von daher Versöhnung zu leben beginnen. Musalaha versucht mit Camps, Treffen und Hilfsaktivitäten, die beiden Volksgruppen zusammenzubringen.

Livenet sprach mit Hanspeter Obrist, dem Leiter der Israel-Organisation AmZI*, die Musalaha in der Schweiz vertritt.

Livenet: Die «Hudna», der Waffenstillstand, hat nicht gehalten, was man versprochen hatte. Was bedeutet dies für Musalaha? Wird die Arbeit nicht fast verunmöglicht?
Hanspeter Obrist: Es ist erstaunlich, dass trotz Intifada und sehr vielen emotionalen Verletzungen, die in letzter Zeit passierten, Musalaha nach wie vor arbeiten kann. Es ist aber nicht einfacher geworden. Vor einigen Tagen sagte mir ein Mitarbeiter, dass die eine Seite oftmals nur die eigene Sicht sieht und man oft nicht bereit ist wahrzunehmen, wie der Andere es sieht und wie er es empfindet.

Genau da setzt Musalaha in den Camps den Schwerpunkt, indem man aufeinander zugehen will. Im letzten Seminar war es sehr hilfreich, indem man sich nicht um sich selbst drehte. Die Teilnehmer besuchten gemeinsam eine Schulung für Jugendarbeit und entdeckten plötzlich, dass die andere Seite durch die gleichen Fragen bewegt wird.

Welche Fragen zum Beispiel?
Da es eine Schulung über Jugendarbeit war, merkte man, dass die Jugendlichen beider Seiten dieselben Bedürfnisse haben, die gleichen Empfindungen, im gleichen Alter aber auch mit denselben Traumata, inneren Verletzungen zu kämpfen haben. Wie geht man damit um? Dies war ein wichtiger Schwerpunkt in dieser Schulung.

Auf beiden Seiten stehen Menschen mit den gleichen Problemen. Früher entdeckte man dies unter anderem auf Wüstentouren, auf welchen sich jeweils ein Jude und ein Palästinenser ein Kamel teilen mussten. Gibt es diese Touren noch? Wie arbeitet man heute?
Wüstentouren und andere Erlebnisse führten sehr stark zur Versöhnung bei. Man erlebte den anderen als Menschen. Heute ist es viel schwieriger geworden, solche Wüstentouren zu unternehmen. Sie finden noch statt, aber es ist schwieriger geworden, die Bewilligungen zu erhalten. Es ist heute viel einfacher, nach Europa zu gehen. Und es ist hilfreich, neue Eindrücke mitzunehmen, wenn man wirklich aus dem nahöstlichen Kulturkreis herausgenommen ist. Hier ist alles viel distanzierter. Eine Teilnehmerin meinte: «Hier in Deutschland spielen wir gemeinsam Volleyball. Wenn ich dies daheim erzähle, glaubt mir niemand, dass wir als Juden und Araber gemeinsam so freien Umgang pflegten.»

Und die Wüstentouren?
Jährlich finden noch ein bis zwei Wüstencamps statt. Das ist eine Reduktion, eine Anpassung an die aktuelle politische Gegebenheit. Weil es einfacher ist für palästinensische Jugendliche, Ausreisebewilligungen nach Europa zu erhalten, als sich innerhalb von Israel zu treffen. Daher geht man in die Türkei oder nach Deutschland.

Wie sahen bei Ihnen die letzten Monate aus?
Wir führten Sommercamps durch. In Deutschland ein Jugendcamp und in Israel ein Kindercamp. Das wurde möglich in der Nähe von Jerusalem. Wir merkten, wir müssen früh beginnen, Kontakte zu pflegen. Je früher Kinder Erfahrungen mit ihren Altersgenossen von der anderen Seite machen, desto eher wird vermieden, dass sich pauschale Haltungen und Argumente aufbauen.

Im Bereich der Jugendlichen eröffnen sich neue Möglichkeiten, die Jugendlichen wollen vermehrt direkt Informationen von den Jugendlichen der anderen Seite. So ist es das beste, wenn sie sich in Camps treffen und austauschen. Sie merken, dass beide Seite ähnliche Bedürfnisse und Fragen haben. Von daher wird das Denken und Erleben neu geprägt, dass man in Jesus Christus eins ist und mit ihm vorwärts schauen kann und in ihm ein Fundament hat um über die Situation im Nahen Osten nachzudenken.

Interview: Daniel Gerber

AmZI, die Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel, hat ihren Sitz in Reinach bei Basel und eine Zweigstelle in Deutschland.

Datum: 26.09.2003
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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