„Rolle der Kirchen bei Ende der DDR wird unterschätzt“

Der Leipziger Karl-Marx-Platz am 16. Oktober 1989.
„Revolution der Kerzen“ wurde der Herbst 1989 häufig genannt.

Die Rolle der Kirchen bei der friedlichen Revolution in der DDR wird nach Ansicht des Berliner Theologen und Philosophen Richard Schröder "nach wie vor" unterschätzt. Die Demonstrationen der Oppositionsbewegung im Herbst 1989 seien nicht von Betrieben oder Universitäten ausgegangen, sondern zum grossen Teil von Gottesdiensten, sagte Schröder.

Schröder äusserte sich bei einem Empfang aus Anlass seines 60. Geburtstags. Dabei würdigten Bundespräsident Johannes Rau, der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU), der frühere Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, und Schröders theologischer Lehrer, der Tübinger Systematiker Eberhard Jüngel, dessen Verdienste

Auch Johannes Rau betonte, zu vieles aus der kurzen Zeitspanne 1989/90 werde "zu schnell vergessen". Der gebürtige Sachse Schröder war 1990 Mitglied der frei gewählten Volkskammer der DDR und danach des Bundestags. Seit 2001 gehört er dem Nationalen Ethikrat an.

Rückblick

1989 löste sich die DDR langsam auf. Immer mehr Menschen und insbesondere jüngere Bürger wurden Flüchtlinge. Die Grenze war in Ungarn schon offen, und sie konnten daher die DDR verlassen. Die DDR-Regierung hatte immer weniger Autorität und Macht aber die Menschen hatten noch Angst vor der sowjetischen Regierung. Als die Montagsdemonstrationen im Oktober 1989 in Leipzig begannen, hatten die Bürger das Massaker am 3. Juni 1989 in Peking noch im Kopf.

Demonstrationen fingen in der Kirche an

Die Leipziger Montagsdemonstrationen fingen in der Kirche an, und insbesondere in der Nikolaikirche. Weniger als 10.000 Menschen kamen zur ersten Montagsdemonstrationen 25. September 1989, aber in der letzten Demonstration vier Wochen später gab es mehr als 100.000 Demonstranten. Die Demonstrationen in Leipzig waren die ersten dieser Grösse, und der Anfang vieler Demonstrationen überall in der DDR. 1999 wurde Leipzig zum zehnten Jahrestag der Demonstrationen von der Bundesrepublik geehrt. Die Demonstranten, die an den Montagsdemonstrationen, wurden Helden genannt.

Die Montagsdemonstrationen wuchsen aus den Friedensgebeten heraus, die schon 1982 anfingen. Sie waren als Anwort auf die weitere Stationierung von NATO-Raketen in Westeuropa und von Raketen in der DDR. Vor den grossen Oktober-Demonstrationen, hatten immer mehr Menschen begonnen, an den Friedensgebeten teilzunehmen. Die Lage in der DDR wurde immer kritischer, da immer mehr Bürger die DDR verlassen wollten. Obwohl sich immer mehr Menschen bei den Friedensgebeten in der Nikolaikirche begegneten, war es für die die Besucher der Friedensgebeten mit grossen Risiken verbunden. Die Polizei fing an, jeden Montag zu erscheinen, um zu sichern, dass die Teilnehmer gleich nach Hause gingen. Die Kirchenleiter waren sich der Unsicherheit bewusst. Zu den Friedensgebeten schienen jedesmal doppelt soviele Menschen zu kommen wie die Woche zuvor. In der Nikolaikirche wurde dringend geraten, weitere Konflikte zu vermeiden und nach dem Gottesdienst gleich nach Hause zu gehen.

Unvergesslich das rymthmische Rufen, das in die Geschichte einging: „Wir sind das Volk“ mit der Betonung auf dem ersten Wort, „Wir sind keine Rowdies“, „Keine Gewalt“ und immer wieder zu den noch Unentschlossenen und Ängstlichen am Rande der Strasse: „Schliesst euch an!“ So begann der Niedergang der DDR.

Quellen: Kipa/Livenet

Datum: 16.01.2004

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