Zahlen über die Zugehörigkeit

Volkszählung und die Freikirchen

Erstmals liegen aus der Volkszählung Zahlen über die Zugehörigkeit zu einer Freikirche vor (wir berichteten darüber). Die Freikirchen integrieren deutlich mehr Ausländer als die evangelisch-reformierten Landeskirchen. Ein Problem stellen die doppelten Mitgliedschaften dar; sie verfälschen den Zahlenspiegel. Das Eidgenössische Departement des Innern plant eine Harmonisierung der Personaldaten bei den Einwohnerkontrollen mit dem Ziel, die Volkszählung 2010 elektronisch durchzuführen. (von Samuel Moser, ehem. Präsident Freikirchenverband VFG) (idea) Die Schweiz gehört zu den wenigen Ländern Europas, die in der Volkszählung die Frage zur Religionszugehörigkeit stellen. Erstmals konnte in der Volkszählung 2000 auch die Zugehörigkeit zu einer evangelischen Freikirche oder andern protestantischen Gemeinschaft deklariert werden. Die Erfassung erfolgte auf einer vom Bundesamt für Statistik (BFS) erstellten Nomenklatur, welche sich im Wesentlichen auf das Handbuch von Oswald Eggenberger "Die Kirchen, Sondergruppen und religiösen Vereinigungen" abstützt. Freikirchen mit mehr Ausländern Erfreulich ist, dass die evangelischen Freikirchen und übrigen protestantischen Gemeinschaften im Unterschied zu den öffentlich-rechtlich anerkannten Landeskirchen, ihren Anteil von 2,2 Prozent halten konnten. Wegen der erstmals detaillierten Erfassung war es aber nicht möglich, Verlust und Zuwachs bei den einzelnen Denominationen zu beziffern. Über alles gesehen ist festzuhalten, dass es trotz Gemeindewachstumsbewegung keinen Zuwachs bei den Freikirchen gegeben hat. Oder sind etwa die stabil gebliebenen 2,2 Prozent der Gemeindewachstumsbewegung zu verdanken? Positiv zu beurteilen ist die Feststellung des BFS, wonach die evangelischen Freikirchen wesentlich jünger und stärker familienorientiert sind sowie mehr Kinder haben. Sie integrieren auch deutlich mehr ausländische Mitglieder als etwa die evangelisch-reformierte Landeskirche, was auf dem Hintergrund der in evangelikalen Kreisen heftig umstrittenen Asylantenfrage eine interessante Tatsache ist. Doppelte Mitgliedschaften verfälschen das Bild Die ermittelte Gesamtzahl von 161075 Angehörigen aus Freikirchen und übrigen protestantischen Gemeinschaften ist aus freikirchlicher Sicht zu differenzieren. Wenn man nämlich die Zahlen für die Neuapostolen, die Zeugen Jehovas, die Mormonen und allenfalls Siebten Tag-Adventisten unberücksichtigt lässt, dann haben sich nur rund 100000 Personen als evangelische Freikirchler bezeichnet. Gestützt auf die den beiden freikirchlichen Verbänden VFG (deutsche Schweiz) und FREOE (Romandie) vorliegenden Erfahrungszahlen, müssten es wesentlich mehr sein. Warum diese Diskrepanz? Eine Erklärung dürfte die doppelte Mitgliedschaft sein. Manche Angehörige von evangelischen Freikirchen und Gemeinschaften sind gleichzeitig Mitglied der evangelisch-reformierten Landeskirche. Eine weitere Erklärung: Die Frage nach der Religionszugehörigkeit hat eine stark subjektive Komponente – "Religion ist schliesslich Privatsache!" – deshalb wurde sie wahrscheinlich von manchen Freikirchlern schlicht nicht beantwortet. 2010 elektronisch? Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) führt zur Zeit eine Vernehmlassung über das Bundesgesetz betreffend die Harmonisierung der Einwohnerregister und anderer Personalregister durch. Ziel der Vorlage ist es, diese Register für die zukünftigen bevölkerungsstatistischen Erhebungen und die auf das Jahr 2010 angestrebte Modernisierung der Volkszählung vollumfänglich zu nutzen. Der Gesetzesentwurf lässt nicht zufriedenstellend erkennen wie die Religionszugehörigkeit, inklusiv der nicht öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften, erfasst werden soll. Wenn es nach dem Entwurf des EDI gehen sollte, würden die Merkmalsdefinitionen in einer Verordnung des Bundesrates festgelegt. Aber soweit ist es noch nicht. Nach Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens muss der Gesetzesentwurf vorerst die parlamentarische Hürde nehmen. Dabei dürfte die Einführung eines koordinierten eidgenössischen "Personenidentifikators" noch einiges zu reden geben. Unabhängig davon, ob die Daten für die Volkszählung 2010 auf elektronischem Weg über die Einwohnerkontrollen oder in einem herkömmlichen Verfahren erhoben werden, sind aus der Sicht der evangelischen Freikirchen folgende Forderungen anzumelden: Hinter die der Erhebung 2000 zugrunde gelegte Nomenklatur darf nicht mehr zurück gegangen werden; im Gegenteil, diese Nomenklatur muss rechtzeitig überarbeitet und der aktuellen Entwicklung angepasst werden, denn die freikirchliche Landschaft ist im Umbruch begriffen. Den Freikirchenleitungen wird zu gekommener Zeit die Aufgabe zufallen, ihre Mitglieder rechtzeitig zu informieren und mit dem Hinweis auf die gesetzlich vorgeschriebene Anonymisierung der erhobenen und publizierten Daten allenfalls vorhandene Ängste abzubauen. Religion findet ausserhalb der Kirche statt Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik belegen es: Die Landeskirchen verlieren Mitglieder, die Freikirchen stagnieren, die Konfessionslosen legen zu. Mehr als ein Zehntel der Schweizer Bevölkerung lebt einen eigenen Glauben.
Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik
Kirche

Diese nüchternen Zahlen bestätigen, was man in der Landeskirche schon seit längerem mit Sorge betrachtet hat. Obwohl niemand schwarzmalen möchte, stellt sich dennoch die Frage der Konsequenz, die aus dieser Statistik gezogen werden soll.

Daniel Rehfeld hat sich darüber mit Georg Schubert, dem neuen Sekretär der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK-CH), unterhalten.

Audio-Beitrag

Quelle: idea schweiz/ERF

Datum: 14.02.2003

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