Pfarrer Michael Freiburghaus

«Das Evangelium ist immer politisch»

Luther, Zwingli und Calvin bekannten unter Einsatz ihres Lebens ihren Glauben. Ihr Mut sollte uns motivieren, auch in unangenehmen Situationen zu biblischen Positionen zu stehen, ist Pfarrer Michael Freiburghaus überzeugt. Er ist Präsident der Schweizerischen Traktatmission und der Stiftung Zukunft CH.
Michael Freiburghaus
Michael Freiburghaus mit seiner Frau Christina

Michael Freiburghaus, warum gehört Christsein ins öffentliche Leben?
Michael Freiburghaus: Weil das Christsein das ganze Leben umfasst und deswegen immer politisch ist. Das kürzeste Glaubensbekenntnis lautet: «Jesus Christus!» Jesus ist der Christus (gesalbter König) und damit die oberste Instanz – und nicht irgendwelche Bürokraten in Brüssel oder Bern. Als Pfarrer sehe ich eine meiner Aufgaben darin, heutige gesellschaftliche Tabus auf Grundlage der Bibel anzusprechen und Lösungen aufzuzeigen.

Sie betonen, dass sich Christen bestmöglich in Gesellschaft und Politik einbringen sollen. Wo sehen Sie konkrete Möglichkeiten dazu?
Verantwortung zu übernehmen im Kleinen wie im Grossen: in einer örtlichen Kirchgemeinde, in Vereinen und Parteien, regelmässig abstimmen und wählen gehen. Ausserdem bietet sich der Marsch fürs Läbe an, um gegen die Fristenlösung der Abtreibung zu protestieren. Dieses Jahr wird der Anlass am 14. September in Zürich stattfinden.

Was motiviert Sie persönlich zum Engagement in einer Aargauer Landeskirche?
Mich fasziniert einerseits die Herausforderung, Menschen den Glauben an Jesus neu lieb zu machen. Und andererseits, auch gestandene Christen, die schon lange in der Kirchgemeinde aktiv sind, im Glauben weiterzubringen.

Sie haben mehrere Bücher verfasst. Worum geht es Ihnen bei der schriftstellerischen Tätigkeit?
Mein Ziel besteht darin, möglichst vielen Menschen die frohe Botschaft von Gottes Liebe weiterzugeben. Das geschieht nicht nur mündlich in den Predigten, sondern auch schriftlich in Büchern, Artikeln und Interviews (lacht).

…ist bereits ein nächstes Werk in Vorbereitung?
Einige Ideen sind bereits vorhanden und ich bin momentan an der Literaturrecherche. Wenn ich eine Publikation plane, lese ich zuerst Unterschiedliches zum Thema und spreche mit theologischen Freunden darüber. Aktuelle Veröffentlichungen sind jeweils auf meiner Homepage (siehe Kasten) einsehbar.

Ums gedruckte Wort ging es auch den Reformatoren. Inwiefern ist deren Wirken für Ihre Tätigkeit inspirierend?
Luther, Zwingli und Calvin haben unter Einsatz ihres Lebens ihren Glauben an Jesus bekannt. Ihr Mut steckt mich an, auch in unangenehmen Situationen zu meinen biblisch begründeten Überzeugungen zu stehen.

Luther etwa betonte das allgemeine Priestertum. Seine Botschaft würde gut auf Ihre Kanzel passen…
Auch mir geht es um Multiplikation: Ich motiviere Menschen, ihre von Gott erhaltenen Gaben zu nutzen und selber aktiv zu werden. Es ist ein weiter Weg, weil viele denken: «Der Pfarrer ist dafür angestellt, er macht's ja!» Doch jede und jeder Einzelne ist wichtig in einer Kirchgemeinde.

Was verbindet Sie mit dem Zürcher Reformator Zwingli?
Zwingli stammt aus einer Politikerfamilie. Darum war für ihn klar, dass das Evangelium auch gesellschaftspolitische Aspekte enthält. Abgeleitet davon, möchte ich es so formulieren: Christen dürfen sich nicht in eine Komfortzone zurückziehen, sondern sollen mutig für die Botschaft von Jesus Christus einstehen.

Welche Erwartungen haben Sie diesbezüglich ans 500-Jahr-Jubiläum der Schweizer Reformation?
Ich wünsche mir, dass wir nicht nur in die Vergangenheit blicken, was Gott vor 500 Jahren in der Schweiz getan hat, sondern auch in die Gegenwart und Zukunft. Gott ist immer derselbe: Wir brauchen eine zweite Reformation, die alle Gesellschaftsschichten erfasst! Dafür braucht es nicht einzelne Reformatoren, sondern dich und mich. Jede und jeder soll einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen Jesus als persönlichen Herrn und Heiland kennenlernen können und so das Reich Gottes vergrössert wird.

Sie engagieren sich ausserdem als Präsident der Schweizerischen Traktatmission und der Stiftung Zukunft CH. Warum?
Weil mir die Reformation der der Schweiz im Sinne einer Erneuerung aufgrund Gottes Wort der Bibel ein Herzensanliegen ist. Die Traktatmission verbreitet den christlichen Glauben mit kleinen Schriften, die Stiftung Zukunft CH setzt sich für eine Renaissance christlicher Werte mit dem christlichen Menschenbild für unsere Gesellschaft ein. Wir brauchen eine neue christliche Kultur als Gegenkultur zu unserem derzeitigen oftmals Gott-losen Mainstream.

Welche Bedeutung haben Traktate heute denn noch?
Traktate eignen sich gut, um das Evangelium weiterzugeben, weil sie kurz zusammengefasst den Weg zu Jesus aufzeigen. Prinzipiell können alle, Gross oder Klein, Traktate weitergeben. Wenn man beim Überreichen höflich das nötige Fingerspitzengefühl an den Tag legt, entwickeln Traktate eine grosse Wirkung und Menschen finden zum Glauben.

Das Motto der Stiftung Zukunft CH lautet: «Mit Werten Wert schaffen». Was sind Ihre Schwerpunkte?
Wir haben drei Hauptbereiche: Erstens Ehe und Familie, zweitens Werte und Gesellschaft und drittens die Aufklärung über den Islam und die Scharia (islamisches Gesetz). Dabei gründen wir unsere Überlegungen auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948. Die Stiftung Zukunft CH ist ein überkonfessioneller und überparteilicher christlicher Think Tank (Denkfabrik): Wir publizieren Aufklärungsmaterial und informieren so Politiker, gesellschaftliche Verantwortungsträger und alle interessierten Bürger des Landes. Dafür nutzen wir Vorträge, Standaktionen, Social Media und gedruckte Informationen.

Ich möchte Sie mit zwei Stichworten konfrontieren: «Kultur des Todes»…
Unser menschliches Leben wird heutzutage von unterschiedlichen Seiten angegriffen: Bereits der Embryo im Bauch der Mutter (Gefahr der Abtreibung), während des Lebens sowohl durch die hohe Selbstmordrate (die Schweiz hat eine der höchsten Selbstmordraten weltweit) als auch durch den Drogenkonsum (Drogensucht ist ein Selbstmord auf Raten) – und am Ende des Lebens lockt die Sterbehilfe für ein selbstbestimmtes Ableben. Jesus spricht: «Ich bin die Auferstehung und das Leben!» (Johannes, Kapitel 14, Vers 6). Wir haben eine begründete Hoffnung, diese Kultur des Todes mit der Auferstehung von Jesus zu überwinden.

Das Wohl einer ganzen Gesellschaft misst sich am Wohl der schwächsten Glieder (Embryos, Arme, Kranke und Betagte). Hier gilt es, als Christen die Stimme zu erheben und sich einzusetzen für die Schwächsten und diejenigen, die sich nicht selber wehren können, wie es schon im Alten Testament heisst: «Befreie, die unschuldig zu Tode geschleppt werden, und rette, die zur Hinrichtung getrieben werden!» (Sprüche 24, Vers 11).

…«Scharia-geleiteter Islam»
Die Scharia ist das islamische Gesetz. Nicht nur in islamischen Ländern, sondern auch in europäischen, ehemals christlichen Ländern gibt es die Bestrebungen, dass die Scharia eingeführt wird. In einigen europäischen Grossstädten gibt es bereits muslimische Parallelgesellschaften, in der die Scharia angewandt wird. Dies hat verheerende Auswirkungen für die dort lebenden Menschen: Grundrechte wie die Meinungsfreiheit werden eingeschränkt und Andersgläubige wie Jesiden oder Christen werden bedrängt oder gar verfolgt.

Eine persönliche Frage zum Schluss: Haben Sie ein Lebensmotto?
«Wer sich einsetzt, setzt sich aus!» Wer sich für etwas einsetzt, setzt sich automatisch Kritik aus. Aber es lohnt sich, Jesus täglich auf dem schmalen Pfad nachzufolgen.

Besten Dank für dieses Gespräch!

Zur Person

Michael Freiburghaus (1986), verheiratet mit Christina, ref. Pfarrer in Leutwil-Dürrenäsch (Aargau), Präsident der Schweizerischen Traktatmission und der Stiftung Zukunft CH, Autor verschiedener Bücher. Neuerscheinung: «Gott erneuert dich! Die Reformation deines Lebens», Esras.net 2019. Das Buch bietet eine humorvolle und herausfordernde Erklärung der Zehn Gebote und der Bergpredigt von Jesus Christus.

Zu den Webseiten:
Michael Freiburghaus
Zukunft CH

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Datum: 07.06.2019
Autor: Thomas Feuz
Quelle: EDU Standpunkt

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