Studie will Lücke zu Abtreibungsstatistiken schliessen

Freiburg. Bei der öffentlichen Meinungsbildung zur bevorstehenden Abstimmung über die Fristenregelung und die Initiative "Für Mutter und Kind" spielen umstrittene statistische Angaben über die Entwicklung der Quote der Schwangerschaftsabbrüche eine wichtige Rolle. Während die einen das Argument ins Feld führen, freizügige gesetzliche Lösungen führten zu weniger Abtreibungen, versuchen die strikten Abtreibungsgegner das Gegenteil zu belegen. Letzteres tut nun auch eine neue Studie aus dem Umfeld der Initianten "Für Mutter und Kind".

In der Schweiz fehlt offizielles und verlässliches Datenmaterial zu den Schwangerschaftsabbrüchen schon lange. Das Bundesamt für Statistik hat es infolge ungenauer Grundlagen bereits 1989 aufgegeben, eine gesamtschweizerische Abtreibungsstatistik zu erstellen.

Befürworter der Fristenregelung, Bundesrat und Parlament zitierten dennoch "kritiklos unhaltbare Zahlen" und gebrauchten diese als "Argumente", bemängelt deshalb die "Hilfe für Mutter und Kind". Besonders umstritten sind die Schätzungen zur Zahl der illegalen Abbrüche in den sechziger Jahren, sie sind bis heute Grundlage für statistische Berechnungen.

Bescheidener Rückgang

Die Autoren der neuen Studie, François Geinoz und Gisela Bührer, kommen in ihrer Untersuchung "Abtreibungsstatistiken in der Schweiz unter der Lupe" zum Schluss, dass es vor dreissig Jahren viel weniger illegale und legale Abtreibungen gegeben habe, als meistens behauptet werde. Der in den letzten Jahrzehnten erfolgte Rückgang der Schweizer Abtreibungszahlen sei deshalb viel bescheidener als angenommen. Er sei nicht auf die "Liberalisierung" der Praxis, sondern auf andere Faktoren zurückzuführen.

Die Autoren halten fest, dass die Zahl der legalen Schwangerschaftsabbrüche seit einigen Jahren wieder ansteige, namentlich bei Teenagern. In Ländern, die eine Fristenregelung kennen, sei die Abtreibungsrate in der Regel höher als in restriktiveren Ländern wie Spanien und der Schweiz. Sie schätzen, dass mit der vorgeschlagenen Fristenregelung die Abtreibungsrate um etwa ein Viertel ansteigen würde. Die Zunahme in absoluten Zahlen könne jedoch geringer ausfallen, da die Anzahl der Frauen im gebärfähigen Alter sinken werde und eine weiter zunehmende Verbreitung der Sterilisationen und wirksamer Verhütungsmittel wahrscheinlich sei.

Hinweis: "Abtreibungsstatistiken in der Schweiz unter der Lupe", François Geinoz und Gisela Bührer, Zürich, 85 Seiten, 15 Tabellen und Graphiken, ISBN 3-00-009424-5.

Datum: 09.05.2002
Quelle: Kipa

Werbung
Livenet Service
Werbung