Be Unlimited

«Ein Kind trägt niemals die Schuld»

Sexuelle Übergriffe auf Kinder passieren. Täglich und auch an Orten, wo niemand es vermuten würde. In allen Gesellschaftsschichten, in Vereinen und Institutionen, in Schulen und in unserer Nachbarschaft. Die Kummer-Nummer von Be Unlimited bietet betroffenen Kindern und Jugendlichen ein offenes Ohr und konkrete Hilfe. Damit sie neue Hoffnung schöpfen und kompetente Hilfe erhalten.
Die Kummer-Nummer hat immer ein offenes Ohr.
Roy Gerber
Bei Schuleinsätzen mit dabei: ein Therapiehund

Gegründet wurde Be Unlimited im Jahr 2011 von Roy Gerber. Dieser arbeitete damals als Betriebsleiter bei der Stiftung Pfarrer Sieber. Bei Care Team Einsätzen kam Gerber immer wieder mit Opfern von sexuellem Missbrauch in Kontakt und merkten, dass es in der Schweiz kaum Anlaufstellen für betroffene Kinder und Jugendliche gibt. Dieser akute Notstand und das Versprechen, das er einem schwer traumatisierten Kind gegeben hatte, bewegten Roy Gerber, Be Unlimited zu gründen.

Begegnen: Die Kummer-Nummer

So wurde im Jahr 2012 die «Kummer-Nummer» ins Leben gerufen, ein Angebot, bei dem Betroffene ihre Geschichte erzählen und ihren Kummer loswerden können. Die Kummer-Nummer ist anonym, diskret, gratis und 24 Stunden/7 Tage in Betrieb. Kinder und Jugendliche, die sich dort melden, treffen auf ein kompetentes Gegenüber und erlebten oft zum ersten Mal, dass ihnen geglaubt und ihre Geschichte ernst genommen wird. Die Erfahrung zeigt, dass die Fälle, bei denen es nicht stimmt, was Kinder oder Jugendliche in Bezug auf sexuelle Übergriffe erzählen, äusserst selten sind. Laut Studien bewahrheiten sich über 98 Prozent der Fälle und die Aussagen der Betroffenen bestätigen sich.

763 Gespräche wurden im Jahr 2017 über die Kummer-Nummer geführt. In diesen braucht es oft einen langen Atem, wenn man einem Kind helfen will. Um das Kind oder den Jugendlichen nicht zusätzlich zu gefährden, muss sehr vorsichtig und strategisch vorgegangen werden. Häufig geht es zuerst darum, die Betroffenen in ihrer Situation zu stärken und zu ermutigen. In manchen Fällen wird auch die Zusammenarbeit mit Kinderschutz und Polizei nötig. So müssen bei innerfamiliärem Missbrauch Kinder teilweise in Sicherheit gebracht werden. Wo immer möglich, geschieht dies zusammen mit einer Bezugsperson. Kommt der Täter aus dem ausserfamiliären Umfeld, wird abgeklärt, ob das Kind schon mit jemandem aus dem nahen Umfeld gesprochen hat. Mit Erlaubnis des Kindes wird geschaut, ob und wie die Eltern ihr Kind unterstützen können.

Begleiten – Schuleinsätze mit Therapiehunden

Immer häufiger wird Be Unlimited von Schulen kontaktiert, weil Lehrpersonen in Situationen stehen, in denen sie merken, dass etwas nicht stimmt. Pro Jahr engagiert sich deshalb ein Team unter dem Motto «Läb Unlimitiert» an zehn bis zwölf Schulen, jeweils ca. einmal im Monat. Dabei wird als erstes jeweils ein Infoabend veranstaltet, bei dem das Lehrerteam über die Arbeit von Be Unlimited informiert und Fragen geklärt werden. Danach finden über einen längeren Zeitraum in regelmässigen Abständen die Schuleinsätze statt. Konstanz ist bei dieser Arbeit wichtig. So werden mindestens zehn Einsätze vereinbart, bei Bedarf wird die Einsatzdauer auch verlängert.

Viele Schüler nutzen dieses Angebot, erzählen und lassen sich ermutigen. Es geht dabei um verschiedene Arten von Kummer, beispielsweise wegen der Scheidung von Eltern. Oft münden das «nur die Hunde streicheln» oder Gespräche über den «kleinen» Kummer irgendwann in Gespräche über erlebte sexuelle Ausbeutung oder Missbrauch. Mit älteren Schülern spricht das Team auch über Pornografie und Rauchen oder Trinken und darüber, dass diese Dinge oft als «Schmerzmittel» eingesetzt werden, weil der Kummer so gross ist. Die Jugendlichen werden ermutigt, doch lieber über den Kummer zu sprechen, als ihn mit Suchtmitteln zu betäuben.

Haben Kinder oder Jugendliche Vertrauen gefasst, versucht das Team, mit ihnen in Kontakt zu bleiben, um ihnen langfristig und wirksam helfen zu können. Über Hilfenummern und Whats-App-Gruppen können die Kinder dann die jeweiligen Mitarbeiter kontaktieren. Die Mädchen oder Jungen werden dabei immer von einem Zweier-Team betreut. Es braucht hohe Transparenz und viel Achtsamkeit, damit diese Kinder sich sicher fühlen können.

Auswirkungen der Schuleinsätze

Schulleiter und Lehrpersonen melden begeistert zurück, dass sie in ihren Schulen eine neue Kultur der gegenseitigen Ermutigung feststellen und dass es einfacher wird, über Kummer und Probleme zu sprechen. In der Regel bitten die Schulen das «Läb Unlimitiert»-Team um weitere Einsätze. Dass diese Schuleinsätze nicht kostendeckend sind, versteht sich von selbst. Be Unlimited sucht deshalb immer wieder Personen, Organisationen und Firmen, die sich durch Spenden an ihrer Arbeit beteiligen. So unterstützt auch Zukunft CH die Schuleinsätze «Läb Unlimitiert» finanziell, damit Kinder mit ihrer Not nicht allein gelassen werden.

Nach den Einsätzen

Manche Kinder treffen die Mitarbeiter von «Läb Unlimitiert» in Camps wieder, die von Be Unlimited begleitet werden. Das Mitarbeiten in Pfadilagern, Kinderfreizeiten, Klassenlagern u.Ä. ist äusserst wertvoll, weil das Team dort bei den verschiedenen Aktivitäten sehr natürlich mit den Kindern ins Gespräch kommt. Oft erzählen betroffene Kinder den Therapiehunden bei Spaziergängen ihre ganze erschütternde Geschichte und geben den Mitarbeitern damit die Chance, ihnen konkret beizustehen. Kinder und Jugendliche sollen hören, dass sie unendlich wertvoll sind und keine Schuld tragen an dem, was sie erlebt haben. Es gibt Kinder und Jugendliche mit unfassbar schmerzhaften Lebensgeschichten, aber hoffnungslose Fälle gibt es nicht!

Dieser Artikel erschien im Magazin Zukunft CH.  

Webseiten:
Be Unlimited
Die Kummer-Nummer

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Datum: 02.08.2018
Autor: Regula Lehmann
Quelle: Zukunft CH

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