John Boyers - Je höher das Ziel, desto wichtiger der Partner

Seelsorge für Kranke, Schwache oder Hinterbliebene einer Flugzeugkatastrophe macht Sinn und ist von grosser Aktualität. Was sucht jedoch ein Sportseelsorger bei Manchester United, einem der reichsten und bekanntesten Fussballverein der Welt?
"Erfolg und Bekanntheit ist in der Frage nach dem Sinn des Lebens nicht relevant, bewahrt nicht, und gibt keinen inneren Frieden." John Broyers, Sportseelsorger Manu
Foto: Dominik Plüss
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John Boyers arbeitet seit über fünfzehn Jahren bei Manchester United. Er besucht diesen Grossverein jede Woche und stellt sich den Sportlern und Angestellten hinter der Kulisse als Ratgeber und Helfer zu Verfügung.

Sportseelsorge im reichsten Fussballclub der Welt?

Der Fussballer besteht nicht nur aus Fleisch und Blut, aus flinken Beinen und Cleverness im Kopf. Wir haben Körper, Seele und Geist und darum brauchen wir auf allen Ebenen eine Begleitung. Die Fragen: "Woher komme ich? Wohin gehe ich? Ist da ein Gott?" sind Fragen, die auf der geistlichen Ebene beantwortet werden müssen. Ob Beckham oder eine Person aus der Putzmannschaft, ob reich oder weniger vermögend: In diesen Fragen gibt es keinen Unterschied. Erfolg und Bekanntheit ist in diesen Fragen nicht relevant, bewahrt nicht und gibt keinen inneren Frieden. Darum braucht es Personen, die sich dieser Bedürfnisse und Menschen annehmen.

Ist das nicht die Aufgabe der Kirche?

In England hat sich die Gesellschaft sehr stark verändert. Noch vor 40 Jahren gingen alle in die Kirche. Heute ist das ganz anders. In aller Veränderung sind jedoch die gleichen Fragen geblieben - im Gegenteil - die Lebensfragen und Probleme haben zugenommen. Der Chaplain ist darum eine Art Anlaufstation.

Wie sieht das praktisch aus?

Jede Woche verbringe ich einen Tag im Verein und besuche die Angestellten - nicht nur die Spieler. So wächst Vertrauen und mit der Zeit beginnen sie über ihre Lebensfragen zu sprechen. Ich bin der Personalabteilung unterstellt. Sie kennen mich und rufen mich an, wenn Probleme da sind. So begleite ich zum Beispiel Menschen, die schwer krank sind und sich auf das Sterben vorbereiten wollen. Davon ist auch dieser Verein nicht verschont. Oder ich besuche verletzte Spieler - bete für sie und ihre Familien.

Ein wichtiger Bereich ist die Begleitung des Nachwuchses. Ein spezieller Unterricht hilft ihnen, sich mit wichtigen Lebensfragen aktiv auseinander zu setzen. Zum Beispiel: Wie bauen wir gesunde Beziehungen? Umgang mit der Sexualität, wie treffe ich gute Entscheidungen? Was kommt nach dem Tod? Wie reagiere ich auf Misserfolg? Oder Umgang mit Alkohol und Drogen.

Überhaupt sind die Herausforderungen der jungen Spieler enorm: 75 von 100 Talenten im Alter zwischen 16-21 bleiben auf der Strecke. Für sie platzen die Versprechungen und sie finden sich plötzlich in der harten Realität des Lebens wieder. Die Jungs lernen mich nicht einfach als Chaplain, sondern auch als Freund kennen, der für sie da ist.

Der Chaplain ist kein Guru oder sonst jemand, der Erfolg bringt. Gott kann aus Misserfolgen zum Durchbruch verhelfen - das gilt auch im privaten Bereich.

John Boyers ist seit 1991 offizieller Sportseelsorger bei ManU und Leiter der Organisation SCORE (Sports Chaplaincy Offering Recources and Encouragement).
Er lebt mit seiner Familie in Manchester.

Interview: Thomas Zindel, Athletes in Action

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Der beste Coach

Datum: 05.06.2006

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