Strafe für «Extremismus»

Russland: Putin unterzeichnet Gesetz zu «Missionstätigkeit»

Präsident Putin hat am 6. Juli Gesetzesänderungen zum sogenannten Gesetz über «Missionstätigkeit» unterzeichnet, die das Weitergeben von Glaubensüberzeugungen sehr einschränken, berichtet die norwegische christliche Menschenrechtsorganisation Forum 18.
Vladimir Putin

Diese Verschärfungen seien am 7. Juli auf der Webseite des Präsidenten publiziert worden und sollen bereits am 20. Juli in Kraft treten. Glaubensüberzeugungen dürften demnach nur noch an wenigen Örtlichkeiten und von einem eng begrenzten Personenkreis weitergegeben werden. Gleichzeitig wurden die Strafen für «Extremismus» erhöht. Menschenrechtsanwälte würden bereits Beschwerden vorbereiten, um gegen das Gesetz vor dem Verfassungsgericht zu appellieren, so Forum 18.

«Ein schwarzer Tag»

Die Unterzeichnung der Gesetzesänderung durch Präsident Putin habe in Russland breite Verurteilung hervorgerufen, so die norwegische Menschenrechtsorganisation. «Heute ist ein schwarzer Tag», sagte Rechtsanwalt Vladimir Ryakhovsky vom Slawischen Zentrum für Recht und Gerechtigkeit. Die Hoffnung, dass Putin das Gesetz nicht unterzeichnen würde, sei enttäuscht worden. «Das Gesetz widerspricht ganz direkt dem Auftrag 'Geht hin und macht zu Jüngern' und verletzt zudem die verfassungsmässigen Rechte der Bürger», kommentierte der Rechtsanwalt. Laut Forum 18 beschwerte sich Ryakhovsky, dass diese Gesetzesänderung von Leuten verfasst worden sei, «die absolut keine Profis sind und die religiöse Praxis nicht verstehen.»

Menschenrechtsexperten beraten Einzelpersonen und Religionsgemeinschaften

Menschenrechtsexperten bereiteten sich vor, um Einzelpersonen und Religionsgemeinschaften zu beraten, wie sie sich verhalten müssten, um nicht gegen die neuen strengen Bedingungen zu verstossen. Ein protestantischer Kirchenleiter habe darauf hingewiesen, dass ein guter Christ einigen der Einschränkungen gar nicht nachkommen könne.

Glaubensweitergabe inhaltlich und räumlich eingeschränkt

Entgegen internationaler Menschenrechtsverpflichtungen würden die Änderungen am Religionsgesetz den Kreis jener, die ihren Glauben weitergeben dürften, auf Angehörige staatlich registrierter, religiöser Gemeinschaften und Organisationen beschränken. Damit wären religiöse Gruppen ausgeschlossen, die sich entschieden hätten, ohne staatliche Erlaubnis zu funktionieren, wie einige baptistische Gemeinschaften.

Die Änderungen würden laut der norwegischen Menschenrechtsorganisation auch den informellen Austausch von Ansichten verbieten, wie zum Beispiel auf religiöse Fragen zu reagieren oder persönliche Kommentare abzugeben.

Das neue Gesetz schränke die Vermittlung von Glaubensüberzeugungen ein als auch die Örtlichkeiten wo diese mitgeteilt werden dürften, so Forum 18. Ohne entsprechende Erlaubnis sei es verboten, über den Glauben in Wohngebäuden oder auf dem Grundstück einer anderen Gemeinschaft zu sprechen. Ein anderer Teil des neuen Gesetzes verbiete auch ausdrücklich, Wohneigentum zu religiösem Gebrauch umzunutzen.

Ungerechtfertigte und übermässige Einschränkungen der Gewissensfreiheit

Michail Fedotow, Vorsitzender des Rats des Präsidenten für Zivilgesellschaft, Entwicklung und Menschenrechte, habe am 1. Juli direkt bei Putin protestiert und darauf hingewiesen, dass Empfehlungen des Menschenrechtsrats zu anderen Teilen der Gesetzesänderung nicht berücksichtigt worden seien. Die Änderungen «schaffen ungerechtfertigte und übermässige Einschränkungen der Gewissensfreiheit der Gläubigen aller Religionen und stellen einen erheblichen Eingriff in den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Nichteinmischung des Staates in die internen Angelegenheiten von religiösen Vereinigungen dar», sagte Fedotow.

In Anti-Terror-Gesetzespaket integriert

Die Gesetzesänderung bezüglich der Weitergabe von Glaubensüberzeugungen sei in ein Gesetz zur Bekämpfung von Terrorismus und zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit integriert worden. Dies sei nicht einsichtig, so Forum 18, da die «nationale Sicherheit» laut den internationalen Menschenrechten kein berechtigter Grund sei, die Religions- und Weltanschauungsfreiheit einzuschränken.

Laut Forum 18 führt die aktuelle Änderung zur Einschränkung der Weitergabe von Glaubensüberzeugungen einen völlig neuen Abschnitt ins Religionsgesetz ein und sei im Rahmen der vorgeschlagenen Gesetze zur öffentlichen Sicherheit und «Anti-Terror-Gesetze» Mitte Juni eingebracht worden. Ein Anti-Terror-Gesetzespaket werde mit grosser Wahrscheinlichkeit angenommen, kommentierte Aleksandr Verkhovsky, Direktor des SOVA Zentrums, russische Menschenrechtsorganisation, die Annahme des Gesetzes.

Weitere Informationen auf Englisch hier:
Adventists Hold High-Level Moscow Talks About Law Restricting Missionary Work

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Datum: 11.07.2016
Quelle: APD

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