Zuflucht für ägyptische Christen

Koptenpatriarch Schenuda weiht Kirche in Genf

Der Oberhirte von über zehn Millionen christlichen Kopten, Schenuda III., hat am Montag in Meyrin bei Genf das erste eigene Gotteshaus seiner Kirche in der Schweiz geweiht.
Papst Schenuda III.
Koptische Kirche
Virgin Mary Monastery in Assiut / Aegypten

Der 81-jährige "Papst und Patriarch von Alexandria und ganz Afrika" wählte für diese fast vierstündige Zeremonie den Festtag der Apostelfürsten Petrus und Paulus, der nach dem ostkirchlichen (julianischen) Kalender auf den 12. Juli fällt.

Vor viel Prominenz aus orthodoxen und Landeskirchen dankte Patriarch Schenuda der Schweiz, dieses ständige koptische Gotteshaus mit angeschlossenem Gemeindezentrum für die Westschweiz ermöglicht zu haben.


Flucht in die Wüste

Schenuda III. wurde 1923 am Oberen Nil geboren und nahm 1948 als ägyptischer Offizier am ersten Palästinakrieg (israelische Unabhängigkeit) teil. Dieser Krieg war die Wende in seinem Leben: Der Historiker begann, in Kairo Theologie zu studieren, wurde Mönch und Einsiedler.

Als ihn 1962 der damalige Patriarch Kyrollos VI. zum Bischof ernannte, floh Schenuda immer tiefer in die Wüste. Er musste von der kirchlichen Obrigkeit regelrecht unter Zuhilfenahme der berittenen Kamelpolizei eingefangen werden.

1971 wurde der "Wüstenflüchter" selbst zum Patriarchen und 116. Nachfolger des Apostels Markus gewählt.

Er nahm sich in der Folge des Dialogs mit der katholischen Kirche an. Dieser führte zu einer "christologischen Formel", der die Kopten von jedem Vorwurf und Verdacht des Monophysitismus befreite, der seit ihrer Zurückweisung des Bekenntnisses von Chalzedon 451 gegen sie erhoben worden war. (Das Konzil von Chalzedon hielt, für alle westlichen und orthodoxen Kirchen verbindlich, zwei Naturen von Christus fest; altorientalische Kirchen hangen der Lehre an, dass Christus auf Erden monen physin: eine Natur, die göttliche, hatte.)

Anwalt der Christen in Ägypten

Vor allem ist Patriarch Schenuda III. zum mutigen Anwalt für Religionsfreiheit und Menschenrechte der von ihrer islamischen Umwelt und Obrigkeit bedrängten Christen Ägyptens geworden.

Von 1981 bis 1985 wurde er deswegen durch die ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat und Hosni Mubarak im entlegenen Wüstenkloster Deir Amba Bischoi unter Hausarrest festgehalten.

Die ägyptischen Märtyrer im Wallis

Anschliessend an die Weihe der neuen koptischen Kirche in Meyrin begab sich Schenuda III. am Montagnachmittag in die Walliser Chorherren-Abtei Saint-Maurice.

Dieses älteste Kloster nördlich der Alpen wurde 515 zu Ehren der Märtyrer aus der "Thebäischen Legion" errichtet. Diese war gemäss der Legende aus Theben in Oberägypten, einem der Hauptverbreitungsgebiete der frühen koptischen Kirche, ins römische Helvetien verlegt worden.


Damals: Die Araber als Befreier begrüsst

Die koptischen Christen Ägyptens, deren Sprache und Kultur auf das Erbe der Pharaonen zurückgeht, hatten sich im fünften Jahrhundert von der oströmischen Reichskirche getrennt, um ihre nationale Eigenart gegen das griechische Byzantinertum zu unterstreichen.

Die islamischen Araber wurden um 640 zunächst von den Kopten als Befreier von der Herrschaft Konstantinopels begrüsst. Seitdem ist die bald 1400jährige islamisch-christliche Geschichte Ägyptens von Phasen grosszügiger Toleranz, aber auch der Christenverfolgungen und ihrer Diskriminierung gekennzeichnet.

Heute: Islamistischem Druck standhalten

Seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts findet eine ausufernde Welle islamistischer Übergriffe und von Behördenwillkür gegen die Kopten einfach kein Ende. Letzter Gewaltakt war im vergangenen Winter die Ertränkung eines koptischen Pfarrers mit zwei seiner Gläubigen in einem Bewässerungskanal durch den örtlichen Polizeichef.

Als Folge dieser Nöte in der ägyptischen Heimat ist in den letzten Jahrzehnten erstmals eine weltweite koptische Diaspora entstanden, so auch in der Schweiz. Insgesamt lebt bereits ein Sechstel der Kopten im (nicht nur religiös) freieren Ausland.

Weiterer Artikel sh. Erste koptische Kirche der Schweiz bei Genf


Biografisches zu Schenuda III. sh. Seine Heiligkeit Papst Shenouda III.

Datum: 14.07.2004

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