Influencer Nr. 1

Der Skeptiker: Wenn nur Tatsachen zählen

Im Advent schaut sich Livenet den einflussreichsten Mann der Geschichte etwas genauer an. Nicht alle waren damals sofort von ihm hingerissen. Wie heute gab es Nüchterne und Skeptiker, denen der Glaube gar nicht leicht fiel. Wie ging Jesus mit so einem um?
Thomas und Jesus auf dem Gemälde «The Incredulity of Saint Thomas» («Die Skepsis des Heiligen Thomas») von François-Joseph Navez

Thomas war ein Mann, der es sehr genau nahm. Nach langem Überlegen hatte er seine Hoffnung auf diesen Jesus gesetzt. Doch jetzt war er tot. Fertig. Aus. Das war zu viel für Thomas. Er verkroch sich.

Darum war er nicht dabei, als der lebendig gewordene Jesus an Ostern seinen Kollegen und Freunden begegnete. Und als Thomas aus seiner Ecke, in die er sich verkrochen hatte, wieder rauskam, redeten sie alle aufgeregt auf ihn ein: «Jesus war hier. Er lebt. Wir haben ihn gesehen. Er hat sogar mit uns gegessen.» (Nachzulesen im Johannes-Evangelium Kapitel 20, Verse 24-29)

Realist und Skeptiker

Aber Thomas war zu verletzt. «Geht's eigentlich noch? Seht ihr Gespenster? Ich glaube nur, was ich sehe. Ich habe gesehen und gehört, wie sie die Nägel durch seine Hände getrieben und seine Seite mit dem Speer aufgerissen haben. Er ist tot. Das sind Tatsachen. Und nur wenn ich ihn sehe und meine Finger in die Wunden legen kann, glaube ich. Sonst nicht. Basta.»

Thomas war kein Zweifler aus Prinzip, aber Realist und Skeptiker. Er hatte die Sache mit Jesus ernst genommen. Um so schlimmer, dass jetzt alles zu Ende sein sollte. Man kann es total verstehen, dass er sich weigerte, seinen Glauben auf die Begeisterung anderer aufzubauen. Er war erwachsen und wusste: Ich muss selbst überzeugt sein. Ein Glaube nur vom Hörensagen hält nicht. «Ich muss diesem Jesus selbst begegnen», sagte Thomas. «Ich muss ihn berühren, erfahren. Ich brauche Tatsachen. Sonst gebe ich's lieber auf. Noch einmal lasse ich mich nicht an der Nase herumführen.»

Nicht im Loch bleiben – Jesus eine Chance geben

Thomas war nicht überzeugt, aber er blieb offen. Er kehrte zur Gruppe der Freunde von Jesus zurück. Er wusste: Wenn ich ihn irgendwo finde, diesen meinen verlorenen Jesus, dann am wahrscheinlichsten bei seinen Freunden. Und so wartete er. Ich bin sicher, er hoffte. Bangte. «War ich zu kritisch? Darf man so zweifeln, wenn es doch alle anderen erlebt haben?» Aber er gab nicht auf. Er gab Jesus eine Chance, sich ihm zu zeigen.

Jesus individuell und persönlich erleben

Eine Woche lang ist Thomas hin- und hergerissen zwischen Skepsis und Hoffnung. Und dann, wieder am Sonntagabend, geschieht es. Jesus ist plötzlich wieder da. Wünscht ihnen Frieden und wendet sich dann an Thomas: «Gib deinen Finger her und spüre meine Hände. Gib deine Hand und lege sie in meine Seite. Und jetzt sei nicht ungläubig, sondern gläubig.» Meisterhaft. Drei Sachen fallen auf, wenn ich mir die Szene vorstelle:

1. Jesus verurteilt Zweifel und Realismus nicht

Kein Wort des Vorwurfes im Sinne von «Warum hast du den anderen nicht geglaubt?» Jesus, Gott kann mit Skepsis umgehen. Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen gesunder Skepsis und grundsätzlichem «Nicht-glauben-wollen». Aber Gott hat kein schwaches Ego und kann mit Zweifel gut umgehen. Er sieht die tieferen Motive in uns: Sehnsucht, Verletztheit, Hoffnung, und auf die zielt er ab.   

2. Jesus meint uns individuell

Keiner verlangt von uns, nur zu glauben, weil alle anderen es tun. Gott ist sehr daran interessiert, Thomas und Hans und Vreni und Marcel auf ihrer Wellenlänge zu erreichen. Und solange wir offen sind, wird er auf eine Art zu uns kommen, dass wir ihn erkennen können. Denn es ist ihm sehr an einer persönlichen Begegnung mit uns Menschen gelegen.

3. Eine echte Begegnung mit Jesus haut um

Die Tatsache, dass Jesus seinen Zweifel gesehen, ihn dabei nicht verurteilt hatte und sich ihm persönlich so widmet, haut Thomas um. Er fällt auf die Knie und ruft als erster das aus, was Millionen von Menschen seitdem bekannt haben: «Mein Herr und mein Gott!» Aus einem verwirrten Skeptiker wird ein aktiver Christ und Bekenner. Wenn die Legende stimmt, ist Thomas aufgebrochen und später als Missionar bis nach Indien gekommen, wo es heute noch Thomas-Christen gibt.

«Mein Herr und mein Gott» – das ist Glaube an Jesus, auf die kürzeste Formel gebracht. Nicht einen allgemeinen «Herrgott», sondern Jesus als «Herrn und Gott meines Lebens» erkennen: darum geht es im christlichen Glauben. 

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Datum: 11.12.2019
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

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