Mutterschafts - Versicherung als Minimalvariante

Mutter und Kind

Die Mutterschaftsversicherung ist vom Nationalrat, wenn auch gegen andauernden Widerstand, akzeptiert worden. Das von Gewerbepräsident Pierre Triponez eingebrachte Modell hat mit 129 gegen 27 Stimmen die Gnade des Rates gefunden.

Dass nach 57 Jahren, in denen der Verfassungsauftrag zur Mutterschaftsversicherung seiner Realisierung harrt, endlich eine Lösung gefunden wurde, ist zwar achtbar, aber nicht gerade umwerfend. Dass die Gelder aus der Erwerbsersatz-Ordnung (EO), die zurzeit eine übervolle Kasse kennt, in Zukunft auch für die Mütter fliessen sollen, stiess jetzt locker auf Zustimmung. Dem Gewerbeverband, der das frühere Mutterschaftsversicherungs-Gesetz an der Urne zu Fall brachte, gebührt das Verdienst, den Müttern jetzt doch noch zu einer finanziellen Kompensation bei Mutterschaft zu verhelfen. Das Versicherungswerk beschert vorderhand weder Bund noch Arbeitgebern neue Lasten. In der Vernehmlassung wurden zwei weitere Varianten offeriert, die noch weniger Leistungen gebracht hätten und insbesondere Betriebe belastet hätten, die jüngere Frauen beschäftigen.

Die vom Nationalrat angenommene Mutterschaftsversicherung hat durchaus auch ihre Mängel. Sie versteht sich lediglich als Erwerbsausfallentschädigung und lässt erwerbslose Mütter, die sich ganz für die Familie engagieren, leer ausgehen. Sie genügt damit dem Postulat der Wahlfreiheit von Frauen zwischen Erwerbsarbeit und Familienarbeit nicht. Auch Frauen, die im Unternehmen ihres Mannes mitarbeiten und keinen Lohn beziehen, hinterlassen zwar eine Lücke im Betrieb, die aber nicht kompensiert werden soll. Ebenso wenig soll der Einsatz von Familien zugunsten von Adoptivkindern von der Mutterschaftsversicherung honoriert werden. Solche Einschränkungen sind nur in einer Gesellschaft möglich, welche das Kinderhaben im Grunde genommen immer noch als Privatsache sieht und sich nicht über die immense Bedeutung der kommenden Generation für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft im Klaren ist.

Die neue Versicherung geht eindeutig vom Gedanken aus, den Erwerbsausfall von Frauen zu kompensieren, die zwangsläufig während der Zeit rund um die Geburt pausieren müssen, dann aber weiter arbeiten möchten. Sie sieht die Mutter als Erwerbstätige, die ihre Arbeit für die Geburt eines ihrer Kinder kurz unterbricht und ihr Kind dann fremdbetreuen lässt. Die vom Nationalrat genehmigte Variante Triponez sieht sich eindeutig nicht als Instrument der Familienpolitik, schon gar nicht als Anreiz, mehr Kinder zu bekommen.

Dafür verweisen Gewerbekreise auf die Familienpolitik. Doch diese wird permanent auf der langen Bank herumgeschoben und dürfte vor allem keine neuen Kosten bringen. Der kleine Erfolg im Nationalrat darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schweiz in Sachen Familienpolitik noch sehr viel aufzuholen hat.

Datum: 06.12.2002
Autor: Fritz Imhof
Quelle: SSF

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