Christian Solidarity International

Neubeginn für freigelassene Sklaven

Der Friedensprozess zwischen der islamistischen Regierung und der südsudanesischen Befreiungsbewegung SPLA wird von neuen Kämpfen und immer noch festgehaltenen Sklaven überschattet. Die Menschenrechtsorganisation Christian Solidarity International (CSI) ist im Notgebiet tätig. Verstärkt bemüht sie sich, den Einheimischen beim Neuanfang beizustehen. Gunnar Wiebalck, bei CSI für das Land zuständig, berichtet:
Auf dem Feld.
Die Hacken sind angekommen, die Aussaat kann beginnen. Im Hintergrund Gunnar Wiebalck.
Der Bau der Klinik wird von Dr. Luka (rechts) persönlich überwacht.

"Schukran - Danke!" Der in ein weites Beduinengewand gekleidete Mohammed Al-Bakr will unsere Hände gar nicht mehr loslassen. Dann bietet er Hibiskusblütentee an, mit einem Berg Zucker versetzt, so dass die Löffel in dem roten Sirup fast steckenbleiben. John Eibner und ich haben dem Händler soeben einen weiteren Grossauftrag erteilt: 1300 eiserne Hacken, aus arabischen Schmiedewerkstätten im Nordsudan.

Wo genau sie hergestellt werden, erfahren wir nicht. Der Weg der Kamelkarawanen durch die Wüsten ist geheim, der Handel illegal und gefährlich. Wir schauen uns um: Trächtige Ziegen, Kamele, Milchkühe und Schlachtvieh werden vorbeigetrieben. "Wir glauben der Regierung kein Wort, sie will keinen Frieden", sagt Al-Bakr und schüttet noch mehr Zucker in den Tee, "aber die Friedensverhandlungen sind gut fürs Geschäft, al-H'amdullilah - gelobt sei der Herr!"

Zehntausende noch immer vermisst

Später gehen wir durch die Namenslisten von neu zurückgekehrten ehemaligen Sklaven. Unsere einheimischen Helfer haben in dafür vorgesehen Spalten Notizen zu vielen Einzelschicksalen gemacht: "Geschlagen, als Sklave beschimpft, die Hinrichtung eines anderen Sklaven miterlebt, vergewaltigt, Kinder erschlagen, Tochter vermisst" steht da geschrieben. Jeder Eintrag ein Menschenschicksal, ein Hilfeschrei.

Dazu erhalten wir die Digitalfotos der Zurückgekehrten. Dominik Deng, einer unserer Mitarbeiter, bestätigt, dass immer noch Tausende von Menschen vermisst werden. Er hat mitgeholfen, die Familien auszuwählen, denen der Start in ein Leben nach der schrecklichen Sklavenzeit erleichtert werden soll. Zwischen Dezember und Februar konnten CSI-Mitarbeiter in acht verschiedenen Bezirken 5000 Starthilfe-Sets übergeben.

Klinik Wanyjok

In der Provinz Aweil-East wächst seit November die vom CSI-Notarzt Dr. Luka Deng geplante Klinik in die Höhe. Bereits kurz vor Weihnachten zeigte er mir stolz das aus gebrannten Ziegeln erbaute Hauptgebäude. Unter dem hölzernen Dachstock mit Blechdach werden das Behandlungszimmer und ein separates Medikamentenlager eingerichtet. Alle Räume haben verputzte und gestrichene Innenwände erhalten. Vier Hütten für stationäre Patienten und ein überdachtes Wartezimmer sollen im Februar bezugsfertig sein.

Es ist jetzt bereits ein Menschenalter her, dass in Wanyjok Gebäude von ähnlicher Qualität errichtet wurden. Damals bezogen die britischen Verwalter einen stattlichen Neubau, mit Garten, schattiger Terrasse und pompösen Fahnenständer im Hof. Die zerfallenden Reste sind heute Sitz der Zivilverwaltung des Bezirks.

Wunderbare Heilung

Dr. Luka Deng berichtet, dass er im letzten Quartal 2003 etwa 6'000 Patienten behandeln konnte. Gab es auch einmal so etwas sie ein Wunder? "Ja", erinnert er sich, "einmal kam eine Frau mit der vierjährigen Amel. Das Mädchen litt unter der gefährlichen Hirnmalaria und war in eine tiefe Ohnmacht gefallen.“

Amels Vater hatte den Hexendoktor konsultiert, weil er keinen anderen Rat mehr wusste. „10 Tage lang lag das Mädchen im Koma, wir ernährten es mittels Infusionen. Dann wachte es plötzlich auf und verlangte nach etwas Milch. Nach zwei weiteren Tagen konnte ich Amel gesund nach Hause entlassen!" Dr. Luka schätzt am meisten, dass mit CSI Dinge, die nur geplant sind, tatsächlich umgesetzt werden. "Das wird sich in vielen Gebeten unserer Menschen niederschlagen", sagt er.

Neue Kriegsfront

Dem Frieden im Sudan stehen noch immer grosse Hindernisse im Weg. In der Provinz Darfur im Westen des Landes eröffneten muslimische Rebellen eine neue Kriegsfront. Sie fühlen sich von keiner der Verhandlungsparteien vertreten und haben erheblichen Rückhalt in der muslimischen Bevölkerung.

Khartum hat seine wegen des Waffenstillstands im Süden entlasteten Truppen eilends in die neue Krisenregion versetzt und bombardiert bewohntes Gebiet rücksichtslos aus der Luft. Eine neue humanitäre Katastrophe bahnt sich an, wieder sind mehrere hunderttausend Menschen auf der Flucht.

"Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan", sagt Jesus. Wir erfahren immer wieder, dass es kleine Schritte sind, die positive Veränderungen bewirken, den Verfolgten nützen und Frieden stiften.

CSI im Internet: www.csi-int.org
Livenet-Bericht über Sklavenbefreiung: www.livenet.ch/www/index.php/D/article/181/10788

Autor: Gunnar Wiebalck
Quelle Text und Bilder: Christian Solidarity International (CSI)

Datum: 23.03.2004

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