Überraschende Seelsorger

Vom Clown Gottes bis zum Boutique-Unternehmer

Zur Weihnachtszeit werden Kirchenleute auch für grosse säkulare Magazine interessant. Das Migros Magazin stellt vier «Pfarrer» mit speziellen Einsatzgebieten vor: Im Zirkus, in der Politik, am Bahnhof und im Modegeschäft.
Der «Clown Gottes»: Ernst Heller

Ernst Heller (66) bezeichnet sich selbst als «Clown Gottes». Der katholische Priester ist seit über 14 Jahren in 23 Schweizer Zirkussen und mit 2'000 Schaustellern sowie Markthändlern unterwegs. Doch er trägt kein schwarzes Gewand mit dem weissen Priesterkragen, sondern eine Stola mit aufgestickten Clowns. Glaube und Witz schliessen sich nicht aus, meint Heller dazu. Denn «Humor ist der Schlüssel zur Seele».

Die Kirche mit dem besonderen Kirchturm

Roman Angst und Rita Inderbitzin arbeiten im Zürcher Hauptbahnhof. Sie bieten den Passanten Seelsorge und einen interreligiösen Raum der Stille. Es komme vor, dass Menschen aus drei Religionen gleichzeitig nebeneinander beten, erzählten sie dem Migros Magazin. «Das berührt mich», sagt Roman Angst. Die besondere Kirche befindet sich direkt unter dem berühmten Engel von Nikki de Saint Phalle, der «unseren Kirchturm symbolisiert». Pro Tag besuchen laut Pfarrer Angst 300 bis 500 Menschen die Bahnhofskirche, hauptsächlich Pendler.

Auch im Parlament für Gespräche aufgesucht

Das Magazin porträtiert auch den Pfarrer und EVP-Politiker Marc Jost. Der 39-Jährige ehemalige Pfarrer des Evangelischen Gemeinschaftswerks EGW ist Grossrat im Kanton Bern und Co-Generalsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA). Dort engagiere er sich auf nationaler Ebene für Gemeinschaft sowie Gesellschaft und den Glauben. Es gebe nicht viele andere Seelsorger, die in die Politik gingen, so das Magazin. Berühmtestes Beispiel sei Josts Parteikollege Ernst Sieber, der Anfang der Neunziger für die EVP im Nationalrat war. Obwohl Jost nicht mehr als Pfarrer tätig sei, werde er weiterhin als Seelsorger gebraucht. «Es kam und kommt vor, dass Ratskollegen zu mir kommen und meine Hilfe suchen», sagte Jost der Zeitung.

Pfarrer am Ladentisch

Johnson Eliezer-Jensen (57) verkauft Mode und Schuhe in Bern und Zürich, Er kam als junger Inder in die Schweiz und studierte Theologie an der Universität in Bern. Über 20 Jahre lang arbeitete er in der reformierten Landeskirche des Kantons. Vor zwölf Jahren traf er eine radikale Entscheidung: Er tauschte das Pfarrhauses mit einer Ladenfläche im Zürcher Oberdorf ein. «Ich setzte meine sichere Existenz aufs Spiel, um herauszufinden, ob die christlichen Sätze auch in der Welt des Kaufens und Verkaufens etwas taugen», sagt Johnson Eliezer-Jensen dem Migros Magazin. Damit habe er zwar seine Anstellung, nicht aber sein Leben als Pfarrer aufgegeben. Denn: «Menschen suchen Antworten, aber nur die wenigsten davon in der Kirche.» In der Boutique führe er Gespräche und erhalte Anfragen für Taufen, Trauungen sowie Beerdigungen. Soweit er solche Aufträge übernimmt, tut er es ohne Honorar.

Datum: 19.12.2013
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / Migros Magazin

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