Anzeichen wie in Ruanda

«Nigeria könnte nächstes Ruanda oder Darfur werden»

Der Genozid-Experte und ehemalige US-Kongressabgeordnete Frank Wolf hat davor gewarnt, dass die Gewalt gegen Christen in Nigeria zu einem weiteren Genozid wie in Ruanda oder Darfur führen könnte. Laut «Genocide Watch» sind die Anzeichen gleich wie damals in Ruanda.
Beerdigung von Christen in Nigeria (Bild: Intersociety)
Frank Wolf

Frank Wolf in einem Zoom-Gespräch mit «Genocide Watch», nigerianischen Bischöfen, Verfechtern der Religionsfreiheit und Reportern: «Als die Welt den Völkermord in Ruanda ignorierte, starben Hunderttausende von Menschen. Ich glaube, die Geschichte wiederholt sich. Fast täglich wird über die zunehmende Gewalt und Todesfälle in Nigeria berichtet. Eine Implosion Nigerias würde die umliegenden Länder destabilisieren und Millionen von Flüchtlingen nach Europa und darüber hinaus schicken.»

Seit dem Jahr 2015 wurden einige Tausende Christen in Nigeria getötet und Millionen vertrieben. Dies überwiegend durch Angriffe muslimischer Fulani-Milizen gegen überwiegend christliche Bauerngemeinschaften sowie aufgrund islamisch-extremistischer Angriffe, die von Boko Haram und dem Islamischen Staat im Nordosten Nigerias verübt wurden.

«Mehr als in Irak und Syrien zusammen»

«Genocide Watch» schätzt, dass in den letzten zehn Jahren bis zu 27’000 Menschen durch die Extremisten getötet wurden. Es handle sich dabei um «die tödlichsten Völkermord-Massaker, die seit 2010 von Terroristen begangen wurden», berichtet Greg Stanton von «Genocide Watch».

«Das sind mehr als ISIS im Irak und in Syrien zusammen getötet hat», betonte Wolf.

Das Muster der Fulani sei jener eines Völkermordes. «Was hindert die Welt daran, sich diesem riesigen Problem zu stellen?» Weil es geleugnet werde, so Greg Stanton, Gründer von «Genocide Watch». «Was wir hier in Nigeria haben, ist die Behauptung, es sei ein Hirten-Bauern-Konflikt. Das war übrigens genau die gleiche Erklärung in Ruanda, vor dem dortigen Völkermord…»

«Die Regierungen wollen es nicht hören»

Stanton warnt, dass in Nigeria eine ähnliche Dynamik stattfindet. Ein vorherrschendes Narrativ ist, dass es sich um «Zusammenstösse zwischen Bauern und Hirten handelt. Die nomadischen Hirtengemeinschaften würden demzufolge durch die Wüstenbildung in Nordnigeria auf der Suche nach knappen Landressourcen in den Süden getrieben», so Stanton.

Doch dabei gehören die christlichen Bauerngemeinschaften zu den Hauptopfern. «Wenn wir also sagen, dass es sich um Völkermord an Christen handelt, dann wollen die Regierungen der Welt das nicht hören, auch nicht die Regierung Nigerias», sagt Benjamin Kwashi, der anglikanische Erzbischof von Jos. «Sie haben es immer als Zusammenstösse zwischen Bauern und Hirten wegerklärt.»

Systematische Vertreibungen Tötungen

«Sie schiessen, sie schlachten und brennen Häuser und Geschäfte ab und zerstören Scheunen, in denen Lebensmittel gelagert wurden. Das sind kalkulierte, systematische, vorsätzliche Tötungen von Menschen und deren Vertreibung von ihrem Land.»

Kwashi erklärt, dass es in den Bundesstaaten Plateau und Kaduna Gebiete gibt, wo die indigene Bevölkerung nicht auf ihre Farmen zurückkehren kann, ohne von Fulani-Extremisten getötet zu werden.

«Das Problem, das ich damit habe, ist, dass diese Menschen nicht vor Gericht gestellt wurden», sagt Kwashi weiter. Muslimische Dörfer würden nicht angegriffen.

Sie kommen gut bewaffnet mit LKWs

«Die Fulanis kommen jetzt mit Lastwagen mit vielleicht 100 ihrer Kämpfer. Sie massakrieren einfach ein christliches Dorf», so Stanton.

Und Frank Wolf warnt, dass «jeder Tag, an dem sich die Ernennung eines Sondergesandten verzögert, bedeutet, dass mehr Menschen sterben werden. Ich glaube, dass die Untätigkeit bedeutet, dass Tausende weitere Menschen in Nigeria sterben werden und dass es schwerwiegende Auswirkungen in Afrika und darüber hinaus geben wird.»

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Datum: 20.07.2020
Autor: Samuel Smith/Daniel Gerber
Quelle: Christian Post/gekürzte Übersetzung: Livenet.ch

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