Lepra-Mission bei UN in Genf

«Diese Gesetze müssen abgeschafft werden!»

Leprakranke Menschen dürfen den ÖV nicht benutzen oder in manche Länder nicht einreisen: Über 100 Gesetze in über 20 Ländern – teils aus dem 19. Jhd. – diskriminieren Leprabetroffene in einer Weise, die heute jeder medizinischen Grundlage entbehren.
Markus Freudiger vor dem UNO-Gebäude in Genf (Bild: lepramission.ch)

Markus Freudiger, Geschäftsleiter der Lepra-Mission Schweiz, überreichte eine entsprechende Petition verschiedenen Botschaftern in Genf. «Es gibt mehr als 100 Gesetze in mehr als 20 Ländern, die leprakranke Menschen und ihre Familienangehörigen auf das Schärfste diskriminieren», bilanziert Markus Freudiger. «Das sind veraltete Gesetze.»

Diese Regelwerke beinhalten zum Beispiel, dass Leprabetroffene nicht in ein Land einreisen können, keine öffentlichen Verkehrsmittel verwenden dürfen oder dass die Krankheit ein Scheidungsgrund ist. «Aus medizinischer Sicht besteht heute absolut kein Grund für solche Gesetze. Der UN-Menschenrechtsrat hat eine Sonderbotschafterin eingesetzt, Dr. Alice Cruz, um solche Diskriminierungen zu stoppen.»

Diplomaten in Genf getroffen

Am Donnerstagabend legte Alice Cruz ihren Rapport der UN-Generalversammlung vor. «Gleichzeitig startete die Lepra-Mission eine weltweite Petition, bei der über 7'100 Unterschriften zusammengekommen sind von Menschen aus 58 Ländern. Sie alle fordern das gleiche: dass diese Gesetze abgeschafft werden.»

Jene Unterschriften überreichte Markus Freudiger nun in Genf an Botschafter aus fünf verschiedenen Ländern. «Ich konnte jeweils zwischen 15 bis 30 Minuten mit den Diplomaten zusammensitzen und ihnen die Situation erklären und sie auffordern, aktiv zu werden.»

Jedes Land, das Markus Freudiger treffen konnte, ist Mitglied des UN-Menschenrechtsrates. «Ich forderte, dass sie diesen Mechanismus einsetzen, um auf die diskriminierenden Gesetze aufmerksam zu machen. Und von den Ländern, in denen solche Gesetze aktiv sind, zu fordern, dass diese Paragrafen gestrichen werden. Jedes Land kann Empfehlungen an ein anderes Land abgeben. Diese werden vier Jahre später überprüft.» Das ein und andere Land, das Freudiger besuchte, hat selbst noch solche aktiven Gesetze. «Sie sagten von sich aus, dass sie das anschauen und prüfen, ob sie das gleich selbst streichen können.»

Abschaffung macht Unterschied

Dass diese Forderungen etwas auslösen, zeigt die bisherige Geschichte. «Ich war 2019 auf der ungarischen Botschaft und sprach mit dem Beauftragen für Menschenrechte. Wir stellten dabei fest, dass es sogar in Ungarn noch ein solch veraltetes Gesetz gibt. Als ich nun, zwei Jahre später, wieder auf der Botschaft war, stellte sich heraus, dass dieses Gesetz abgeschafft worden ist. Das ist die Hoffnung, die wir gegenüber anderen Ländern haben, die noch solche Paragrafen haben.»

Ebenfalls besucht wurde die Vertretung von Bangladesch. «Dort wurde das letzte solche Gesetz vor zehn Jahren abgeschafft. Wir konnten feststellen, wie die Lepra-Arbeit seither fortgeschritten ist. Und weil das Gesetz nicht mehr in Kraft ist, kommen die Betroffenen nun zu ihren Rechten – das betrifft zum Beispiel die Witwen und Invalidenrenten.»

Namibias Botschafter betroffen

Der Diplomat aus Namibia war sehr berührt darüber, dass Leprakranke neben ihrem Aussehen auch durch die Gesetze diskriminiert werden. «Er zog daraus Parallelen zu der schmerzhaften Geschichte seines Landes Namibia, wie sie als Schwarze auch wegen der Hautfarbe für viele Jahre diskriminiert wurden. Er sagte, dass es dies nicht geben darf und dass er sich persönlich einsetzen will, dass das letzte solche aktive oder inaktive Gesetz in Namibia – nämlich dass Leprakranke nicht ins Land einreisen dürfen – abgeschafft wird.»

Gegenwärtig existieren 130 solche Gesetze in 29 Ländern, darunter Indien, Pakistan, Nepal, Ägypten, Malta, Jamaika und die USA.

Zur Webseite:
Lepra-Mission Schweiz

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Datum: 28.10.2021
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Lepra-Mission Schweiz

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