Heiratsstrafe

CVP zieht Volksinitiative zurück – darf sie das?

Die CVP zieht ihre Volksinitiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe zurück, weil sie wegen der darin enthaltenen Ehedefinition kaum eine Chance sieht, sie im zweiten Anlauf zu gewinnen. Doch HLI-Schweiz will dagegen Beschwerde einreichen.
Paar beim Tanzen

Die CVP will laut Parteipräsident Gerhard Pfister eine neue Initiative lancieren, in der die Definition, dass eine Ehe aus Mann und Frau besteht ist, nicht mehr vorkommt. In der Partei hat sich die Meinung durchgesetzt, dass angesichts hoher Zustimmungswerte bei Umfragen zur «Ehe für alle» in der Bevölkerung die Initiative im zweiten Anlauf kaum eine Chance haben dürfte, zumal die «Ehe für alle» in der Frühlingssession im Parlament durchkommen dürfte.

Stolperstein Ehedefinition

Die CVP wird damit einmal mehr nach der mühseligen Diskussion um die Abschaffung des «C» in ihrem Namen viele christliche Wähler und Wählerinnen vor den Kopf stossen, die mit der Ehedefinition in der Bundesverfassung auf einen Damm gegen die Öffnung der Ehe hofften. Ob die familienorientierte Wählerschaft sich für die Abschaffung der Heiratsstrafe geschlossen einsetzen wird, ist ausserdem fraglich, zumal bereits im Parlament eine unheilige Allianz von Freisinn und linken Parteien die Abschaffung der Benachteiligung von gut verdienenden Ehepaaren verhindert hat. Sie strebt eine Individualsteuer an, um das Problem zu lösen. Dieses Ansinnen blockiert das Anliegen seit Jahren. Betroffen sind laut Schätzungen gegen 450'000 Zweitverdiener-Ehepaare und 250'000 Rentner-Ehepaare.

Darf eine Initiative nach der Abstimmung zurückgezogen werden?

Ob die CVP jedoch die Initiative zurückziehen kann, ist noch offen. Die konservative christliche Organisation HLI-Schweiz (Human Life International) hat dagegen mit Berufung auf das in Art. 34 der Bundesverfassung verankerte Grundrecht auf die «freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe» Beschwerde eingelegt. Sie weiss sich dabei von einem Gutachten der Rechtsprofessorin Isabelle Häner unterstützt. Diese kommt zum Schluss, dass der Rückzug einer Volksinitiative nach erfolgter Abstimmung nicht mehr möglich ist. HLI will daher den Rückzug vor Gericht anfechten.

Ein Dilemma

Affaire â suivre. Dass eine unheilige Allianz im Parlament das Anliegen der Abschaffung der Heiratsstrafe hintertrieben hat, nachdem die Abstimmung für ungültig erklärt worden war, stellt dem Parlamentsbetrieb kein gutes Zeugnis aus. Immerhin hatten 49,2 Prozent der Abstimmenden der Initiative zugestimmt. Falls der Bund korrekte Zahlen über die von der Heiratsstrafe Betroffenen geliefert hätte, wäre sie höchstwahrscheinlich angenommen worden. Somit hat die Parlamentsmehrheit den mutmasslichen Volkswillen missachtet. Den Schaden werden nicht nur die betroffenen Ehepaare haben, sondern auch die CVP, die mit dem Rückzug einen Teil ihrer Basis enttäuscht. Ob es Sinn macht, die Wiederholung zu erzwingen und damit auch ein Nein zur christlichen Ehedefinition zu riskieren, ist leider ebenso problematisch.

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Datum: 17.02.2020
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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