Zu Weihnachten:

Kirchenvertreter aus der Schweiz rufen zur Solidarität auf

Zu Weihnachten lässt der Schweizerzweig von «Open Doors» je einen Vertreter der Reformierten, Katholiken und Freikirchen zu Wort kommen – der drei grössten christlichen Strömungen im Land. Zusammen mit den Orthodoxen sind diese drei Konfessionen diejenigen, die weltweit zu den am stärksten verfolgten Minderheiten gehören.
Bethlehem in der Nacht (Symbolbild)
Heinz Bichsel
Marc Jost
Walter Müller

«Gerne werden die Gründe von Konflikten verschleiert», beobachtet Heinz Bichsel, Leiter der Fachstelle «OeME-Migration» (Oekumene, Mission, Entwicklungszusammenarbeit), von den Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn.

«In der Weihnachtsgeschichte geschieht das aber nicht,» so Bichsel. Und weiter: «Sowohl bei Matthäus (Kindermord des Herodes) als auch bei Lukas (Erstellung von Steuerlisten) wird auf verschiedene Weise erwähnt, wie Besatzung und römische Machtpolitik das Leben der Bevölkerung und des schutzlosen Kindes bedrohen.

Auch heute steckt hinter der Vertreibung und Verdrängung von Menschen machtpolitisches Kalkül. Oft stehen dahinter ganz profane politische oder ökonomische Herrschaftsansprüche, der Kampf um den Zugang zu Ressourcen (Öl, Wasser, fruchtbares Land) oder der Versuch, soziale Konflikte durch Vertreibung von Minderheiten zu lösen. Machtpolitik benutzt gerne Religionen, um ihre Ansprüche zu rechtfertigen, bestehende Konflikte anzuheizen und Massen zu bewegen.

Solidarität mit christlichen Minderheiten beginnt mit der konkreten Unterstützung der Menschen, welche auf der Flucht sind (Beispiel HEKS-Hilfe für syrische Flüchtlinge) oder bei uns Schutz suchen (Beispiel Weihnachtsfeier mit Asylsuchenden des nächsten Durchgangszentrums).»

Nächstenliebe lässt umdenken

Ein Ende von Vertreibung, Folter und Mord wünscht sich auch Walter Müller, Mediensprecher der Schweizerischen Bischofskonferenz: «Die gegenwärtigen Ereignisse im Irak und Syrien überschatten den Advent und das Weihnachtsfest. Angesichts von Tod, Angst und Elend, denen die vertriebenen und bedrohten christlichen und anderen Minderheiten ausgesetzt sind, gilt es, jede mögliche Hilfe und Unterstützung zu leisten – sei es durch das Gebet, sei es mit Gaben an Hilfswerke, sei es mit der Aufnahme von Flüchtlingen oder mit staatlichen Interventionen im Rahmen der internationalen Staatengemeinschaft.»

«In der Region, in welcher Jesus geboren worden ist, werden seine Nachfolger heute unterdrückt», bedauert Marc Jost, Generalsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz. «Dass dort, wo die Geschichte unseres christlichen Glaubens begann, heute enormer Druck herrscht, stimmt mich traurig. Gleichzeitig bedeutet Weihnachten auch Hoffnung. Verschiedentlich konnte beobachtet werden, wie die Verfolgten mit christlicher Nächstenliebe ihre Peiniger zum Umdenken bewegen konnten. Und das ist das, was ich mir vom Fest des Friedens wünsche. Nämlich dass Geplagte Ruhe finden und dass Angreifer von der entwaffnenden Liebe jenes Friedefürsten überzeugt werden, den wir an Weihnachten feiern.»

Nicht mehr nach Ägypten fliehen

Für Heinz Bichsel heisst Solidarität mit christlichen Minderheiten auch, «in internationale Beziehungen und Zusammenarbeit zu investieren und die Auslöser der Vertreibung anzugehen. Weiter ist von den Kirchen ein entschiedener Einsatz für das Menschenrecht Religionsfreiheit gefragt, also die Solidarisierung mit allen religiösen Minderheiten, welche durch Vorurteile und Schuldzuweisungen bedroht sind. Projekte theologischer Bildung und des interreligiösen Dialogs sind wichtige Gefässe. um dem Missbrauch von Religion vorzubeugen und die Frieden stiftenden Kräfte der Religionen sichtbar zu machen (Siehe «Religion in Freiheit und Würde» der «Mission 21»). Damit an Weihnachten niemand mehr gezwungen ist, 'nach Ägypten zu fliehen'…»

Beten, hinsehen, handeln

«Wichtig ist auch, die bedrängten Christen spüren zu lassen, dass sie nicht alleine gelassen sind, dass sie unsere Brüder und Schwestern sind», hebt Walter Müller hervor. «Die katholischen Bischöfe der Schweiz ermutigen dazu, wenn immer möglich, Pilger- und Begegnungsreisen in die Länder des Nahen Ostens zu unternehmen. Kontakte und Partnerschaften erhalten in diesen Tagen besondere Bedeutung.

So unterhält die Westschweizer Abtei Saint-Maurice seit Jahren enge Beziehungen zu den koptischen Christen in Ägypten. Diese sahen sich im vergangenen Jahr einer Welle intensiver Gewalt ausgesetzt. Zahlreiche Christen kamen ums Leben, über 50 Kirchen wurden niedergebrannt. Der Papst der Kopten, Tawadros II. rief die Christen Ägyptens dazu auf, sich nicht an den Muslimen zu rächen und aus dem Rauch der abgebrannten Kirchen einen 'Weihrauch des Gebets' zu machen.»

«Wenn man Menschen aus der verfolgten Kirche fragt, was man für sie tun kann, ist meistens ihre erste Antwort, dass man für sie beten solle», sagt Marc Jost. «In der Schweiz beten laut einer Umfrage rund 80% Prozent der Einwohner. Warum also nicht im Gebet an jene denken, die leiden? Weitere wichtige Aspekte sind laut Jost, hinzusehen und sich zum Beispiel an Online-Petitionen zu beteiligen oder Verantwortungsträger direkt auf die Situation hinzuweisen. Dort wo Christen verfolgt werden, werden in der Regel auch andere Minderheiten unterdrückt und Menschenrechte generell mit Füssen getreten. Das soll unsere Regierung wissen und sich nach ihren Möglichkeiten einsetzen.»

Zur Webseite:
Open Doors
Schweizerische Evangelische Allianz
Schweizerische Bischofskonferenz
Oekumene Mission Entwicklung (OeME)

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Datum: 24.12.2014
Quelle: Open Doors CH

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