Berner Polizeidirektorin Ursula Begert ersetzte Pfarrer auf der Kanzel

Ursula Begert

Am bernischen Kirchensonntags sprach die Stadtberner Polizeidirektorin Ursula Begert in der reformierten Landeskirche von Meikirch zum Thema Überwindung von Gewalt. Sie rief dazu auf, Zivilcourage zu zeigen und nannte es eine lohnende Herausforderung, dem Beispiel von Jesus nachzueifern, Gewalt nicht mit Gegengewalt zu ahnden.

Innerlich wünsche man sich beispielsweise Vergeltung, wenn man von Kindsmisshandlungen lese. Doch Rache sei kein Weg, dieses Problem zu lösen, sagte Begert. Viel eher müsste hoffnungslosen Eltern Hilfestellung angeboten werden. Eine Möglichkeit sieht die ehemalige Direktorin für soziale Sicherheit dabei in Form von regelmässiger Betreuung durch Säuglingsschwestern, welche bei ihrer Tätigkeit ein wachsames Auge auf familiäre Verhältnisse werfen. Persönlich beschäftigten sie aber vor allem die kleinen Kinder, welche nicht wählen können, in welche Familie sie "hineingeboren" werden.

"Starke Menschen schlagen nicht!"

Druck am Arbeitsplatz, Arbeitslosigkeit und die falsche Vorstellung, Männer dürften keine Gefühle zeigen, führen laut Begert nicht selten zu häuslicher Gewalt. Da diese heute als Delikt gilt, müsse sie geahndet werden und sei deshalb keine Privatsache. Gewalt sei immer zu verurteilen; nicht aber die Menschen, die dahinter stünden. Sie zu verurteilen stehe uns nicht zu, sagte Begert weiter. Mit "wer keine Schuld hat, der werfe den ersten Stein" zitierte sie Jesus und stellte fest: "Starke Menschen schlagen nicht!". Gewalt in der Schule müsse vermehrt durch Fachpersonen angegangen werden, betonte die Berner Gemeinderätin und zeigte sich als vehemente Ver-treterin der sogenannten Schul-Sozialarbeit. "Die Schule hat in meinen Augen in erster Linie einen Bildungsauftrag und nicht einen erzieherischen," sagte sie. Um die Gewalt an Schulen einzudämmen sei aber vor allem auch eine gute Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrpersonal nötig.

In ihrem Referat ging Begert mehrmals auf die Bibel ein. Zwar stosse man im Alten Testament oft auf Gewalt, doch bei genauerem Hinsehen erkenne man schnell, dass die Bibel sehr realistisch sei und an vielen Orten Friedenszeichen setze. Als Beispiele nannte sie die zehn Gebote, die Sintflut, bei der Gottes Erbarmen mit der Menschheit erkennbar werde und das Gebot Jesu, dass "der Fremdling an unserem Sabbat teilhaben soll". Jesus habe nicht verlangt, dass wir alles duldeten, wohl aber, dass wir uns beherrschten. Begert rief die Anwesenden auf, sich stets im Zaum zu halten, aber gleichzeitig nicht wegzusehen, wenn sie mit Gewalt konfrontiert würden; "Zivilcourage haben und handeln, – aber nicht verurteilen!"

Interview

„Gott mehr gehorchen als den Menschen“

Ursula Begert (SVP) rechnet auch in der Tagespolitik mit der Kraft des Gebets. In ihrem politischen Amt sollen Gott, die Bibel und der christliche Glaube eine diskrete, aber wichtige Rolle spielen.

Thomas Hanimann: Frau Begert, wofür beten Sie besonders, wenn Sie an die Berner Regierung denken?
Ursula Begert: Ich bete, dass sich unsere Entscheidungen nach dem Wohl der Bevölkerung ausrichten und nicht nach unserer persönlichen Profilierung oder Befindlichkeit.

Gibt es in der Bibel Stellen, die Ihnen für Sie als Politikerin besonders wichtig geworden sind?
Es gibt in der Bibel eine ganze Menge Stellen dafür. Zusammenfassend kann ich es wohl auf den Punkt bringen: Man soll Gott mehr gehorchen als den Menschen.

Sie sind jetzt für die öffentliche Sicherheit zuständig? Was stellen Sie sich unter Sicherheit vor?
Da gibt es vielleicht zwei Hauptlinien: erstens die Gewissheit, dass ich mich in Gott geborgen fühle und dass uns ohne seinen Willen kein Haar vom Haupt fällt, zweitens die ganz banale und verbreitete Vorstellung von Sicherheit, die sich allerdings sehr schwer definieren lässt. Ich würde sagen, wir fühlen uns sicher, wenn wir uns ohne Angst Tag und Nacht frei bewegen können.

Was können christliche Gemeinden für die Politik tun? Wie könnte ihr Engagement konkret aussehen?
Beten. Ich glaube an die Kraft des Gebetes.Christen sollen sich auch in der Politik engagieren, aber bitte nicht in selbstgerechter Überheblichkeit, einer Untugend, welcher christliche Kreise besonders leicht ausgesetzt sind!

Was wäre für Sie der grösste Erfolg in Ihrer Karriere als Politikerin?
Wenn man ohne grosse Worte an meinem Handeln spürt, wer mir die Kraft zum Handeln in der Politik gibt.

Datum: 13.02.2004
Autor: Thomas Hanimann
Quelle: idea Schweiz

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